Billy Ocean


Nicht jeder Hit-Fabrikant ist ein Hit auf der Bühne. Immer wieder überraschen/enttäuschen einige Pop-Stars, die im stillen Studio-Kämmerlein die perfekten Ohrwürmer aushecken, live auf deT Bühne jedoch viel von dieser musikalischen Souveränität und Kreativität vermissen lassen. Billy Ocean ist einer dieser Kandidaten.

Auch am dritten Abend seiner restlos ausverkauften London-Gastspiele zeigte der schwarze Pop-Troubadour aus Trinidad immer noch mächtig Lampenfieber. Nur mit Mühe und schüchtern wie ein Klosterschüler rettete er sich über die Pausen zwischen seinen unzähligen Hits. Sobald er die Tonlage von „Love Zone“, „There’ll Be Sad Songs“, „When The Going Gets Tough“ oder „Carribean Queen“ erwischt hatte, verflog die Unsicherheit.

Dabei hätte ihm die mitreißende Begeisterung der 3000 Fans eigentlich den Rücken stärken müssen. Auch die achtköpfige Begleitband (leider ohne die per Programmheft angekündigte Chor-Mieze P. P. Arnold) war alles andere als ein drittklassiger Amateur-Haufen. Jeder Musiker beherrschte sein Instrument und die Ocean-Töne und spielte mit vollem Einsatz.

Zu Anfang des Abends, als gelungene Einstimmung, Ruby Turner mit ihrer Band. Eine voluminöse, vor Soul-Leidenschaft nur so strotzende Lady. Schwarz und ganz Stimme. 45 Minuten feuerte die vokale Sensation aus Birmingham mit ihren sieben Begleit-Herren das sozial äußerst gemixte Publikum in beste Stimmung. Die Dame hat nicht nur Seele, sie lebt diese auf der Bühne voll aus. Nur eine einzige Flaute mußte das Publikum hinnehmen, als Ruby Turner sich an den Blues-Klassiker „I’d Rather Go Blind“ von Christine Perfect (alias McVie) machte. Diese Scharte konnte sie spätestens wieder auswetzen, als sie während des Auftrittes von Billy Ocean zusammen mit dem Meister den Beatles-Oldie „The Long And Winding Road“ intonierte. Da kam der Schüchtern wie ein Klosterschüler: Billy mit großem Lampenfieber Ocean mächtig ins Schwitzen, und das, obwohl seine Partnerin sichtbar nur mit halber Kraft ans Mikro ging. Diese Herausforderung turnte Billy aber zumindest derart an, daß er für den Rest des Abends den richtigen Schwung hatte. Schon fast fanatisch stürzte er sich (samt Band) in eine furiose Calypso-Session und gewährte als Zugabe gar eine spröde Version von „Proud Mary“. Womit das Konzert letztendlich noch eine erfreuliche Wende nahm.