Queens of the Stone Age live in Berlin: Massentaugliche Schurken
Am 11. November 2017 präsentierte das Quintett im Velodrom Berlin sein aktuelles Album VILLAINS. Eine Show, die alle begeisterte – und trotzdem ganz und gar nicht aalglatt war.
Rock ist ja so ein herrlich dehnbarer Begriff. Das kann alles sein. Und offenbar spielen die Queens of the Stone Age jetzt auch Rock für alle. Vor dem Berliner Velodrom schieben sich am Samstagabend jedenfalls die kunterbunten Massen Richtung Eingang, natürlich nur mit Taschen in A4-Größe, mehr ist aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt. Gut Bier tankend wird grüppchenweise schon mal „No One Knows“ angestimmt, in einer Art und Weise, als würde es als Hymne bei großen Fußballevents längst die „Seven Nation Army“ abgelöst haben. Als sich dann vor dem Gästelistenhäuschen The Boss Hoss und Wilson Gonzalez Ochsenknecht tummeln, ist die Irritation perfekt. Wann bitte ist aus den selbst ernannten unangepassten Rebellen eigentlich so eine massentaugliche Band geworden?
Gegen 21 Uhr, als sie bereits von „Monsters in the Parasol“ zu „My God is the Sun“ übergehen, drängt sich einem die Antwort regelrecht auf: Queens of the Stone Age sind einfach eine verdammt solide Liveband. Ein so prägnantes Gitarrenspiel, der exponierte Bass und dazu noch Josh Hommes klarer Gesang, der wie ein weiteres führendes Instrument über allem steht. Da gibt es nichts herumzukritteln, das funktioniert so gut aufeinander abgestimmt wie ein Schweizer Uhrwerk.
Josh Homme mag es gerne düster
Überhits von allen sieben Alben wechseln sich ab mit nie als Single veröffentlichten, aber trotzdem allseits liebgewonnenen Songs. Und nach dem ersten Hoch folgt ein melancholisch formvollendeter Mittelteil. Homme kündigt diesen so feierlich wie ein Redner auf einer Hochzeit an: Manchmal sei das Leben düster. Aber das würde eigentlich auch mal ganz okay sein. Dann wird das intensive „I Appear Missing“ angestimmt. Ihm gleitet ein kaum enden wollendes „Villains of Circumstance“ vom aktuellen Album VILLAINS sanft hinterher. Und danach? Wird mit „Little Sister“ wieder zu expressionistischen Tanzeinlagen eingeladen. Sie sind wirklich die Könige der Übergänge.
Auch visuell wissen die Queens Akzente zu setzen: Auf der Bühne sind mannshohe Leuchtröhren verteilt, die dank ihrer gummiartigen Konsistenz hin- und herschwingen, sobald dagegengekickt wird. Beim großen Finale, das nach knapp anderthalb Stunden mit „A Song for the Dead“ angegangen wird, flackert das Licht und wackeln die Röhren wie bei einer Naturkatastrophe.
Und damit am Ende keiner denkt, das wäre hier tatsächlich music for the masses, brechen die Fünf immer wieder den Song ab und neu an. Applaus- und Lachwellen wollen so auch beim Publikum kaum zu einem Schluss kommen. Die Queens of the Stone Age erweisen sich also als solche Schurken, die einen ganz bewusst um einen allzu glatt verlaufenden Abend bringen.