CD- PLATTEN


Ein Märchen geht wieder einmal um: das von den angeblich besseren Japan-CDs. So stöhnt Manfred Scheerer, CD-Spezialist bei „Saturn“ in Köln: „Die Kunden kommen in den Laden und verlangen Japan-Pressungen, weil sie in unseriösen Publikationen gelesen haben, daß die auch besser klingen!“

Was barer Unsinn ist. Denn bezüglich der Preßqualität sind in den japanischen Fabriken gepreßte „Laserplatten“ nicht besser als Poly-Gram-Produkte aus Hannover, im Gegenteil: Bei einer ganzen Reihe von Sony-CDs – unter anderem der kürzlich erschienenen BORN IN THE USA von Bruce Springsteen (CBS CDCBS 86304) – die ich in den letzten Monaten überprüfte, traten Preßfehler auf, bei denen ausgerechnet die sonst eher „gutmütig“ korrigierenden Philips-Player passagenweise so total zu verzerren (!!!) begannen, daß man Angst um die Lautsprecher haben mußte.

Das klangliche Resultat hängt andererseits fast ausschließlich von der Qualität des zur Überspielung benutzten Zweispur-„Schnürsenkels“ ab – fast, weil man auch beim Umschnitt auf die Glasmaster-Folie Fehler machen kann. Typisches Beispiel sind die Pink Floyd-CDs, die unlängst die Electrola nun auch hierzulande offiziell veröffentlichte. Bei DARK SIDE OF THE MOON (Harvest CDP 7 46001-2) verwendete EMI/Toshiba in Japan das identische Master, so daß der Klang natürlich absolut derselbe blieb wie bei den vorher schwarz importierten Pressungen.

Anders steht es um die beiden Versionen von WISH YOU WERE HERE (vorher als CBS/Sony 35DP4 und jetzt unter der Bestell-Nr. Harvest CDP 7 46035-2 erhältlich). Die japanische CBS/Sony verwendete offenbar ein vorher für die Zwecke des Schallplatten-Umschnitts speziell entzerrtes Band, das merklich „heller“ in den Höhen klingt, während EMi/Toshiba das originale Master 1:1 mit höherem Pegel als Sony auf die CD überspielte.

Allein schon solche Lautheits-Unterschiede führen zu einem anderen Klangeindruck, ganz zu schweigen davon, daß eine nachträgliche Bearbeitung mittels Equalizer klangliche Veränderungen bewirkt. Von „besser“ oder „schlechter“ kann nur reden, wer die Original-Bänder kennt und weiß, ob und wie gut ein Toningenieur die Aufnahme nachbearbeitet hat.

Gegen eine nachträgliche Entzerrung ist solange nichts einzuwenden, wie das endgültige Resultat – gleichgültig ob auf LP oder CD – klanglich befriedigender ausfällt, weil man die Aufnahme so auf den letzten Stand der Technik gebracht hat. Genau das passierte bei den Stones-CDs, die man nach längerem Zögern jetzt endlich veröffentlicht hat, nämlich dem Debüt THE ROLLING STONES (Decca 8.25966) und BEGGARS BANQUET (Decca 8.25913). Bei dem letztgenannten Rock-Klassiker von 1968 wurden Stück für Stück die Mehrspur-Aufnahmen neu auf Digitalband abgemischt, beim 1964 noch mono publizierten Debüt begnügte man sich wohl mit einer Entzerrung, die Jaggers Stimme nicht mehr so grell-blechern verfärbt klingen läßt. Für meine Ohren ist die klangliche Balance bei BEGGARS BANQUET vielleicht nicht ganz so optimal, wie man sie hätte nachproduzieren können. Aber wesentlich besser als vor 16 Jahren hören sich diese stark bluesgeprägten Aufnahmen allemal an.

Empfehlenswert ist unter diesem Aspekt auch die SPECIAL EDITION von J.J. Cale (Mercury 818 633-2), nach dem ziemlich dürftigen „No.8“-Album ein 14-Track-Rückblick auf die besseren Zeiten des „großen Schweigers aus Oklahoma“.

Mehr als die auf dem Band konservierte Qualität können auch CDs in aller Regel nicht hergeben. Wer sich die in Japan bei Sony gepreßte CD BAND ON THE RUN von Paul McCartney & Wings (US-Columbia-Import mit der Bestell-Nr. CK 36482) anhört, wird feststellen, daß bei „No Words“ das Gitarrensoto nach 2 Minuten und 8 Sekunden kurzfristig verzerrt. Dafür können weder Denny Laine noch die CD-Presser: Der Tonmeister hatte einfach das Analogband an der Stelle übersteuert. Den Fehler hört man genauso auf der „schwarzen Scheibe“. Wer sich deswegen ärgert und die 80 Mark teure Import-CD in den Laden zurückbringt, muß sich halt mit dem Klirren auf der LP zufriedengeben.

Paulchens PIPES OF PEACE (Parlophone CDP 7 46018-2), immerhin von Altmeister George Martin produziert, bieten auch auf CD nicht gerade audiophilen Wohlklang: Das höhenlastige, dünne, fast aggressive Klangbild brachte die Electrola dank DMM-Überspieltechnik schon auf LP genauso rüber.

Nur hartgesottene CD-Fanatiker dürften unter diesem Aspekt Gefallen finden an den 20 SUPER HITS von Jerry Lee Lewis (Bellaphon 290.13.002) beziehungsweise von Johnny Cash (Bellaphone 290.13.001). Nur zwei der Jerry-Lee-Aufnahmen wurden stereofon gemacht, etliche der Sun-Records-Einspielungen pseudo-sterofonisiert, und der Singalong-Heuler „Sugartime“ auf der Johnny-Cash-CD eiert in der Tonhöhe so schlimm, daß sich ein preiswerter „Walkman“ heute dagegen wie ein professionelles Aufzeichnungsgerät ausnimmt!

Staunenswert klingt immer noch Pink Floyds MEDDLE (Harvest CDP 7 46034-2): Baß, Höhen und Durchsichtigkeit der Mitten sind um einiges besser auf CD als bei der seinerzeit immerhin 160 Gramm schweren, deswegen aber trotzdem etwas „rumpelnden“ Electrola-LP-Pressung.

Trotz des Alters ist THE GREAT REUNION von Louis Armstrong/ Duke Ellington (Mobile Fidelity Sound Lab MFCD 2-807) auch auf CD ein musikalischer wie klangtechnischer Hochgenuß: 68 Minuten lang!