Aerosmith: München, Olympiahalle
AEROSMITH SIND IN DER STADT. KEINE SELTENHEIT IN DEN LETZTEN JAHREN. Trotzdem reicht’s auch diesmal wieder für so manche Spekulation. Kommt Liv Tyler ihren Daddy besuchen, der gleich für drei Tage in München weilt? Und vielleicht noch spannender – wird Steven Tyler beim Konzert die original bayerische Lederhose tragen, die er sich am Nachmittag gekauft hat? Weniger spannend das erste Drittel der Show: Mit „Toys In The Attic“ und „Same Old Song And Dance“ geht’s erstmal 25 Jahre zurück in der Bandgeschichte. Direkt im Anschluß gibt’s die Gassenhauer „Love In An Elevator“ und „Rag Doll“. gefolgt vom Klassiker „Dream On“, der auch 1999 immer noch für feuchte Augen gut ist. Dazu sprüht Funkenregen über die ganze Bühnenbreite. Rock-Show halt, Entertainment eben. So mancher der Mitt-Dreißiger im Publikum hätte – in Erinnerungen schwelgend – im Anschluß wohl gerne „Love Hurts“ gehört. Aber das ist ja bekanntlich von Nazareth. Stattdessen – Gott sei Dank! -„Janie’s Got AGun“ und „Livin’OnThe Edge“. Alles ordentlich und sauber runtergespielt. Wenn man böse wäre, könnte man auch überraschungsarm dazu sagen. Oder langweilig. Erste Fragen tauchen auf. Ist das hier eigentlich eine Greatest Hits-Gala? Und – bei allem Respekt: Wie sieht Steven Tyler eigentlich aus? Mal im Ernst, mit der Frisur hat sich selbst Jon Bongiovi das letzte Mal 1987 auf die Straße getraut. Und mit der Hose wäre sogar die Mutter von Jon Bongiovi nach 1974 nicht mehr aus dem Haus gegangen. Von Rhythmusgitarrist Brad Whitford, der offensichtlich direkt von einem Spinal Tap-Lookalike-Contest kommt, ganz zu schweigen. Cool ist was anderes. Ein bißchen muffelt das Ganze nach Golden Oldie-Parade. So richtig weit ist es nicht mehr zu Dave Dee, Dozy, Mick & Tich. Die Wende kommt mit dem bluesigen „Rattlesnake Shake“ (im Original von Fleetwood Mac; die Aerosmith-Version gibt’s in „Pandora’s Box“),“Füll Circle“ und -ausgerechnet! -„Pink“. Joe Perry (by the way, im schwarzen Glitzeranzug ungleich smarter als sein Toxic Twin Steven) torpediert die an sich superharmlose Popnummer mit fiesen Gitarrensplittern. Wieder sprühen Funken, und nach „Draw The Line“, „Stop Messin‘ Around“ (mit Herrn Perry am Mikro) und einer feinen Improvisation biegen Aerosmith souverän in die Zielgerade. Natürlich mit „Walk This Way“, „I Don’t Want To Miss A Thing“ (zu dem natürlich keine Liv auf die Bühne klettert), „Cryin“‚ und „Dude (Looks Like A Lady)“. Bei den Zugaben kommt dann immerhin tatsächlich die Krachlederne (inklusive Wanderstiefel und weiße Wollsocken) zum Einsatz. Steven „The Demon Of Screamin'“ (O-Ton Perry) Tyler läutet die letzte Runde ein: „Big Ten Inch Record“ (der inzwischen dritte Song vom 75er-Album „Toys In The Attic“), das wirklich sehr schöne „What It Takes“ und eine gloriose Version von „Sweet Emotion“, in deren Finale die Luftschmiede und der bleierne Zeppelin in einem eingewobenen „Heartbreaker“ aufeinandertreffen. Respekt meine Herren.