Propaganda


Im Inland mag die neue deutsche Popmusik zwar Wellen schlagen, jenseits der Bundesgrenzen ist mit Ihr noch nicht allzuviel Staat zu machen. Schon gar nicht in Großbritannien, nach wie vor Europas Pop-Metropole. Das dachten sich wahrscheinlich auch Düssetdoris Propaganda, seit Sommer 1982 in Betrieb, die es gar nicht erst versuchten, Im bundesdeutschen Ländle einen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Andreas Thein (zusammen mit Ex-Krupplaner Ralf Dörper männlicher Chefpropagandist; die beiden Propagandistinnen heißen Susanne Freytag und Claudia Brücken): „Ein Deal mit einer deutschen Firma stand für uns nie zur Debatte. Die sind hier viel zu starr und unbeweglich. Dazu sind wir zu eigenständig und Kompromisse wollten wir nicht eingehen.“ Also streckten sie Ihre Fühler nach England aus und trafen bereits im Januar 1983 auf ZTT. Dies kleine, damals nur auf dem Papier existierende Label, hatte etwas anzubieten, dem Propaganda nicht widerstehen konnte: den Produzenten Trevor Hörn. Der Ex-Buggle kleidete mit modernster Studiotechnologie und beachtlicher Kreativitiät-den Propaganda-Sound In ein buntes, vielschichtiges Gewand, das Ralf Dörper, wohl zutreffend, eine „Mischung aus guter Popmusik und Avantgarde“ nennt. Der Autwand jedenfalls war enorm. Allein an der Single „Dr. Mabuse“ arbeiteten Trevor Hörn und Propaganda sechs Wochen lang im Studio. Andreas Thein rechtfertigt die Kosten: „Sobald du dir Grenzen setzt, mußt du Abstriche machen. Das aber ist für uns undenkbar. “ Außerdem: Die Ausgaben dürften wieder hereinkommen, denn „Dr. Mabuse“ scheint den Weg aller Horn-Produktlonen zu gehen, nämlich Richtung HU. Die Propaganda-Leute könnten das Geld gebrauchen, denn von Ihrer Musik konnten sie bislang nicht existieren: Zur Zeit arbeiten drei von ihnen noch in Full-Time-Jobs fürs tägliche Brot; die vierte – Claudia Brücken – drückt noch die Schulbank. Sie bereitet sich in den kommenden Wochen auf’s Abitur vor.