Madness – Frankfurt, Volksbildungsheim


Während die Specials sich verstärkt an der jamaikanischen Musiktradition orientieren, scheint sich Madness kontinuierlich davon zu lösen. Ihr Motiv, und das bestätigt der Live-Eindruck nachdrücklich, reduziert sich auf die pure Unterhaltungsfunktion, garantiert mit humoresk inszenierten Bühnenshows Entertainment im positivsten Sinne des Wortes. Was allerdings vor nicht allzu langer Zeit noch vollkommen unprogrammiert, amateurhaft und spontan wirkte – die visuelle Seite ihrer Darbietung -, wird heute oft durch nüchternes Kalkül und eine gehörige Portion Professionalität ersetzt. Eine unausbleibliche Folge des kommerziellen Erfolgs? Vielleicht. Aber gerade bei Madness war es bislang die vollkommen unverkrampfte Präsentation, gepaart mit den gekonnt ungekonnten Showeinlagen ihrer beiden Sänger, Suggs und Chas Smash, die der Band ihr komödiantenhaftes Charisma erhielt.

Nun, Suggs‘ clownhafte Gestik und Mimik, die zu immer neuen Wortgefechten mit Chas führt, entbehrt heute des naiven Charmes früherer Tage, mutet oft statisch und gestellt an. Die Coco Brothers ergehen sich in stereotypen Wiederholungen, die Selbstparodien und Gags drohen zur bloßen Pose zu geraten. Denn vieles wirkt mittlerweile einfach schon vertraut, es fehlen die zündenden Ideen, der Überraschungseffekt – und das nimmt der Band viel von ihrem ursprünglichen Reiz. Der übrigens auch leider einem beträchtlichen Teil ihres neueren Repertoires abgeht. Vielen Songs mangelt es einfach an kompositorischer Substanz. Der pulsierende, draufgängerische Tanz-Ska beherrscht heute nicht mehr ausschließlich die Szenerie und macht mehr und mehr einem Rhythm’n’Blues betonten Klangbild Platz. Die urplötzlichen, herrlich schiefen Saxophon-Breaks tauchen nur noch selten auf, fließende Keyboard-Harmonien und uninspiriertes Honkytonk-Pianogeklirnper stehen im Vordergrund, assoziieren die Atmosphäre schummeriger Nightclubs. Muzak!

Am überzeugendsten ist die Band nach wie vor bei der Interpretation neu-aufbereiteter Ska und Rocksteady-Standards, die für manche Stilexkursion entschädigen. Als Madness gegen Ende des Konzerts ihre mitreißenden Prince Buster Titel intonierten und Suggs und Smash mit sich förmlich überschlagender Vokalakrobatik den alten „Judge Dread“-Mythos wieder aufleben ließen, da… ja, da wollte ich gar nicht mehr zu tanzen aufhören, und muß im Nachhinein zugeben, daß die voragegangenen Längen doch willkommene Verschnaufpausen waren…