Joachim Witt


Ein anderer Witt. Schon die neue LP MÄRCHENBLAU präsentierte unerwartete Ein-Blicke in den kühlen Blonden aus dem Norden. Melodien und Gefühle, Wärme und fließende Einfachheit kennzeichnen im Gegensatz zu früher die Songs.

Auch im Gespräch vermittelt Joachim Witt andere, bislang nicht orientierte An-Sichten. „Ich muß bestimmte Erfahrungen zu meinem Kapital machen“, resümiert er die Erlebnisse, Probleme, Erfolge und Enttäuschungen der vergangenen Monate.

„Ich bin mit zu großem Idealismus an die Sachen gegangen“, sagt er heute. „Dadurch bin ich enttäuscht worden. Gewisse elementare Dinge werden sich einfach nicht ändern. Als Musiker hast du auch keinen Einfluß darauf.

Also muß ich andere Schwerpunkte legen, weil es sonst zu sehr an meine Nerven geht. Ich konzentriere mich heute auf das. was für meine Arbeit wichtig ist. Alle kopflastigen Dinge lasse ich künftig außen vor. “ Resignation? Streicht der einst so engagierte „Goldene Reiter“ die Segel vor der vehement bekämpften gesellschaftlichen Realität?

„Die Konsumhaltung der Leute wird sich einfach nicht ändern. In meinen Songs konzentriere ich mich daher auf Bereiche, die mich und alle anderen genauso angehen: Gefühle. Liebe, direkte menschliche Begegnungen. Dinge, über die man einfach reden kann. Ein allgemeines Verständigungsfeld, das man allerdings auch sehr unterschiedlich sehen und beschreiben kann.“ Neben der Arbeit als Musiker und Produzent – Witt bastelt gerade mit der Sängerin Mona Mur an deren Songs – verpflichtete sich der ehemalige Schauspieler einigen TV-Produktionen. So der von Horst Königstein konzipierten zweiteiligen Show „Harts Vaterland“ (ARD, 12.12.83 und 2.1.84). Eine „Revue der Gefühle“ (Königstein), die sich mit der deutschen Populärkultur beschäftigt – „mit Kino und Schlagern der 20er, 30er und 40er Jahre“. Auf Anregung von Königstein steuert J. Witt seine Cole-Porter-Bearbeitung „Night And Day“ bei.

„Eigentlich hätte sich so etwas nicht gemacht, weil’s ein Trend ist, alte Sachen aufzupolieren. In Verbindung mit ,Haus Vaterland‘ fand ich ’s jedoch äußerst reizvoll.“