Im Interview: M.I.A. lässt sich nichts sagen
Markenbotschafterin mit großer Klappe: M.I.A. spricht mit uns über Frauen in der Musikindustrie und die Bedeutung von Mode.
Mathangi „Maya“ Arulpragasam aka M.I.A. ist neben ihrer Musik auch für ihre klaren, polarisierenden Ansagen und ihren unverwechselbaren Stil bekannt. Mit uns spricht die britische Sängerin über ihre persönliche Beziehung zu Mode und warum es ihr wichtig ist, junge Talente zu unterstützen.
Musikexpress Style: Du bist jetzt schon seit vielen Jahren in der Musikindustrie. Was würdest du sagen, sind die größten Schwierigkeiten, die einer jungen Frau begegnen, wenn sie gerade erst anfängt Musik zu machen?
M.I.A.: Ich weiß gar nicht, wie die Situation heute ist, aber als ich angefangen habe, gab es sehr klare Ansichten darüber, wie eine Frau in der Musikszene zu sein hatte. Und als ich dann angefangen habe, Musik zu machen, in der es um Politik geht, haben die Leute bestimmte Dinge zu mir gesagt, wie: „Warum trägst du Designer-Kleidung und schminkst dich, wenn du als politische Künstlerin wahrgenommen werden willst? Wenn du wirklich so revolutionär bist, wie du sagst, dann solltest du das nicht tun.“ Von diesen Aussagen bin ich einfach genervt. Die Leute hatten eine klare Vorstellung davon, wie ich sein sollte und wie ich mich benehmen sollte. Ich habe einfach immer das gemacht, auf das ich eben Lust hatte. Und bei mir war es eher anders herum, als man es vielleicht erwarten würde. Die Leute schrien mich förmlich an: „Sei nicht zu sexy.“ Ich denke, heute ist es eher anders herum. Frauen werden so unter Druck gesetzt an ihrem Körper zu arbeiten und immer gut auszusehen, möglichst sexy zu sein. Das ist quasi die Voraussetzung für den Erfolg als Musikerin. Es ist schade zu sehen, dass die Musikindustrie nicht die wunderbare Vielfalt an Frauen zeigt, die nunmal existiert.
Wie wichtig ist es für Frauen, sich gegenseitig zu unterstützen?
Ich habe immer versucht junge Künstlerinnen zu unterstützen. Aber mein eigenes Leben kam mir dabei leider oft dazwischen. Es passieren so viele verrückte Sachen, damit möchte ich einfach niemand anderen belasten. Ich, als Künstlerin, habe immer einen gewissen Sicherheitsabstand zu anderen Künstlerinnen gewahrt. Aber jetzt bin ich an dem Punkt, an dem ich für solche Zusammenarbeiten bereit bin und ich denke, sich gegenseitig zu unterstützen ist wirklich enorm wichtig.
Du bist gemeinsam mit deiner jungen Musiker-Kollegin, der kanadischen Rapperin Tommy Genesis, das Gesicht der neuen Mercedes-Benz Fashion-Kampagne #mbcollective. Darin werden Entwürfe aufstrebender Modedesigner wie Anna October, Steven Tai, William Fan, Xiao Li und Ran Fan international vorgestellt. Worum geht es dir dabei?
Ich glaube, große Marken haben eine gewisse Verantwortung wenn es darum geht, neue, aufstrebende Talente aus allen Branchen zu unterstützen. Und sowohl wir als Musiker als auch die Modedesigner können davon profitieren. Besonders wichtig ist dies für junge Leute, die einfach nicht die Möglichkeit oder die finanzielle Unterstützung haben, selbst etwas Großes auf die Beine zu stellen. Ich habe am Central Saint Martins College in London studiert und es immer wieder erlebt, dass Marken vorbeigekommen sind und junge Talente unterstützt haben. Und eben weil es so viele Türen öffnet, ist es super wenn jungen Leuten, wie zum Beispiel Tommy Genesis, diese Chance geboten wird. Ich kann dabei sozusagen die Rolle des Mentors übernehmen, da ich das alles schon erlebt habe.
„Unsere Konsumkultur sollte nicht die Erde zerstören. Das liegt mir besonders am Herzen.“
Du hast bereits erwähnt, dass du Mode liebst. Was bedeutet Mode für dich?
Natürlich ist Mode ein tolles Medium um sich selbst darzustellen. Und sie wird immer ein Teil von mir sein, ganz egal ob ich in der Öffentlichkeit stehe oder nicht. Aber Mode ist für mich von großer Bedeutung. Ich versuche immer, meinen Horizont sehr weit zu halten. Ich liebe es Sachen zu tragen, die ich im Second-Hand-Laden gekauft habe, genauso wie ich es liebe Haute Couture zu tragen. Das ist für mich persönlich wichtig. Wäre ich eine Marke, dann würde ich eben genau darauf achten, dass meine Kleidung für die Kunden zugänglich ist. Dass man daraus seinen eigenen Stil erschaffen und tolle Looks kreieren kann. Aber Vintage-Funde und Designermarken sind für mich persönlich gleichermaßen wichtig.
Was glaubst Du, in welche Richtung bewegt sich die Mode?
Worauf wir jetzt ganz besonders achten müssen, ist der Aspekt der Nachhaltigkeit. Mittlerweile hat jeder Designer auch schon alles gemacht. Deshalb muss der Fokus darauf gerichtet werden, wie man all diese schönen Dinge schaffen kann, ohne dabei unseren Planeten zu zerstören. Unsere Konsumkultur sollte nicht die Erde zerstören. Das liegt mir besonders am Herzen.
In welcher Kleidung fühlst du dich am wohlsten?
Hauptsache es ist bequem und sportlich. Ich glaube, man nennt es jetzt Athleisurewear. Zum Beispiel Hoodie und Jogginghose mit schönen High-Heels zu kombinieren. Das bin absolut ich. Sich selbst wohl zu fühlen ist wohl das Wichtigste.
M.I.A. wird kommenden Sommer neben Bonobo, Phoenix, Sampha, Kate Tempest und Die Antwoord beim Melt! Festival auftreten. Das 20. Melt Festival findet vom 14. – 16. Juli 2017 auf der Halbinsel Ferropolis in Gräfenhainichen statt. Early-Bird-Tickets kosten 120 Euro, alle weiteren Preismodelle und Informationen findet Ihr auf der Homepage des Festivals.
Interview: Pia Ahlert