Musikmärchen im Zeitgeist: Rock-Musicals


Manchmal ist es zuerst ein Konzeptalbum – etwa Pink Floyds „The Wall“. Manchmal ist es zuerst ein tausendfach am Broadway oder im West End aufgeführtes Musical, wie „Jesus Christ Superstar“ (1973) oder „Hair“ (1979), Und manchmal ist es zuerst ein obskurer Studentenulk — wie „Rocky Horror Picture Show“ (1975). Gemein ist den genannten Titeln jedoch zweierlei. Jeder für sich, reflektieren sie mit modernen, zeitgemäßen Songs das Lebensgefühl ihrer jungen Zuschauergeneration. Musik als Botschaft. Ob gegen Vietnam, gegen Totalitarismus oder für blanken Unfug. Und zweitens wurden sie zu unerhört erfolgreichen Kino-Filmen adaptiert, von der Bühne auf den Silverscreen aufgeblasen. Die von Ken Russell impertinent überdreht verfilmte Who-Oper „Tommy“ (1975) gehört zu dieser Riege, wie auch die Arlo Guthrie-dominierte Hippie-Idylle „Alice’s Restaurant“ (1969) Die größten Abbzw. Umwege machte „The Little Shop Of Horrors“ (1986): Aus einem sympathisch skurrilen Horror-Film von 1961 über das Abhängigkeitsverhältnis eines naiven Blumenhändlers zu einer gierig fleischfressenden Pflanze wurde 1982 ein Bühnenmusical, das vier Jahre später wiederum seinen Weg auf die Leinwand fand. Die Leidensgeschichte einer hübschen Idee: Das Endergebnis war erwartungsgemäß ziemlich flach. Das Prinzip, ob gut oder schlecht ausgeführt, hat Tradition. „Klassische“ Musicalverfilmungen sind seit jeher gefragte Filmrenner, auch wenn zur Musik nicht die Gitarren kreischen. Bob Fosses „Cabaret“ ist als achtfacher Oscarpreisträger ewig gültiges Aushängeschild des Genres, mit „All That Jazz“ schob der mittlerweile verstorbene Musical-Guru noch ein Qualitätsprodukt nach. Bestes Anti-Beispiel an verfilmter Broadway-Beute: Richard Attenboroughs „Chorus Line“. Der erfolgsverwöhnte Monumental-Regisseur machte das erfolgreichste Broadway-Musical aller Zeiten zur filmischen Farce.