Comedy Goes Rock: Badesalz huii, Ringsgwandl pfuii


LORELEY. Für Metal-Fans ist die Welt aus den Fugen geraten. Statt „Monsters Of Rock“ gibt’s „Monsters Of Comedy“ — so tief ist unser Land also schon gesunken.

Immerhin versprach die Liste der beteiligten Künstler ein Gipfeltreffen allererster Güte. Badesalz, Helge Schneider, Paddy Goes To Holyhead, Knobi Bonbon Kabarett und Georg Ringsgwandl sind derzeit nicht nur auf Kleinkunstbühnen Deutschlands Helden der Nacht. Die Mischung macht’s: Die Synthese aus Kabarett, Nonsens und Musik erlebt einen ungeahnten Boom. In Dieburg füllten am Freitag 12.000 Comedy-Fans den städtischen Sportplatz, einen Tag später waren es auf der Loreley immerhin noch 7.000 Zuschauer.

Abräumer auf beiden Festivals waren Badesalz aus Frankfurt. Das Duo Hennie Nachtsheim und Gerd Knebel verkörpert par excellence den neuen Typus des „Stadion-Comödianten“. Es gibt eben nicht nur Stadion-Rock, sondern auch Stadion-Comedy. Wie bei stinknormalen Bands gibt es auch im Comedy-Sektor solche Acts, die in Stadien ankommen — und solche, die Clubs besser nicht verlassen. Nicht weil sie schlecht wären, sondern weil ihre musikalische und verbale Message auf großen Bühnen ihren Reiz verliert. Die Sketche von Badesalz zündeten auch unter freiem Himmel. Die rohe, bisweilen anarchische Wortgewalt kommt wie Heavy-Metal aus den Boxen gepeitscht: Mitklatschen, Mitgröhlen — bei Badesalz geht Comedy in Richtung Rock. Die Gestik, das Packen der Menge — man merkt den beiden an, daß sie früher Frontmänner bei den Hessen-Combos Rodgau Monotones und Flatsch waren.

Ihren Dampfhammerhumor paaren die Badesalzer mit todsicheren Musikparodien. Ob Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ im esoterischen Indianerlook oder „I Still Haven’t Found“ von U2 mit Unterstützung einer bayerischen Blaskapelle — niemand zieht Rockheroen genialer in den Kakao.

Wie populär das Duo ist, bekam vor allem Georg Ringsgwandl zu spüren. Jenseits des Weißwurstäquators konnte der bayerische „Dr. Seltsam“ diesmal jedenfalls keinen Blumentopf gewinnen. War er in Dieburg ob der Pfiffe ziemlich geknickt, verteilte er am Samstag auf dem Rheinfelsen dem Publikum herbe Watschen: „Heute sind alle Arschlöcher Deutschlands auf der Loreley“, war das Fazit nach der Hälfte des Sets. Kurze Zeit später meint Ringsgwandl via Boxenturm zu einem unruhigen Zuschauer: „Dir sollte man die Eier ausreißen und ins Maul stopfen. “ Der Frust war dann raus — und die Band spielte trotz gellender Pfiffe das Programm eisern durch. Nach dem Gig hatte Herr Doktor schnell wieder die Fassung gefunden: „Je lauter die gepfiffen haben, desto geiler war’s!“

Bei Helge Schneider war das Abschneiden eine Sache der Tagesform. Am Freitag eher Kreisklasse, war Helge mit seiner Band Hardcore am Samstag absolut fit. Seine Version des Animals-Klassikers „House Of The Rising

Sun“ stellte Scharen von Nachwuchsgitarristen vor eine ernsthafte Gewissensprobe: Wie schafft dieser Typ so abgedrehte Sounds, ohne dabei das Gesicht zu verzerren?

Der Rest des Programms war angenehmes Beiwerk: Paddy Goes To Holyhead, eine junge Darmstädter Folkrockband, ließ als letzter Act die Zuschauer endlich auch mal tanzen; Knobi Bonbon, das erste deutsch-türkische Kabarett, war zu Beginn für die Sparte Politik zustandig. Einleitung von Moderator Matthias Beltz: „Was ist der Unterschied zwischen Deutschen und Türken? Der Türke spricht Deutsch und hat Arbeit!“

Fazit: Nicht alles, was unter der Comedy-Flagge segelt, bekommt vor Open-Air-Kulisse genügend Wind, um abzugehen. Badesalz können getrost Arenen buchen, Helge Schneider ist eher was für Hallen — und Ringsgwandl sollte sich eine Clubtour im bayerischen Wald als Rena-Maßnahme verschreiben lassen.