Ein Extreme-Fall: Am Anfang war das Wort
LONDON. Nein, auch die klassische Schönlings-Rockstar-Montur kann’s nicht verbergen: Extreme waren nur einmal im Leben extrem — nämlich als Extremstreber bei den Gitarrenstunden. Egal, ist diesem Extremlerwillen doch nach sechsjähriger Band-Existenz eine Bühnenshow zu verdanken, die in Sachen Präzision und cool dahergegroovten Rhythmus und Riff-Komplikationen perversester Art keine Hürde mehr zu scheuen braucht. Bei der letzten Tour noch vor halbvollem Klein-Club, füllen sie nach zwei Single-Erfolgen nun schon drei Abende hintereinander das Odeon zu Hammersmith. Schuld daran ist vor allem der Schmuser „More Than Words“, bei dem sich Sänger Gary Cherrone das Lachen kaum verkneifen kann. Nicht so das Publikum, es heult aus allen Lungen mit.
Sonst aber jagen sich die Riffe, daß die Funken sprühen. Fast alle der textlich locker ums Thema „Stadtdekadenz“ gruppierten Titel der letzten LP kommen dran, und das technische Können ist nicht nur bei Gitarren-Gott Nuno Bettencourt überzeugend. Auch bei Drummer Paul Geary und Bassmann Pat Badger kommt selbst bei vertrackten Arrangements alles auf den Punkt. Songs mit Rap-Zitaten folgen Slade-esken Pop-Refrains und rhythmischen Ticks geradewegs aus dem Lerntext „Metallica„, gejagt wiederum von einer wüsten Persiflage des „l’m A Little Pünp With My Shoe Shine Black“-Riff von Pappa Zappa. Eindrücklich auch sind die Gesangsharmonien, die bisweilen geradezu an Crosby, Sülls und Konsorten gemahnen. Nur Nunos Ausflüge ins Reich der „klassischen Gitarre“ sind ein klares Nono. Ansonsten ist alles sehr kurzweilig, und die Eineinhalbstunden sind erstaunlich rasch vorbei.