Boris Grebenshikov


Licht aus, Spot an: Auf der Bühne stand ein kurzhaariger, bärtiger Frontmann mit Begleitband, den keiner erkannte. Boris Grebenshikov hatte sich schon rein äußerlich verändert – als wolle er demonstrieren, daß er nicht das bieten konnte, was man vom russischen Rock ’n‘ Roller Nummer Eins erwartete. So fiel die lange, zum Zopf gebundene Mähne der Schere zum Opfer, dafür hatte sich Boris einen Bart stehen lassen.

Auf seinem ersten im Westen erschienenen Album RADIO SILENCE. produziert von Dave Stewart, sorgten akustische Instrumente wie Querflöte, Oboe und Trompete. Geige und Cello für ein Gegengewicht zu den oft kühl wirkenden technischen Spielereien am Synthesizer. Live konnte Boris diesen sympathisch naiven, ursprünglich wirkenden Stilmix leider nicht so leicht umsetzen.

Denn da standen ihm routinierte Studiocracks mit all ihren Vorzügen und Nachteilen zur Seite: Steve Scales. Perkussionist von Tina Turner, Tal Bergman, Drummer bei Ofra Haza. Keyboarder Delmar Brown aus Stings Begleitband und schließlich der Gitarrist Drew Zingg.

Lediglich Bassist Sasha Titov gehörte mit seiner frischen und unkonventionellen Spielweise zu den seit langem bewährten Mitstreitern des Russen. Diese Band entfachte ein Soundgewitter, in dem die lyrischen und melancholischen Momente der LP untergingen und sich die eindringlichsten Passagen auf den nachdenklichen Song „China“ mit schlichter E-Gitarre und russischem Text beschränkten.

So blieben leider die rebellische Attitüde und die spirituelle Ebene von Grebenshikovs Musik im Batschkapp so ziemlich auf der Strecke.

Boris war sich dieser Tatsache wohl bewußt, unternahm aber keine Anstrengungen, das Manko zu beheben. Mit diesen Musikern wäre ihm das sowieso nicht gelungen. Individualität und echte Leidenschaft kann Grebenshikov wohl nur mit seiner russischen Band Aquarium rüberbringen. Die beschäftigt sich derzeit aber lieber mit zehn Minuten langen, ausufernden Rock-Orgien.