Rolling Stones – Die Decca Remasters
Rock: Endlich - das klanglich restaurierte Frühwerk der Greatest Rock'n'Roll Band On Earth.
Keine Frage – das war überfällig: Gemütliche 16 Jahre nach der ersten CD-Edition des RolLing Stones-Frühwerkes wurde der komplette Decca-Katalog nun endlich klanglich auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht (die Remasters der bislang erhältlichen Decca-Alben von Mitte der 90er Jahre brachten nicht wirklich klangliche Verbesserungen). Insgesamt veröffentlicht ABKCO, die Firma des ehemaligen Stones-Managers Allen Klein und alleinige Rechteinhaberin, 22 Original-Alben mit insgesamt 327 Songs auf 26 CDs – mithin alles, was die Band zwischen April 1964 und September 1970 auf offiziellen Alben veröffentlichte, plus die Outtakes-Sammlung METAMORPHOSE I1975I sowie die diversen auf Decca erschienenen Hitkopplungen. Besonders erfreulich: Mit Ausnahme von NO. 2 gibt es nun erstmals auch die so genannten UK-Versionen der ganz frühen Alben – also zum Beispiel BETWEEN THE BUTTONS, AFTERMATH und OUT OF OUR HEADS mit originalem Tracklisting. Bislang waren lediglich die in der Regel jeweils erst später veröffentlichten, auf den amerikanischen Markt zugeschnittenen Versionen der Alben erhältlich. Deren Tracklisting wich aufgrund der in den USA unterschiedlichen Single-Veröffentlichungen oft von dem der britischen Originalalben ab. Das Besondere an der Edition allerdings ist der klanglich geradezu dramatische Mehrwert. Das von Sony patentierte Direct Stream Digital-Verfahren (DSD, siehe Kasten) erlaubt tatsächlich eine inÜbertragung aller auf den analogen Masterbändern festgehaltenen Nuancen. Besonders deutlich wird dies hier bei Aufnahmen mit akustischen Instrumenten, etwa bei den famosen Songs „Salt Of The Earth“ und „No Expectations“ von BEGGARS BANQUET. Wer sich die SACD-Version im Unterschied zur „normalen“ CD-Version im direkten A/B-Vergleich anhört, stellt ein vielfaches Plus an Authentizität, Transparenz, Präsenz, Dynamik und nicht zuletzt klanglicher Wärme fest – es ist gleichsam, als säßen Jagger, Richards & Co. im heimischen Wohnzimmer. Überdies hört man plötzlich in Songs, die man seit Jahrzehnten in- und auswendig zu kennen glaubte, völlig neue Elemente. Selbst die dürftigen Zweispur-Aufnahmen aus dem Regent Studio, die 1964 als erstes Stones-Album ENGLAND’S NEWEST HIT MAKERS erschienen, klingen hier um eine ganze Klasse dynamischer. Trotzdem gilt natürlich: Aus Dreck können auch Sony-Ingenieure kein Gold machen. Und gerade bei den seinerzeit bewusst auf LoFi getrimmten Songs, wie etwa dem berühmten „Street Fighting Man“, dessen Gitarren mit einem billigen Kassettenrecorder aufgezeichnet wurden, wäre das wohl auch der nackte Frevel. Andererseits entwickeln die legendären Chess-Aufnahmen („Time Is On My Side“, „Confessing The Blues“, „It’s All Over Now“ u.a.) regelrecht neue Klangdimensionen, obwohl auch sie untervergleichsweise primitiven Umständen eingespielt wurden. Und auf dem obskuren Live-Dokument GOT LIVE IF YOU WANT IT hört man plötzlich tatsächlich die Stones, Mach I, wie sie leibten und lebten, kann sogar einzelne Gitarrenstimmen unterscheiden. AU dies gilt natürlich für die SACD-Beschichtung der CD-Serie. Aber auch die ebenfalls enthaltene „normale“ Beschichtung klingt um ein Vielfaches besser als die alten Versionen dieser frühen Rock-Klassiker. Nach Auskunft von ABKCO wurden für die Remasters ausschließlich die besten noch auffindbaren Analog-Masters benutzt, möglichst aus der ersten Generation. Interessant, dass man dabei im Falle von LET IT BLEED entdeckte, dass die einzelnen Songs ursprünglich ohne „Leerrille“ miteinander verbunden waren. Man trug dem in der Neuausgabe Rechnung, indem man die Pausen zwischen den Songs extrem kurz hielt. Sämtliche Alben der Serie erscheinen ohne zusätzliche Titel, lediglich MORE HOT ROCKS erhielt mit einem Alternative Take von „Poison Ivy“, der ursprünglichen Version von Jve Been Loving You Too Long‘ sowie der seinerzeit auf No. 2 erschienenen (erheblich besseren und längeren) Einspielung von „Everybody Needs Somebody To Love“ drei Bonus Tracks. Zur Ausstattung: Durchweg kommen die Alben im charmanten Digipack mit originalem Artwork. So löblich auf der einen Seite die liebevolle, am Original orientierte Gestaltung der Packs ist, ein Heftchen mit Liner Notes, Produktionsdetails sowie zusätzlichem Fotomatenal hätte den Alben gut angestanden. Derlei Mehrwert hat sich bei wieder aufgelegten Albumklassikern in den letzten Jahren aus gutem Grund eingebürgert.
Fazit: Klanglich kommt der Stones-Fan nun endlich voll auf seine Kosten, mit SACD-Player gelangt er gar in völlig neue Stones-Sphären. Bedenkt man indes, dass wir mit dieser Werk-Edition nun wohl die nächsten mindestens 16 Jahre auskommen müssen, bleibt leicht enttäuscht anzumerken: Editorisch wäre da noch ein bisschen mehr gegangen. By the way: Über Gerüchte, dass in naher Zukunft als Ergänzung der vorliegenden Remasters diverses bislang unveröffentlichtes Material aus der Decca-Zeit erscheinen soll, hüllt sich ABKCO auf Anfrage in Schweigen. Mal sehen, was nun mit dem bislang ebenfalls in klanglich unbefriedigender Qualität vorliegenden Beatles-Nachlass passieren wird.
(Wertungen siehe Kasten) www.rollingstones.com