Sebadoh


Ich habe gehört, wir sind hier in Süddeutschland. Sprecht ihr denn auch alle einen Südstaatenakzent?“, fragt Sebadoh-Chef Lou Barlow ins Publikum — Stille im ‚Strom‘. Bassist Jason Loewenstein kommentiert: „Ihr seid wirklich überwältigend!“ Glatt gelogen. Das Auditorium, so emphatisch wie der Leistungskurs Kunsterziehung beim Museumsbesuch, ist nicht zum Scherzen aufgelegt. Man bleibt cool an diesem Abend. Was sicherlich auch das Verdienst der Vorbands ist. Weder der ambitionierte Dilettantismus von Minxus noch der Vortrag des allerorten hochgelobten Bill Callahan alias Smog sind dazu angetan, die Tätigkeit der Schweißdrüsen nachhaltig anzuregen. Smog in ungewöhnlicher Dreierbesetzung — neben Callahan an der akustischen Gitarre agieren eine Sängerin und ein Schlagzeuger -— bringen minimalistische LoFi-Phantasien auf die Bühne, die allerdings ihre Wirkung besser in der Beschaulichkeit des heimischen Wohnzimmers entfalten als im rauchgeschwängerten Club. In krassem Gegensatz zu Sebadohs lyrischem Lärm. Das Trio holpert durchs punk-poppige Programm mit sperrigen Balladen und unbändigem Krach. Dabei profiliert sich besonders Bassist Jason Loewenstein als begnadeter Schreihals vor dem Herrn. Und Bandboß Barlow wirkt wie ein College-Boy im 22. Semester, der sieb beharrlich weigert, erwachsen zu werden. Dereinst als Bassist in Diensten von J. Mascis‘ Dinosaur Jr., konvertierte Barlow bei Sebadoh zur Gitarre. Auf der Bühne streicht er mal zärtlich über die Saiten oder quält sein Instrument bis zum Exzeß. Sebadohs spröde Songskizzen entziehen sich dabei jeglicher Berechenbarkeit. Ebenso wie Lou Barlow in seiner Rolle als Frontmann. Nach diversen Provokationen des Publikums („Ruhig sein könnt ihr zu Hause!“) beweist er zeitweisesogar -— selten genug bei einem Helden der alternativen Szene — Sinn für Humor. Den Zwischenruf einer angesäuselten Zuhörerin greift Barlow spontan auf und intoniert eine A-capella-Version des Queen-Hits ‚We Are The Champions‘, die — dem Mann am Mischpult sei dank -— im hymnischen Hall endet. Freddie Mercury hätte seine Freude daran gehabt.