Red Hot Chili Peppers


Gute Amerikaner sind sie nun gerade nicht. Wo immer sie den "american way of llfe" kreuzen, hagelt's Spott und Hämee. ME/Sounds-Mitarbefter Peter Jebsen traf In LA die unverbesserlichen Fun-Anarchisten.

Einst stolze Anarcho-Rebellen im Duckmäuser-Heer der US-Popszene, robben die Vier auf ihrer vierten LP auf den Knien. In „Punk Rock Classic“ betteln sie die Industrie an, endlich mal im Video-Kanal MTV gezeigt zu werden. „Ja, ich will dazugehören!“ jammert Bassist Flea beim Interview in Los Angeles. „Ich will in den Sender reinmarschieren können und das Gefühl haben, ,one of theguys’zu sein!“

Kollege Anthony Kiedis ruckt die Dinge dann doch noch gerade. „Mit dem Song wollen wir nur die Aufmerksamkeit der Medien-Bonzen wecken“, meint der Sänger der Peppers, die bisher nur von den US-College-Radios mit offenen Armen aufgenommen werden. “ Unser Problem liegt darin, daß wir uns nie der MTV-Einheitsformel unterordnen wollten, Marke ,Bon Jovi Meets Aerosmith in Tokyo for Sushi Jam Session‘. Ich kann zwischen diesen ganzen Hardrock-Bands keinen Unterschied feststellen. „

Ein klein wenig an den MTV-Stil angenähert haben sich die sympathischen Großmäuler doch. Die – laut Management – neue!, verbesserte!!, gigantische!!! ’89er Version der Peppers hat auf MOTHER’S MILK zum gewohnten Funk-Rock eine gehörige Portion Speed-Metal hinzugefügt. „Das liegt an unserem neuen Schlagzeuger, der härter zuschlägt ab seine Vorgänger“, erklärt Flea. „Darum hat sich unser Manager auch fast vor Freude in die Hose gemacht, als wir Chad engagierten. Er wollte schon immer, daß wir eine rockigere Richtung einschlagen!“

Chad Smith aus Detroit ist der neue Drummer, der über die Peppers nach langer Suche wie eine Naturgewalt hereinbrach. Kiedis: „Als wir ihn kennenlernten, sah er wie ein Volltrottel aus.

(, Tut er immer noch‘, wirft Flea ein.) Er trug ein völlig abgerissenes Metallica-T-Shirt und hatte ein Taschentuch um den Kopf gewickelt, dabei grinste er dämlich aus der Wäsche und haute einem ständig auf den Rücken. Dann aber setzte er sich hinters Schlagzeug. „

„Ich hab zunächst nicht kapiert, was da abging“, fährt Flea fort. „Chad spielte furchtbar laut und schrie sich dazu die Lungen aus dem Leib. Ich brauchte eine Weile, bis mir klar wurde, daß er ein toller Schlagzeuger war – und nicht nur ein Verrückter.“ Nachdem die Peppers nächtelang darüber grübelten, „ob wir mit einem solchen Lebewesen in friedlicher Koexistenz leben könnten“, nahmen sie Chad Smith in die Band auf.

Zweiter Neuling im Bunde ist Gitarrist John Frusciante. „Als er 14 Jahre alt war, wählte er uns zu seiner Lieblings-Band, und er studierte uns von den Zehenspitzen bis zu den Haaren“, berichtet Kiedis – und John, ein schüchterner Teenager, nickt zustimmend. „Seine Freundin sagte ihm damals voraus, irgendwann in seinem Leben wurde er einmal ein Chili Pepper werden. Als dann Hillel starb, brauchten wir einen Ersatz. Er heulte, ab wir ihm am Telefon sagten, daß er mitmachen könne!“

Hillel Slovak, der frühere Gitarrist, war im vergangenen Jahr durch eine Überdosis Heroin ums Leben gekommen. Ein Thema, bei dem Flea und Anthony verständlicherweise ins Grübeln kommen. „Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, so etwas kommen zu sehen, selbst wenn sich jemand an ,tödlichen Aktivitäten‘ beteiligt – weil du von einem Menschen in diesem Alter einfach nicht erwartest, daß er sterben könnte. Krank werden schon, aber nicht sterben!“

Hat dieses tragische Ereignis das Verhältnis der Red Hot Chili Peppers zu „tödlichen Aktivitäten“ geändert?

Anthony Kiedis antwortet nach kurzem Nachdenken: „Es ist traurige Realität, daß viele Leute durch Dinge, die man selbst tun möchte, sterben – wovon man sich persönlich jedoch nicht abschrecken läßt. Im Straßenverkehr gibt es viele Tote durch überhöhte Geschwindigkeit, aber man selbst rast dennoch weiter. Ich glaube, daß man sein Leben letztlich nicht aufgrund äußerer Einflüsse ändert, sondern nur dadurch, was in einem steckt!“