Eingeklemmter Schwanz
Wie aus "Soloalbum" von Benjamin von Stuckrad-Barre eine typisch deutsche "Komödie über Liebe, Sex und Hustensaft" wurde.
Warum ist da niemand früher drauf gekommen? Die Verfilmung von „Soloalbum“. Lag doch eigentlich auf der Hand. Ein ungemein erfolgreiches Buch bislang gingen mehr als 300.000 Exemplare weg – mit massig Berührungspunkten zur Popkultur, der Verfasser selbst ein kleiner Popstar. Nur mit der Handlung haperte es ein bisschen. Ein Musikredakteur mit Liebeskummer ist eben doch ein wenig mager. Im Filmmenschensprech von Jens-Frederik Otto, der für das Drehbuch verantwortlich war, klingt das dann so: „Die Frage war, wie man die Geschichte dramatisch, konfliktgeladen und plotorientiert erzählen kann.“ Ganz einfach offensichtlich, man löst sich weitestgehend von der Buchvorlage, übernimmt bestenfalls die Grundidee und schraubt eine typisch deutsche Teeniekomödie zusammen. Mit all den Zutaten, die man eigentlich nicht mehr sehen will, das in einem Autofenster eingeklemmte Gemächt des Hauptdarstellers inklusive. Natürlich muss der Ort des Geschehens von Hamburg in die hippe Hauptstadt verlegt werden, der Chefredakteur des fiktiven Musikmagazins „Sound + Music“ – gespielt von Leander Haussmann – ist ein schnöseliger Despot im Dreireiher, der seine dreißigköpfige (!) Redaktion, die ausnahmslos aus Teenagern besteht, herrisch herumkommandiert, Ben selbst ein zur Karikatur überzeichneter Egozentriker. Mit dem Buch hat das alles relativ wenig zu tun, mit der Realität gar nichts. Was auch nicht weiter dramatisch wäre, würde der Film nicht ständig den Holzhammer schwingen und das nette Grundthema gründlich platt hauen. Als sich Katharina (erfreulich natürlich: MTV-Djane Nora Tschirner) von Ben (Matthias Schweighöfer) trennt, tut sie dies – hallo Handy-Generation! – nicht wie im Buch per Fax, sondern via SMS: „The killer in me is the killer in you.“ Die Smashing Pumpkins lassen grüßen. Ob die sehr junge Zielgruppe die überhaupt noch kennt, sei mal dahingestellt. Als Ben ins Taxi steigen will, drängt sich Sandy Mölling von der Casting-Combo No Angels dazu und zerrt den armen Ben auf eine schrille Motto-Party mit. Was einem in Berlin eben so passiert. Bens Kumpel Alf (Oliver Wnuk) gibt derweil das Drogenmonster, das sich – damit’s auch noch der Letzte merkt – sogar aus ABC-Pflastern noch einen Kick holt. Wir haben verstanden. Die Leiden des jungen B., der von seiner ersten großen Liebe sitzen gelassen wird, verkommen so leider zu einer albernen Klamauk-Parade. Und Regisseur Gregor Schnitzler (zuletzt „Was tun wenn’s brennt?“) unternimmt wenig, um das Ganze ein bisschen charmanter zu machen. Selbst der Cameo-Auftritt von Thomas D, der wutentbrannt in die Redaktion von „Sound + Music stampft, um Ben für einen Verriss seiner Platte ordentlich eine aufs Maul zu hauen, wirkt wie aus einem Comic-Heftchen. Einzig der knochentrockene Kommentar von Bens Chefredakteur („Das hat die Plattenfirma vorher mit unserer Rechtsabteilung abgeklärt“) sorgt für ein Schmunzeln. Und so mutiert das charmante „Soloalbum“ zu – der originelle Untertitel verrät es schon – einer simpel gestrickten Teenie-„Komödie über Liebe, Sex und Hustensaft“. Produzent Christoph Müller, der uns im vergangenen Jahr schon Plattheiten wie „Feuer, Eis und Dosenbier“ bescherte, verfolgt offensichtlich die Devise: Je flacher, desto besser. Ob diese Vorgehensweise bei „Soloalbum“ zündet, darf bezweifelt werden. Die Fans von Stuckrad-Barre dürften mehr an smarter, intelligenter Unterhaltung interessiert sein, wer das Buch nach dem Kinobesuch liest, dürfte zumindest irritiert sein. Hauptdarsteller Matthias Schweighöfer, unlängst mit der renommierten „Curd-Jürgens-Gedächtnis-Kamera“ für seine Leistungen in dem Fernsehfilm „Die Freunde der Freunde“ von Dominik Graf ausgezeichnet, weiß um die Problematik: „Der Film hält sich nur in den Grundmotiven an das Buch.“ Und so macht sich Schweighöfer alias Ben bei seinen Versuchen, das Herz von Katharina zurückzugewinnen, dermaßen zum Theo, dass man gar nicht hinschauen mag. So bleibt als Lichtblick fast nur der Abspann-Song der Sportfreunde Stiller mit dem bezeichnenden Titel „Ans Ende denken wir zuletzt“. www.soloalbum-derfilm.de