Die Toten Hosen: Souveräner Auftaktsieg


Während die Fortuna weiter in der 3. Liga rumdümpelt, feiern Die Toten Hosen in Düsseldorf zwei umjubelte Heimspiele

Es ist nicht leicht, erwachsen zu werden. Die Eltern haben uns genervt, die Schule hat uns angekotzt, die Lehre hat uns fast umgebracht. Wir haben den alten Säcken ins Gesicht gespuckt, und unsere Jugend war eine große, laute Rebellion. Die Toten Hosen schrieben unsere Schlachtlieder. Das ist nun fast zehn Jahre her, und wir sind heute gereift und vernünftig und erwachsen. AHllein die Toten Hosen haben sich nicht verändert.“ So weit die „Süddeutsche Zeitung“. Vom 21. September 1990, fast zwölf Jahre her. Der Artikel, aus dem das Zitat stammt, könnte in ähnlicher Form auch heute erscheinen. Beileibe keine Selbstverständlichkeit in einer Zeit, in der Bands in immer kürzer werdenden Intervallen an die Spitze der Charts schnellen, nur um mit ihren CDs wenige Wochen später in den Billigkisten der Secondhandläden zu landen. Die Toten Hosen haben es geschafft, ihr Ding durchzuziehen, sich eine Ausnahmestellung in der deutschen Musikszene zu erobern. Die Platten, die sie auf dem Weg dorthin gemacht haben, waren mal besser („Opium fürs Volk“), mal schlechter („Unsterblich“). Aber eins kann man festhalten: Die Hosen blieben ihrem Stil über die Jahre immer treu, so auch auf dem neuesten Album „Auswärtsspiel“. Wahrscheinlich weil sie – wie Campino gerne immer wieder betont – wirklich nichts anderes draufhaben. Seltsam nur, dass ihnen die Medien ausgerechnet diese Beharrlichkeit immer wieder vorhalten. Bei Bands wie AC/DC, die in ihren Mitteln ähnlich limitiert scheinen, freuen sich alle über die Genialität der immer gleichen drei Akkorde, die Hosen müssen sich für die gleiche Taktik – wie zuletzt auf „Spiegel Online“ -den Vorwurf „zahlreicher zermürbender Selbstplagiate“ gefallen lassen. Ähnlich verhält sich die Sache mit dem Alter. Kaum ein Interview mit Campino – auch im Musikexpress – kommt ohne die Fragen aus: „Wie lange wollt ihr denn noch so weitermachen? Werdet ihr nicht allmählich zu alt für so einen Unsinn?“ Dabei träumt doch so ziemlich jeder insgeheim davon, nie erwachsen zu werden. Forever young, auf ewig Punk. Aber kaum einer – seien wir ehrlich – kriegt das hin. Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen. Die Toten Hosen haben es, mit Abstrichen natürlich, ziemlich gut hinbekommen. Dass man ihnen genau das seit Jahren gebetsmühlenartig vorhält, muss wohl irgendwie mit der deutschen Mentalität zusammenhängen. Bei den Ramones war es cool, bei den Toten Hosen tendenziell lächerlich. Auf ihrer aktuellen Platte versuchen die Düsseldorfer ihren Kritikern mit einem Song wenigstens in dieser Hinsicht den Wind aus den Segeln zu nehmen – in „Graue Panther“ bekennen sie mit erfreulicher Selbstironie: „Wir sind alte Punks, schweinealt.“

Den Fans der Toten Hosen, die bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe schon mehr als 100.000 Tickets für die anstehenden Konzerte gekauft hatten, sind solche Überlegungen seit jeher egal. Das bewiesen auch die beiden Düsseldorfer Heimspiele im Vorfeld der „Auswärtsspiel“-Tournee. Zweimal 7000 Besucher in der ausverkauften Philipshalle freuten sich über je gut zwei Stunden unterhaltsamen Prollrock. Natürlich bieten Hosen-Konzerte keine wirklichen Überraschungen mehr. Da fällt niemand hackedicht von der Bühne, genauso wenig gehen Verstärker oder Monitorboxen zu Bruch. Und wenn Campino mal eine Strophe vergisst, ist das mehr ein lieb gewonnenes, gerne zelebriertes Ritual als wirklich ein Fall von kurzzeitiger Amnesie. Auch die Jokes zwischen den Songs („Hallo Duisburg!“) kennt man inzwischen zu Genüge. Macht aber nichts. Und ist auch egal. Denn am Ende halten es die Hosen – durchaus zu Recht – mit der österreichischen Fußball-Legende Hans Krankl: „Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär.“

www.dth.de