Am Anfang war ein Fanzine heute gehört Glitterhouse zu den profiliertesten Indie-Plattenfirmen in Europa
Leben Sie. Wir kümmern uns um die Musik! Nett gesagt. Und ein Spruch, der von großer Klappe zeugt. In diesem Fall, dem der „weltgewandten Bauern“ (Pressezitat) aus Ostwestfalen allerdings ist die große Klappe auch vollauf gerechtfertigt. Schließlich haben Reinhard Holstein und Rembert Stiewe, die Glitterhouse-Griinderväter, schon gute zwei Jahrzehnte im Musikbiz auf dem Buckel. Während dieser Zeit entwickelte sich Glitterhouse vom Hobby zweier Idealisten zu einem der profiliertesten und professionellsten Indie-Label in Europa. Heute, in Zeiten formatgleichgeschalteter Radioprogramme und mit Marketing-Millionen aufgepumpter Pop-Massenware, steht die Glitterhouse-Crew für guten Geschmack und kompromisslosen Willen zur Qualität. Ein Renommee, das Holstein & Co. im Laufe der Jahre eine kleine, aber feine und vor allem treue Kundschaft eingebracht hat. Zumal die gewitzten Labelmacher die Sache mit dem Handel gleich auch noch unters eigene Dach geholt haben: Die charmant angegammelte Firmen-Villa in Beverungen beherbergt neben dem Label auch einen florierenden Mailorder-Service. Hier macht man seine Platten nicht nur selbst, man verkauft sie auch gleich in Eigenregie.
Getreu dem Motto „wo nix los ist, muss man selber was losmachen“ brachten die praktizierenden Musicaholics Reinhard & Rembert vor nunmehr fast 20 Jahren ihr erstes Produkt auf den Markt: ein in Heimarbeit zusammengeklebtes Fanzine über Sixties Garagenpunk und Psychedelic Rock – mit der schwindelerregenden Auflage von 25 Exemplaren. Kurze Zeit später erscheint die erste Platte aus dem Hause Glitterhouse, ein Sampler zum selben Thema. Den Schritt zum professionellen Plattenlabel vollziehen die rührigen Landeier zu Beginn der 90er Jahre, als sie den Europavertrieb der Seattle-Grunge-Aktivisten Sub Pop an Land ziehen. Seitdem wurden auf Glitterhouse schon üppige 540 Alben veröffentlicht, darunter finden sich so illustre Namen wie die der Walkabouts um Chris Eckman und Carla Torgerson, David Thomas, Blue Mountain, Hazeldine, Steve Earle & The Del McCoury Band, 16 Horsepower und Neal Casal. Überdies haben Holstein und die Seinen die Zusammenarbeit mit Geistesverwandten wie dem schwäbischen Roots-Rocker Edgar Heckmann und dessen Blue Rose-Label über die Jahre intensiviert.
Riesige Umsatzzahlen sind es nicht wirklich, die man bei derlei sturem Qualitätsbewusstsein erwarten darf, eher das berühmte Kleinvieh, dessen Mist seinen Mann leidlich nährt. Chartsplatzierungen haben in Beverungen noch nie das Maß der Dinge dargestellt. Das ist viel mehr der persönliche Geschmack der Herren Holstein und Stiewe. Was denen gefällt, wird veröffentlicht, was durch deren Raster fällt, ist nunmal unten durch. Besagter Geschmack hat sich allerdings in den letzten Jahren geändert – weg vom Alternative Country (Holstein: „Da gibt’s inzwischen jede Menge Trittbrettfahrer.“), hin zu eigenwilligen Melancholikern wie Dakota Suite oder Savoy Grand, abseitigen Instrumental-Acts (Friends Of Dean Martinez) und jungen skandinavischen Acts wie Midnight Choir und Ai Phoenix. Die einheimische Szene wird überdies traditionell schon lange gepflegt (Buddy & The Huddle). Gelassenheit ist eine der großen Stärken der sturen Westfalen – und natürliche jede Menge Selbstbewusstsein: „Vertraut uns. Wir sind gut.“
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