AphexTwin


Berlin, Volksbühne

Englischer Elektronik-Wüstling verwandelt Berliner Theater in Tiefgaragenschlachthof. Na, wenn ’s die Versicherung zahlt…

Es gibt wenige Orte nur, die man sich als Schauplatz eines Aphex-Twin-Konzertes vorstellen kann: einen Schlachthof vielleicht, eine Tiefgarage, einen Truppenübungsplatz. Oder eben ein Theater wie die Berliner Volksbühne, bekannt für ihr angenehmes Ambiente und tägliche Gratwanderungen zwischen Kunst und Wahnsinn. In fünf Stunden waren alle Karten für diesen exklusiven Auftritt ausverkauft. Satanstornade und Whitehouse, die elektronischen Avantgardisten im Vorprogramm, stellen das Publikum dann zunächst auf eine harte Probe – es ist eben ein eher akademisches Vergnügen, völlig strukturlosem weißen Rauschen in aberwitziger Lautstärke zu lauschen. Auch, wenn man sich dabei in den gemütlichen Theatersesseln fläzen und die Hardcore-Fraktion beim Abtanzen vor den DJ-Pulten auf der Bühne beobachten kann. Auf zwei Leinwände werden Nahaufnahmen vom Geschehen projeziert. Aber zu sehen gibt es dann nur einen fürchterlich normal wirkenden Richard D.James alias AphexTwin mit Pferdeschwanz und Vollbärtchen, wie er hier eine Platte auflegt, dort ein paar Tasten auf dem Laptop drückt. Was er da aber mit wenigen Handgriffen auslöst, ist alles andere als gewöhnlich. Los geht’s ganz unspektakulär mit einem blubbernden House-Fluss, der allmählich gebrochen und dekonstruiert wird, bis am Ende ein schrill blitzendes Inferno aus gequälten Schaltkreisen und detonierenden Bässen fast physisch greifbar im Raum steht. Das muss man hören, um es zu glauben. Tanzen lässt es sich auf diesen jenseitigen Soundtrack zur Vorhölle nicht, aber Zucken und Winden, wie es sich für eine Vorhölle gehört. Für zwei recht unglaubliche Stunden ist die Volksbühne Schlachthof, Tiefgarage und Truppenübungsplatz in einem. Nicht von dieser Welt.

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