Alternative Tradition: Lollapalooza, die Dritte


MOUNTAIN VIEW. Die Anarchie fällt diesmal in den sprichwörtlichen Eimer. Die dritte Runde des Alternativ-Festivals, diesmal in 25 US-Städten zu Gast (Chicago und San Francisco waren schon ausverkauft. bevor das Programm überhaupt bekannt gegeben wurde), hat inzwischen gigantische Ausmaße angenommen: Über 650.000 Zuschauer müssen in die Stadien kanalisiert werden. Da weicht selbst der Chaoten-Charme von Initiator Perry Farrell harter Organisation. Und siehe da: Dieses Mal funktionieren sogar die Telefone. Und an der Einhaltung des Zeitplans könnten sich „kommerzielle“ Promoter eine Schnitte abschneiden: Der letzte Act, Primus (enttäuschend!), tritt zwei Minuten zu früh auf die Bühne, bei einem 9-Stunden-Programm will das was schon heißen.

Davon einmal abgesehen, hat Lollapalooza nix verloren. Im Gegenteil: Für die Fans ist der Anti-Gig längst zum Muß-Event geworden. Das Line-Up ist fraglos das Szenen-Beste von Heute/ Morgen.

Wer das Festival besucht, steht aber besser pünktlich an der Tür, alldieweil dieses Mal der beste Act ganz unorthodoxerweise den Anfang macht: Rage Against The Machine aus Los Angeles. Zack de la Rochas Rap ’n‘ Roll-Combo knallt den Zuschauern im sonnigen Mountain View bei SanFran den Sunscreen-Factor 35 von den Nasen. Und wer vorhat, sich in der „Smart Bar“ einen psycho-aktiven Drink einzuziehen, hält am besten das First-Aid-Kit gleich griffbereit. Oy wey!, sagen die anwesenden Indianer in ihren Souvenir-Ständen.

Und danach kommen ja noch weitere sieben Bands, und zusätzlich fünf auf der Nebenbühne. Wem der Kopf dröhnt vor lauter Auswahl, kann kurzentschlossen mit dem allseits beliebten LSD-FIight Simulator abheben. Oder Bungee jumpen.

Babes In Toyland, ach ja, spielen auch noch, doch die armen Mädels haben das Pech, Rages Auspuffgase riechen zu müssen. Arrested Development smoothen zu stark, und erst Alice in Chains drehen die Amps auf 11, da kommt die alte Stimmung im ausgebleichten Publikum wieder auf. Fishbone und Dinosaur Jr. haben da nichts zu bestellen. Guter Gig noch auf der Nebenbühne: Mercury Rev. Mir persönlich fehlt Ministry oder Ice-Cubes Sausprüche vom letzten Jahr, aber man kann ja nun mal nicht alles haben.

Und im Computerspielplatz „Cyber Pit“ ist ja auch nach Einbruch der Helligkeit noch gut was los. Irgendjemand soll auch Perry Farrell gesichtet haben. Breit.