Rohbau mit zwei Gesichtern
Fast schienen die Foo Fighters erledigt, weil ihr Boß soviel anderes zu tun hat. Doch das lange Warten hat sich doppelt gelohnt.
„All die gesichtslosen Lagerhäuser auf dem Weg hierher, sind die euch aufgefallen?“, fragt Dave Grohl mit einem listigen Grinsen, als er uns in einem Lagerhaus begrüßt, hinter dessen gesichtsloser Fassade er und seine Foo Fighters gerade an ihrem neuen Album, ach was, Doppelalbum arbeiten. Eine Rockschmiede? Hier? Wo man es am wenigsten erwarten würde: im schier endlosen Valley hinter dem Hollywood-Hügel von Los Angeles, wo sich Einfamilienhaus an Einfamilienhaus reiht, so weit Auge und Tankfüllung reichen? Tja, warum eigentlich nicht.
Noch ist das Haus, wie auch das Album, eine Baustelle und das Fotografieren außerhalb des Anwesens streng verboten. „Sonst campen hier bald die Fans, und wir kriegen Krach mit den Nachbarn“, entschuldigt sich Dave Grohl. Überraschend schmächtig wirkt er, der doch ein Gigant am Schlagzeug ist. Die Schlagzeugspuren sind denn auch das einzige, was es vom neuen Material der Foo Fighters bis jetzt zu hören gibt. Fast schien es, als hätte er seine Band für immer ad acta gelegt, so wie er einmal seiner Vergangenheit bei Nirvana den Stempel aufgedrückt haben muß: „erledigt“.
Mit den Queens Of The Stone Age war er auf Tour, hat sein All-Metal-Projekt Probot auf die Beine gestellt. Und nebenbei noch Zeit gefunden, die Stöcke auf dem neuen Album von Nine Inch Nails zu schwingen. So lange haben die Fans auf ihre Foo FighteTS warten müssen, daß Grohl sie nun mit einem besonderen Leckerbissen verwöhnen will: „Wir planen ein Doppelalbum. Eine Platte wirdklingen, wie es die Fans von uns gewohnt sind, vielleicht sogar eine Ecke härter. Und die zweite Platte wird rein akustisch“, sagt Dave Grohl und grinst dabei wieder sein verbindliches Dave-Grohl-Grinsen, während er uns nicht ohne Stolz durch den zweistöckigen Rohbau führt. Einmal, als er vor uns eine Treppe runtergeht, können wir das tätowierte FF-Zeichen in seinem ausrasierten Nacken sehen.
An den frisch gestrichenen Wänden hängen Schallplatten in Gold und Platin, an einer Pinnwand hängt die Reparatur-Rechnung des örtlichen BMW-Motorradhändlers, hinter Glas taucht das Baby von NEVERMIND nach dem Dollarschein am Haken, in einer Ecke parkt ein riesiges Motörhead-Logo, aus dem Radio der Handwerker nörgeln Latin-Klänge. „Ich hoffe mal“, meint Grohl, „daß uns diese ständige Berieselung nicht unbewußt so sehr beeinflußt, daß wir später auch Salsa-Stücke auf der Platte haben werden“, und heiser kichert irgendwo im Gerumpel ein Gitarrentechniker über diesen Scherz seines Chefs. Wie’s den Foo Fighters geht? Die Stimmung ist gut, könnte besser nicht sein.
Was aber ist nun mit diesen ganzen gesichtslosen Lagerhäusern? „Ich dachte, du wüßtet das“, sagt Grohl und schüttelt über soviel Naivität lächelnd den Kopf: „Hier im Valley werden 99 Prozent aller Pornos weltweit produziert. Und die harmlosen, anonymen Lagerhäuser sind sozusagen die Fabrikhallen dieser Industrie.“
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