Freak & Sohn


ES WAR EINMAL ein Bürgerschreck.

Er posierte nackt auf der Klo-Schüssel, stellte auf der Bühne Staat und Kirche bloß und verschreckte mit pornographischen Texten das prüde Amerika. Und privat? Wie ist es, wenn der Vater ein Freak ist? ME/Sounds brachte Frank und Dweezil Zappa an einen Tisch.

In einem Würzburger Hotel trafen sie sich ganz zufällig. „Eigentlich ist er ja ein netter Kerl, der Johnny Cash„, dachte sich Frank Zappa und lud ihn auch gleich ein, am Abend gemeinsam den Cash-Oldie „Ring Of Fire“ auf der Bühne zu singen.

Am Nachmittag übten Frank und seine Mannen den Song ein — natürlich mit „leichten“ Unterschieden zur klassischen Country-Version; Irgendwie bekam die Nummer einen torkelnden Reggae-Rhythmus, seltsame Soli vom Saxophon und Marimba, aber — es war unverkennbar Johnny Cashs „Ring Of Fire“.

Kurz vor dem historischen Zusammentreffen verdröselte sich Johnny dann aber mit der Ausrede, lieber seiner kranken Frau beizustehen. Vielleicht die Wahrheit. Vielleicht hat ihm auch jemand gesteckt, daß Frank Country-Musiker für „Mutanten, schlimmer als englische Fubball-Rowdys“ hält. Wie auch immer — Frank überraschte mit „Ring Of Fire“ seine Würzburger Fans, doch das Treffen der Giganten fiel aus.

Man mag Cash lieben oder ihn hassen: Er ist ein Monument, ein Symbol der amerikanischen Musik, und keiner — schon gar nicht seine Familie — kann sich aus diesem Schatten lösen. Die Sängerinnen Carlene Carter und Rosanne Cash werden immer nur Johnnys Töchter sein. Genauso wie Arlo Gutherie sein Leben lang der Berufs-Sohn von Woody war. Diese Menschen dürfen anscheinend keine eigenständige Persönlichkeit haben, sie sind und bleiben Anhängsel.

Sollte das auch das Karma von Dweezil Zappa sein …?

Natürlich — Zappa-Fans kennen

Barfko-Swill. Barfko-Swill ist ein Zweig von Barking Pumpkin Records — Frank Zappas eigenem Label. Eine Mail-Order-Company, die in erster Linie gegründet wurde, um Zappa-Hörigen Zugang zu Zappa-Schallplatten zu schaffen, die auf „normalem“ Wege nur schwierig oder gar nicht erhältlich sind. Aber als bekanntermaßen cleverer Geschäftsmann (und echter Italiener) ist Frank willens und in der Lage, dir noch eine ganze Menge mehr zu verkaufen. Du möchtest Bücher, Zappa-Noten. Poster, Postkarten, Sticker, T-Shirts? Barfko-Swill hat sie! Frank hat sogar ungeniert die Kreativität seiner Kinder in Bargeld umgemünzt. Wenn seine Tochter Diva — sie ist erst acht — ein erstaunliches Stück abstrakten Expressionismus auf Papier schmiert, das sie „Sunburn Monster“ nennt, druckt es Frank auf ein T-Shirt und verkauft es der Welt. Seine älteste Tochter Moon (20) hat ein T-Shirt im

Text: Steve Lake Fotos: Lynn Goldsmith

Barfko-Swill-Katalog mit einer Zeichnung von ein paar toten Vögeln bedruckt.

Diese ganzen Projekte werden von Franks Studio und Büro, dem legendären Utility Muffin Research Kitchen in den Hollywood Hills, überwacht und geleitet.

Genau hier nahm Dweezrl Zappa im zarten Alter von 16 Jahren sein erstes Album HAVIN A BAD DAY und seine erste Single „My Mother Is A Space Cadet“ auf.

„Die Platte kam durch Zufall zustande“, lacht Dweezil, heute 18. „Das ist mit der Grund für diesen schäbigen Garagenband-Sound. Wir saßen einfach so vor dem Haus; der Bassist und der Drummer von Dad kamen vorbei; Dadfragte mich: .Wieviele Songs hast du eigentlich fertig? Laß uns doch ein paar von ihnen einspielen.‘ Wir nahmen also eine ganze Menge Songs auf, bis Frank plötzlich sagte: ,Nagut, und wer singt jetzt?‘ Ichsagte: .Keine Ahnung! Warum fragst du? Machen wir denn eine Platte?“ ¿

.Sicher, warum nicht!‘ war Dads Antwort. Also ich finde, zufälliger kann eine Platte gar nicht entstehen. Aus purem Spaß!“

Trotzdem, ein recht lukrativer Spaß. Über Barking Pumpkin verkaufte sich dieses erste Dweezil-Album über 140.000 Mal. (Inzwischen wurde es von Chrysalis wiederveröffentlicht, die Dweezil jetzt unter Vertrag haben). Natürlich wurde ein Großteil dieser Platten aus reiner Neugier gekauft. Einige sicher von Zappa-Verrückten, die alles besitzen müssen, womit der Meister auch nur im entferntesten zu tun hat. Ein löjähriger Zappa-Sprößling — wie kann das wohl klingen?!

Jetzt, wo es heraus ist, stellt sich die Frage, ob die Plattenkäufer von damals für ein neues Dweezil-Produkt wieder in den Laden gehen werden. Das ist genau die Frage im Wert von mehreren 100.000 Dollar, die Dweezil wieder und wieder begegnete, als er sein neues Material amerikanischen Plattenfirmen anbot, Ablehnungen en masse einfing, bevor endlich Chrysalis ein Angebot machte.

Frank: „Ich helfe DweezÜ, indem ich ihn in Ruhe lasse“

Jetzt steht Dweezil auf eigenen Füßen, versucht es zumindest, mit seinem neuen Album MY GUITAR WANTS TO KILL YOUR MAMA. Den Titeltrack schrieb Papa Frank — allerdings schon vor 18 Jahren!!

„Ich weiß, viele Leute denken jetzt: .Naja, er ist der Sohn von Frank, der kriegt doch alles umsonst, mußte nie auch nur einen einzigen Tag in seinem Leben arbeiten.‘ Aber das stimmt absolut nicht. Mein Dad hielt sich absichtlich aus all meinen Projekten raus. Ich zog den Plattenvertrag alleine an Land. „

Frank bestätigt das: „Ick denke, ich helfe Dweezil am meisten, wenn ich ihn in Ruhe lasse. Alles was ich zu sagen oder zu tun gedächte, um ihn zu protegieren, hätte negative Auswirkungen auf seine Karriere.“

Frank sagt das resignierend und mit leisem Bedauern. Aber Dweezil darf jederzeit, wenn ihm danach zumute ist, in Franks Welt eindringen. Zuletzt begleitete Zappa Jr. seinen Vater auf der Bühne in der Londoner Wembley Arena und (von ME/ Sounds arrangiert) der Münchener Sedlmayer-Halle und spielte eine rotzige Hardrock-Gitarre auf „Chunga’s Revenge“, einer alten Mothers Of Invention-Nummer, und auf Zappa-Fassungen der Pop-Klassiker „Whipping Post“ und „I’m The Walrus“.

Dweezil mochte Franks Musik als Kind. „Ich konnte zwar die Texte nicht verstehen, aber die Instrumentierung erregte meine Phantasie.“ Das dauerte ungefähr bis zum Alter von 12 Jahren, als Dweezil durch Hardrock und Metal im US-Radio angeregt wurde, selbst Gitarre zu spielen. Es gibt verschiedene Versionen von Dweezils „Erwachen“, es hängt nur davon ab, welcher Zappa sich daran erinnert.

Dweezil: „Ich hörte Van Haien und sagte mir, das ist genau meine Musik! Die Sounds von Eddies Gitarre putschten mich so auf, daß ich es ihm einfach nachmachen wollte. Als ich einige seiner Riffs draufhatte, konnte ich die Gitarre nicht mehr weglegen.“

Frank: „Genaugenommen stand er aufRandy Rhoads (den letzten Ozzy Osbourne-Gitarristen), bevor er auf Van Haien abfuhr. Er zeichnete sogar Bilder von ihm!“

Wieder das Zeichnen. Alle Zappa-Kinder können gut mit Stift und Pinsel umgehen. Dweezil erinnert sich, daß Kunst-Unterricht zu Hause als Therapie angewandt wurde. „Immer wenn wir wütend waren — du weißt, wie launisch Kinder manchmal sein können — warf uns Dad einen Stapel Zeichenpapier hin und sagte:,Los, malt!‘. Und wir malten furchtbare Monster und reagierten so Aggressionen ab. Man fühlt sich wirklich gut danach. Wir lernten sehr früh, daß Kreativität ein sehr nützliches Ventil sein kann. „

Damit konfrontiert, kann sich Frank an derartige Therapien partout nicht erinnern. „Ich kann das nicht glauben. Vielleicht ist Gail (Zappas Frau) so vorgegangen. Allerdings gab es bei uns zu Hause ein festes Gesetz, als die Kinder noch klein waren: Wenn sie die Wände bemalten, wurden sie dafür nicht bestraft. Ich meine, alle Kinder sind von der Veranlagung her kreativ. Es ist schade, daß so viele Eltern diese Kreativität im Keim ersticken.“

Ich weiß nicht genau warum, aber die Vorstellung. Frank sei ein vorbildlicher Vater, kollidiert ziemlich mit seinem Image als bitterböser, höhnischer Geißler der sozialen Umstände. Aber ohne konkret gefragt zu sein, könnte er noch stundenlang über die neuesten Gags seiner Kinder erzählen …

„Weißt du, was Diva heute zu mir sagte? Sie sagte: .Daddy, eigentlich laufen wir alle auf dem Himmel.‘ .Hoppla, wie stellst du dir das denn vor, Diva?‘ , Weil die Luft doch vom Himmel bis zur Erde reicht‘.“

Frank strahlt. Ja, das ist wirklich gut, Frank. “ Wirklich gut für ein acht Jahre altes Mädchen, oder?“ ¿ Dweezil hat keine schlechten Kindheits-Erinnerungen. „Die meisten meiner Freunde brauchten all ihre Energie, ihre Eltern davon zu überzeugen, daß sie verrückt seien. Das ergab in meinem Fall keinen Sinn. Ich habe nie gegen meine Ellern rebelliert, denn es gab nichts, wogegen ich hätte rebellieren können. Meine Eltern sind die coolsten und abgeklärtesten Menschen, die ich kenne. Deswegen lebe ich auch immer noch zuhause. Ich verbringe mehr Zeit mit ihnen als mit sonst jemandem.“

Dweezil sieht auf den ersten Blick wie der geborene Gitarrist aus. Tvpi

Dweezil: „Gegen meine Eltern gab es nichts zurebeUieren“

sehe Gitarristen sehen irgendwie alle gleich aus. Vom Gesicht erinnert Dweezil stark an den jungen Pat Metheny: der gleiche struwwelige Haarschopf, der gleiche Drei-Tage-Bart, das gleiche verwaschene Sweat-Shirt, die gleichen Jeans, die gleichen Turnschuhe, die gleichen zusammengewachsenen Augenbrauen.

Und die gleiche Besessenheit. Die letzten sechs Jahre übte Dweezil durchschnittlich acht bis zehn Stunden am Tag. Mit Zustimmung seiner Eltern verließ er mit 15 die Schule, um mehr Zeit fürs Üben zu haben. Er versuchte sich auch an einigen anderen Sachen, z.B. arbeitete er drei Monate als Video-Jockey für den Fernsehkanal MTV und war dabei sehr erfolgreich.

„Ja, ich wurde in diesen drei Monaten mehr beachtet und gelobt als andere VJs nach fünf Jahren Arbeit.“

Wie gibt’s das?

„Ich weiß nicht. Ich blieb nur ich selbst. Okay, vielleicht verkaufte ich mich ein bißchen lauter, habe ein bißchen mehr Aufmerksamkeit auf meine Person gezogen. Aber ich habe einfach nur geplappert und Sachen in einen Mikrowellenherd geworfen.“

Mikrowelle?

„Ja, ein Mikrowellenherd. Ich habe z.B. Grapefruits in die Mikrowelle geworfen — Versucht das bloß nicht zu Hause, Leute! — und sah zu, wie sie explodierten. Eine schöne Bescherung, aber es machte Spaß!“

Frank Zappas aktuelles (Live-) Doppel-Album heißt GUITAR. Das ist umso erstaunlicher, als er vor einigen Jahren die Gitarre quasi in die Ecke stellte.

„Am 23. Dezember 1984“, erzählt Frank mit einem schulmeisterlichen Hang zur Genauigkeit. Damals erklärte er, er habe die Gitarre soweit als möglich ausgereizt. Die Gitarre war auf den 9. Platz seiner persönlichen Wichtigkeits-Skala abgesunken. Niemand wollte noch endlose Gitarren-Soli hören, und außerdem war Frank wie vernarrt in das ¿

Synclavier, seinen Musik-Computer im Wert von einer Viertel Million Dollar, auf dem er sein außergewöhnliches, Grammy-belohntes Album JAZZ FROM HELL entwarf.

Das Synclavier ist natürlich mit Frank auf Tour. Der geheimnisvoll grün schimmernde Computer-Bildschirm steht unübersehbar in der Bühnenmitte. So erstaunlich dieses Wunderwerk der Technik auch ist, so schwer fällt es auch, es als Live“Instrument“ zu akzeptieren, ähnlich wie bei Depeche Mode-Konzerten, wenn Computer und Maschinen einen Großteil der Arbeit tun.

Live heißt doch, daß echte Musiker ihr Publikum durch Spontanität und gutes Handwerk verzaubern. Und wenn sich Frank die Stratocaster schnappt, muß ich einfach jubeln. Niemand spielt die Gitarre so wie er, mit diesem ungemein charakteristischen Ton, schräg wie ein bulgarischer Dudelsack.

„Es war verdammt schwer, wieder auf die Gitarre umzusteigen. Ich habe sie genaugenommen bis zwei Monate vor Beginn der aktuellen Tour nicht mehr angefaßt. Ich entwickelte kein Gefühl, es war so schmerzlich zu spielen. Ich war so ungeschickt, hatte keine Kraft, aber ich spüre sie jetzt zurückkommen …“

GUITAR, den Alben der letzten Zeit (LONDON SYMPHONY OR-CHESTRA VOLUME TWO und JAZZ FROM HELL) hart auf den Fersen, beschließt ein sehr spezielles Kapitel im Zappa-Platten-Zyklus. Auch wenn sich Widerspruch regt: Für mich zählen diese Alben zum Besten, was Zappa je gemacht hat — nicht zuletzt deswegen, weil sie rein instrumental sind. Nach 22 Jahren Zappa hat der Charme der verfremdeten Stimmen und der 50er Jahre-Parodien in meinen Ohren doch erheblich gelitten.

In Zappas überquellendem Repertoire hat die menschliche Stimme allerdings auch mehr mitmachen müssen als anderswo. Phantastische Musik, dümmlicher Singsang — so die vorherrschende Meinung.

Frank kommt richtig in Fahrt, als ich diese Ansicht äußere. „Nun ja, diese Beobachtung hängt mit all den Songs zusammen, die ich gezwungenermaßen in den ganzen Jahren singen mußte. Ich bin ganz sicher kein Sänger, da stimme ich dir voll zu. Aber wenn du wüßtest, welche Probleme ich mit Sängern hatte…“

Gehen wir bis zum Anfang zurück, zu Ray Collins, Sänger auf FREAK OUT und ABSOLUTELY FREE:

„Wunderbare Stimme, die Ray da hatte. Aber er mochte meine Texte aber nicht singen. Sie trieben ihn so sehr in die Paranoia, daß er stehenden Fußes die Band verließ — um kurz darauf wiederzukommen. Insgesamt fünf Mal!!

Ich habe oft A usschau nach Sängern gehalten, Jungs mit tollen Stimmen, aber sie haben sich als absolut nicht tourtauglich erwiesen.

Ricky Lancelotti zum Beispiel (von OVERNITE SENSATION). Eine richtig kräftige Stimme, er konnte jede Spielart des Rock singen. Er sang vor, bekam den Job — und am Tag darauf begannen wir mit Plattenaufnahmen. Er kam mit verbundenem Arm ins Studio, denn er hatte reichlich Drogen eingeworfen und war darauf die Treppe hinuntergefallen. Tja, und heute ist er tot. Überdosis.

Ein anderer vielversprechender Sänger war Kim Vassy, der auf MONTA-NA sang. Riesige Stimme. Wir übten zwei Wochen und gingen auf Tour. Am dritten Tag schaffte er es, in der Bar eines Holiday Inn schon am Nachmittag für 90 Dollar Alkohol zu schlucken. Ich spreche von 1973, von 90 Dollar 1973! Er kam auf die Bühne und hatte die Texte vergessen. Am nächsten Tag setzte ich ihn in einen Flieger und schickte den Mann nach Hause Wir reden eine Weile über die Möglichkeiten experimenteller Musik in den 80ern. Zappa veröffentlichte auf Barking Pumpkin eine LP-Cassette, betitelt YOU CANT DO THAT ON STAGE ANYMORE. Eine Zusammenstellung großer Live-Mitschnitte aus zwei Jahrzehnten seines Schaffens. Eine von Zappas aktuellen Anklagen lautet, daß das heutige Rockpublikum durch ständige Musik-Video-Berieselung gar nicht mehr in der Lage sei, experimentelle Live-Musik als Herausforderung zu empfinden.

Noch sind wir in Deutschland dem MTV-Virus nicht verfallen, wende ich ein. Doch Zappa verzieht ungläubig sein Gesicht. „Ich glaube, das sogenannte offene deutsche Publikum ist nur ein Mythos. Sicher, ein kleiner Prozentsatz hat schon mal Stockhausen im Radio gehört. l Diese Leute erkennen mein Bemühen um neue musikalische Strukturen auf der Bühne auch an. Wohingegen in den Staaten die Reaktionen auf kompositorische Experimente eher lapidar sind: ,Oh wow, klingt fast wie ein Soundtrack zu einem Science-Fiction-Film.‘ Trotzdem, in Deutschland ist der Song,’nach dem live am meisten verlangt wird, weiterhin ‚Tilties’n’Beer.'“

Während unseres Gesprächs, aber auch auf der Bühne, raucht Frank Kette. Er betritt die Bühne mit dem Stengel im Mund und qualmt unaufhörlich, auch während einiger seiner besten Soli. Aber er hat nicht viele der Laster, die man gemeinhin Rock-Stars nachsagt. Zu Beginn seiner Karriere wurde die „Verrücktheit“ seiner Musik oft auf einen angeblich extremen Drogen-Konsum zurückgeführt. Aber Frank war schon immer einer der straightesten Gesellen im Business: Er trinkt nicht, raucht kein Marijuana, läßt die Finger von harten Drogen. Aber er raucht Zigaretten am Stück und trinkt literweise Kaffee.

Dweezil ist besorgt über Franks Zigaretten-Konsum. „Rauchen ist nun mal ungesund“, äußert er sich bestimmt. Dweezil selbst lebt noch abstinenter als ein Osmond oder ein Jackson. Kein Nikotin, Koffein, Alkohol etc …… und ich esse kein rohes Fleisch und nehme kein Aspirin.

Heutzutage muß man einfach gesund leben, Mann! Ich finde es prima, daß ich über ’ne Menge an Extra-Gehirnzellen verfüge. Viele von diesen abgewrackten Rock’n’Rollern haben durch Drogen und Trinken ihren Kopf verspielt. Unglaublich, was die alles an Kreativität vergurkt haben. So will ich nicht enden. „

Glücklicherweise hat sogar der cleane Dweezil eine Achilles-Ferse: Er steht auf Girls. Eine kürzlich im amerikanischen „People“-Magazin erschienene Story hatte folgende Headline: „Frank Zappas Hardrock-Sohn Dweezil nimmt nicht nur seine Gitarre mit ins Bett — er ist der angesagteste Typ in Hollywood.“

„Das war eine Scheiß-Reportage“, erinnert sich Dweezil. „Der Schreiber war ein richtiges Wiesel. Alles wurde schamlos übertrieben.“

Er ärgert sich, als Playboy dargestellt zu werden. “ Was kann ich tun? Neben Gitarren und Baseball interessiere ich mich eben nur für Mädchen.“

Passend zum verrückten Ruf der Zappas stammen auch Dweezils Gespielinnen aus der High Society von Hollywood. Katie Wagner zum Beispiel, die Tochter des US-Schauspielers Robert Wagner, oder Hollywood-Starlets wie Molly Ringwald. Dweezil spielte eine kleine Rolle in „Pretty in Pink“ und lernte bei dieser Gelegenheit Hauptdarstellerin Molly kennen. Dweezil wird auch in Zukunft die eine oder andere Filmrolle übernehmen, siedelt aber in seiner persönlichen Beliebtheits-Skala die Schauspielerei weit hinter der Rockmusik an. „Die Egos von Schauspielern sind noch schlimmer als die von Rock¿

musikern. Ein Schauspieler würde zum Beispiel zu dir sagen: ,Ich bin es leid, über mich selbst zu reden … warum sprichst du nicht mal eine Zeitlang über mich?'“

Was für ein seltsamer Name ist Dweezil eigentlich?

„Tja, mein Bad erfindet Worte und probiert sie als Bezeichnung für die unterschiedlichsten Dinge aus. Ursprünglich war Dweezil der Name einer vierköpfigen Rockband, die Frank vor vielen Jahren gründete. Später benutzte er den Namen für einen von Mutters Fußzehen. (!?!) Ja, und dann war es plötzlich der Name für mich.“

Magst du den Namen?

Jch hab nie einen anderen gekannt. Ich hieß halt immer Dweezil Zappa. Klar, irgendwie klingen die beiden Namen ein wenig seltsam zusammen. Aber ich habe mich längst dran gewöhnt. „

Neben seiner Liebe zur Gitarre ließ sich Dweezil auch von Franks Leidenschaft für Politik anstecken. Beide Zappas engagieren sich in der „Voter Registration Drive“-Organisation in den USA — einer Bewegung, die die Wahlbeteiligung steigern will, die Leute zum Gang zur Wahlurne motivieren will. Speziell junge Leute wollen die beiden Zappas motivieren, sich stärker für lokale und nationale Belange einzusetzen. Barfko-Swill bietet auch zu diesem Thema einige T-Shirts an. Auf einem steht z.B. „Don’t Mess With Me, I’m A Registered Voter“ (Leg dich nicht mit mir an, ich bin eingetragener Wähler).

Auf seiner letzten US-Tour motivierte Frank bei den Konzerten insgesamt 11.000 Kids, sich ins Wahlregister einzutragen — eine direkte politische Aktion, wie man sie von kaum einem anderen Rockmusiker kennt. Frank versucht auch andere Künstler zu ähnlichen Aktionen zu bewegen; bislang haben sich ihm John Cougar-Mellencamp und Sting angeschlossen.

Frank: „Es ist einfach peinlich für die USA, daß sie von allen Industrie-Nationen der Welt die geringste Wahl-Beteiligung haben. Das verspottet doch die Demokratie! Wenn du daran glaubst, daß jeder ein Recht auf eine eigene Meinung hat, dann, verdammt nochmal, geh raus und äußere sie!

Heutzutage besteht die Wählerschaft der USA aus Leuten des gleichen Zuschnitts, der gleichen Gesinnung, der gleichen Hautfarbe. Die bestimmen die Gesetzgebung. Es gibt ganze Klassen von Menschen in den Staaten, die nur lamentieren:, Warum dürfen wir das nicht, warum haben wir jene Rechte nicht!‘ Die Wahrheit ist: Diese Leute gehen nicht wählen. Sie stellen kein Gleichgewicht zu den anderen her. Seit 1971, als ich zum ersten Mal diese Botschaft auf einem Album-Cover abdruckte (Don’tforget to register to vote!), versuche ich die Mensehen zu animieren, sich endlich der Politik zu stellen.“

Dweezil: “ Wie ein Freund von mir sagt: Reagan hat mit 79 Jahren die Alleingewalt über den roten Knopf (zum Start der Atom-Raketen). Mein Gott, mein Großvater ist auch 79, und wir vertrauen ihm nicht mal die Fernbedienungfür den Fernseher an.

Unsere letzten Wahlen, ein überwältigender Sieg für Reagan, hatten die niedrigste Wahlbeteiligung der letzten 60 Jahre. Natürlich ist Politik ein harter Brocken, ein schmutziges Geschäft. Aber wer sich nicht damit auseinandersetzt, darf sich auch nicht beschweren. Wer eine eigene Meinung hat, soll sie gefälligst auch öffentlich kundtun!“ Frank: „Da laufen doch jede Menge beschissene Manipulationen in den kleinsten Gemeinden. Die Leute könnten das verhindern, wenn sie mal hinter die Kulissen blickten. Wer sich nicht engagiert, darf sich auch nicht beklagen!“

Frank gibt einige Beispiele. Wie das eben verabschiedete Gesetz, das Englisch zur offiziellen Sprache des Bundesstaates Kalifornien macht.

„Das ist eines der am schlechtesten ausgearbeiteten Gesetze, die es je gegeben hat. Es ist so mies formuliert, daß du jemanden einsperren lassen kannst, der dir in einem französischen Restaurant in Kalifornien eine Speisekarte reicht, auf der einige Worte in Französisch stehen. Aber die Menschen hier werden verführt und beschwindelt. Ja, wir sind alle echte Amerikaner! Wir brauchen Englisch als offizielle Sprache!‘ Sie sehen die negative Tragweite dieser Entscheidung nicht.

Und gerade eben hat sich in San Antonio eine Verordnung eingeschlichen, die ein Mindestalter für den Besuch von Rock-Konzerten vorschreibt. (Deutsche Alice Cooper-Fans können ein Lied davon singen.)Z>/e Damen aus Washington mit ihrer Kampagne gegen Texte in der Rock-Musik sind eben nur die Spitze eines Eisbergs.“

Es habe sich über die Jahre nichts verändert, meint Zappa, denn die reaktionären Kräfte wollen auch noch die kleinsten Freiheiten abwürgen.

Dweezil: Jch seh mich für die nächsten acht Jahre schon mal nach einem anderen Land um, denn wenn wir wieder eine republikanische Regierung kriegen, dann Gute Nacht…“

Er könnte noch mehr zu diesem Thema sagen, wenn er nicht zu einer Photosession für BRAVO müßte. Irgendwie paradox. Trotzdem, es ist immer noch ungewöhnlich, einen Hardrock-Gitarristen zu finden, der überhaupt zum politischen Geschehen Stellung nimmt.

Frank Zappa: „Es ist absolut ungewöhnlich, Musiker zu finden, die eine politische Meinung haben. Politik ist nicht gerade das Hauptgesprächs-Thema, wenn sich Gitarristen an der Backstage-Bar unterhalten.“