Adam Green & The Gnomes
"Ironie", Rampensau-Getue, Drolligkeit und ein kleiner Eklat: Beim Ex-Everybody's-Darling ist was geboten. Und freilich: Hits, Hits, Hits.
Der kritische Punkt kam nach etwa zwei Dritteln des Hauptsets, und für Sekunden bestätigt er diejenigen im Publikum, die sich spätestens seit den Adam-Green-Overexposure-Festwochen zur Veröffentlichung von GEMSTONES im Januar fragten, ob der New Yorker vielleicht weniger ein sympathisch-genialischer Querkopf als vielmehr ein überschätzter, arroganter Bengel ist, in ihrer schlimmsten Befürchtung: Der Kerl ist zynisch!
Der kleine Skeptiker im Hinterkopf hat schon zuvor ein paarmal vor sich hin gebrummelt. Gut, der abgeschmackte „Ironie“-Overkill, als Ouvertüre zum Konzert Michael Jacksons „Heal The World“ einzuspielen, das, gestand man ihm zu, ging gar nicht. Und Greens „everyone’s tatking about my penis“-Singsang zwischen Songs war die billige Rampensau-Nummer und hatte die tumben Johler auf ihrer Seite. Aber sein patentiertes linkisches Getanze mit dem ganzen Armgefuchtel, das wohl einerseits daher kommt, daß er als Ex-Gitarrist immer noch nicht recht weiß, wohin mit seinen Händen, und daß er andererseits sehr gut weiß, daß die Mädchen das voll niedlich finden, war doch wirklich ganz drollig. Was heißt „drollig?“ Wollen wir Drolligkeit? Nun, ich kann mit Drolligkeit umgehen. Wir sind hier schließlich nicht bei Lou Reed. Gut, er hätte nicht unbedingt bei „Bunny Ranch“ mit den Händen als Hasenohren am Kopf über die Bühne hopsen müssen. Dafür waren die Hits nur so gerollt, dahergeperlt von Greens stoisch-elegant aufspielender Band The Gnomes (die mit ihren eigenen Songs zwischen dreistimmig gesungenem Folkpop und Weich-Grunge ein recht feines Vorprogramm geboten hatten). Nach etwa acht Songs waren die Gnomes hinausgegangen, und Green hatte mit seiner lädierten Gitarrenschlaghand schwach schrummend drei Songs auf der Akustischen gespielt. Bei dem überraschend berührenden „Can You See Me“ (vom ersten Soloalbum) hatte sogar der dauerkiffende Mitgröler da hinten mal kurz den Rand gehalten.
Dann waren die Gnomes zurückgekommen und Green vor lauter Fanverehrung immer redseliger und übermütiger geworden. Holte irgendwann ein Taschentusch hervor, schneuzte sich lautstark, zeigte das Tuch ins Publikum, „look at all that yellow stuff“. Und warf es dann zusammengeknüllt in hohem Bogen ins quietschende Teenager-Rund, wie ein Geschenk. Der kleine Skeptiker im Hinterkopf verließ unter Protest den Saal, aber dieser Reporter ist froh, vermelden zu dürfen, daß Adam Green ob dieser an Fiesheit schwer zu überbietenden Transgression erkennbar über sich selbst erschrak und sich entschuldigte: „That was terrible. Im sorry.“ Kurve gekratzt, kritischer Punkt überwunden. Dann noch viele Hits gespielt, zwei Zugabenblocks inkl. Publikumswunsch-Abteilung, Covers von „What A Waster“, „Kokomo“ und Velvet Undergrounds „I’ll Be Your Mirror“. Und am Schluß das schöne „Teddy Boys“. Happy-End für diesmal, aber der gute Mann muß wohl aufpassen, daß ihm nicht gewisse Dinge zu Kopf steigen. Zumal der Backlash längst begonnen hat. Das Tempo gab’s übrigens am Tag danach für 60 Euro bei Ebay (nur Spaß, gottlob).
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