Dire Straits


Das war wieder eins dieser Spektakel, die sich am besten mit Statistiken beschreiben lassen: An jedem der vier Abende kamen 12000 Ungarn, summa summarum also 48000. Sie kamen, um eine Gruppe zu bestaunen, die in vier Bussen angereist war, mit 50 Roadies, die 45 Tonnen Equipment aus fünf Sattelschleppern schleppten. Es gab allein sieben Tonnen Licht, zu deren Bedienung eine siebenköpfige Lichtcrew benötigt wurde.

Auch die neue Tourband ist sieben Mann stark. Und jeder der zwei Keyboarder bedient sieben Keyboards. 14 Keyboards! Ich weiß nicht, wieviele Gitarren Mark Knopfler und sein neuer Rhythmusgitarrist Jack Sonni benötigten – die Roadies fanden jedenfalls immer wieder neue. Die Gruppe spielte drei Stunden ohne Unterbrechung. Dann noch drei Zugaben. Das gesamte Material stammte von millionenfach verkauften Dire Straits-Alben und – Compact Discs (sie verkauften übrigens mehr Compact Discs als irgendwer sonst auf der Welt!) – bis auf eine Auswahl aus dem „Local Hero“-Soundtrack zum Schluß, mit der die Menge wohl friedlich nach Hause geschickt werden sollte.

Es klappte. Alles klappte. Genauso wie auf den verbleibenden 208 Stationen der längsten Tour, die je eine namhafte Band unternommen hat. alles klappen wird.

Der Grad an Berechnung, den militärische Operationen dieses Ausmaßes verlangen, verhindert allerdings auch im Ansatz jegliche Spontanität. Andere Journalisten sprachen zwar davon, daß „die Dire Straits endlich gelernt haben, wie man richtig rockt“, aber irgendwie assoziierte ich Rock noch immer mit einem Hauch von Spontanität- und konnte mich so an den einstudierten Bewegungen der Musiker wenig begeistern.

Sicher, die Straits sind agiler als früher: Knopfler verbrachte etliche Zeit damit, auf einer Holzkiste herumzuhüpfen, die am Fuß von Terry Williams gewaltigem Schlagzeug stand. Jack Sonni, früher bei der New Yorker Band Leisure Class. tollte die ganze Zeit wie ein junger Hund über die Bühne.

Was ist sonst noch neu? Ein Tenorsaxophonist drückt sich auf der Bühne herum, hauptsächlich um die Parts zu übernehmen, die Mike Brecker auf der neuen LP spielt. Aber Brecker spielt sie so gut – daß man sie eigentlich gar nicht nachmachen kann! Dieses schon leicht hysterische Bestreben, sämtliche Nummern um jeden Preis originaltreu auf die Bühne zu bringen, ist mir ohnehin schleierhaft. Das geht so weit, daß Keyboarder Guy Fletcher Stings Gastauftritt bei „Money For Nothing“ geradezu dümmlich imitiert.

Am Ende ging’s mir, wie es mir schon lange mit den Dire Straits geht: Der Erfolg, den diese Band hat, steht in keinem Verhältnis zu der musikalischen Substanz, die sie zur Zeit auf die Bühne bringen. Ich mochte sie, als sie noch im Londoner Marquee spielten – sie waren eine Truppe, auf die man sich verlassen konnte, mit viel Sinn für den amerikanischen Rock der 60er Jahre. Auch wenn es aus zweiter Hand kam, es war okay. Aber mit einer Million Lichtern und Trockeneis-Maschinen für die großen Bühnen wirken die Dire Straits nur noch künstlich aufgeblasen.