The Band: London, The Forum


Zyniker meinen gern, daß The Band ihren Schwanengesang säuselte, als sie 1976 im Winterland zu San Francisco vor den Kameras von Martin Scorsese zum vermeintlich letzten Mal den Ton angaben. Klar, daß die Zyniker daneben liegen – aber der Anfang der Londoner Show hätte fast eher die Nicht-Zyniker eines besseren belehrt. In der Tat begann The Band ihre Arbeit auf äußerst diskrete Weise mit Songs, die sogar unter allwissenden Experten staunendes Kopfschütteln auslösten. Erst mit dem fünften Titel, ‚Angelina‘, begannen da und dort die Füße zu tappen. The Band besteht aus Musikern, denen allüberall nur höchster Respekt zukommt, aber in Sachen Set-Liste hätten sie heute Abend ein paar gute Ratschläge gebrauchen können. Vor einem Publikum, das durchwegs jenseits der 40 angesiedelt war, kredenzten die Ur-Bandmitglieder Levon Helm, Rick Danko und Garth Hudson eine Show, in der die bekannten Evergreens insofern atemberaubend wirkten, als sie gar nicht gespielt wurden. So war der erste Show-Teil eine fürwahr moderate Angelegenheit, mit der selbst eingefleischte Fans wenig anzufangen wußten. Das Problem blieb über das ganze Konzert hinweg bestehen. Auf lange Strecken kühler Distanz folgte hie und da ein zündender Moment von purer Magie – das erste Mal eben bei ‚Angelina‘, als überraschend der schottische Ausnahmesänger John Martyn auf die Bühne kam. Wie immer bei The Band lenkte keinerlei Bühnenschnickschnack von der Musik ab. Dafür tauschten die diversen Bandmitglieder die Instrumente, als hätten sie Mühe, sich zu entscheiden. Immer wieder kam Helm hinter seinen Drums hervor und griff zum Bass. Das gleiche tat selbst der zweite Drummer Randy Ciarlante, während Danko Akustikgitarre spielte. Hudson wechselte am fleißigsten: Sax, Akkordeon, Keyboards, und wieder zurück… Nur Richard Bell und Jim Weider blieben ihren Instrumenten treu. Auch die Genre und Stile wurden munter durcheinandergemischt, ohne jegliche Rücksicht auf Trends und Mode. Gleichzeitig aber beschränkte man sich auf enttäuschend „sichere“ Musik. Kaum ein Wort fiel auf der Bühne, kein Gruß an die Fans, kein Scherz. Lange bevor dann doch noch einige Hits kamen – ‚Rag Mama Rag‘, ‚Stand Up‘, ‚Crazy Mama‘, ‚Young Blood‘ – fingen die Leute an, nach ‚Dixie‘ zu schreien. Erst mit dem finalen ‚The Weight‘ kamen dann endlich alle Elemente zusammen, die den Zauber der Combo ausmachen. Keine 75 Minuten nach Beginn hieß es dann jedoch: Zurück ins Reich der Erinnerung. Blieb zum Schluß nur die Frage: Wie kann es kommen, daß Musiker mit einem derartig umfassenden Erfahrungsfundus so wenig Fingerspitzengefühl zeigen können?