Escape From N. Y.
Das Wonderland gehört zu Kanadas größten Vergnügungsparks. Auf einer Bühne unweit vom „Dorf der Schlümpfe“ besingt Joey Ramone die „Teenage Lobotomy“. Für die Ramones ist diese idyllische Schlumpf-Nachbarschaft lediglich ein weiterer Gig im Rahmen der „Escape From New York Tour“. Das Unternehmen brachte einstige Stars des legendären New Yorker „CBGB Clubs“ als Reminiszenz an die glorreichen Spätsiebziger-Jahre wieder zusammen. Vermutlich war’s die erste ausgesprochen nostalgische Live-Tour mit Musikern der New-Wave-Ära.
Die in schwarzes Leder gekleideten liebenswürdigen Strubbelköpfe Joey und Johnny Ramone und ihre Band bekamen auf dieser Tournee Gesellschaft von Debbie Harry (ex-Blondie) sowie von zwei Splittergruppen der Talking Heads: Keyboarder Jerry Harrisons Casual Gods und der Tom Tom Club, das Kind von Bassistin Tina Wevmouth und Drummer Chris Frantz. Nur David Byrne fehlte. Und deshalb nennen sich die Club-Mitglieder in Interviews bisweilen scherzhaft auch The Shrunken Heads – die Schrumpfköpfe.
Das alles war ohne Zweifel ein nettes Tour-Konzept. Doch die Durchführung geriet zum Desaster. Mag sein, daß Blondie, die Heads und die Ramones einst auf die gleichen Fans bauten – jetzt sieht das aber anders aus. So kamen die meisten der gut 6000 Leute in erster Linie, um die Ramones zu sehen. Danach setzte die Abwanderung ein. Zum Schluß blieben vielleicht noch 2000 Leute für die Shrunken Heads übrig.
Dazwischen brachte auch Debbie Harrys Set keinen Lichtblick. Live war sie ja schon damals langweilig, aber sie sang ihre Oldies schwächer denn je.
Doch bald zeigte sich, daß es sich gelohnt hatte, auf die Casual Tom Toms zu warten. Harrisons Rock-Akzente sorgten im perkussions-betonten Tom-Tom-Konzept für zusätzliche Würze. Und Tina Weymouth bot mit ihren Freundinnen smarte Afrobeat-Impressionen mit guter Bühnen-Choreographie. Aber auch die Tom Toms begeisterten das Publikum erst am Schluß der Show richtig, als sie eine Selektion bewährter Songs der Talking Heads spielten.
Das Publikum genießt die New Wave heutzutage eben am liebsten doch alt und vertraut.