Fever Ray
Plunge
Rabid/PIAS Coop
Sex und Perversion, Liebe und Nation: Karin Dreijers Dark-Electronica wird persönlich.
PLUNGE ist ein interessanter Titel. Im Englischen steht das Wort für das Eintauchen in eine Materie. Börsenmenschen bezeichnen als „Plunge“ einen Kursabsturz, wie das Einstechen in eine Blase, die dann platzt. Karin Dreijer liebt solche Doppeldeutungen, wie sie es überhaupt liebt, wenn sich Sinnzusammenhänge verschieben. Was zum Beispiel passiert, wenn man sich verliebt. Was sie offenbar zugelassen hat.
Dieses Zulassen der Liebe ist ein wichtiger Einschnitt in das Leben dieser Künstlerin, der Kontrolle so wichtig ist – und die weiß, dass Liebe das Leben unkontrollierbar macht. Viele Songs von PLUNGE (erscheint erst am 23. Februar physisch) handeln von diesem Dilemma, der Wille zur Liebe ist jedoch erkennbar, es geht entsprechend körperlich und explizit zu: „I want to run my fingers up your pussy“, heißt eine Zeile der Single „To The Moon And Back“.
Die Musik dazu ist munter-vertrackt, man kann dazu tanzen und mitsingen: Das ist der Pop-Moment auf PLUNGE. „Falling“ ist einer der Gegenpole. Gilt die Arbeit mit ihrem Bruder Olof als The Knife als Projekt auf der Schnittstelle zwischen Kunst und Dance, hat sich Karin unter dem Namen Fever Ray neben Zola Jesus als eine der Ikonen des Neo-Goths etabliert.
Der sich reibend vorwärts schiebende Industrial von „Falling“ stärkt diese Position, „This Country“ ist eine Dystopie des Verhältnisses zwischen sexuellem Subjekt und kaputter Nation, im Zentrum steht der Begriff der Perversion, man könnte Bücher über dieses Thema schreiben. Wesentlich unmittelbarer ist „IDK About You“, es handelt vom Moment, wenn der erste Sex unausweichlich wir, neugierig und heiß klingt Fever Ray hier, wie ein Flummi auf Speed – wie Bow Wow Wow im Tinder-Zeitalter.