Tomte, Düsseldorf, Zakk
Kuschelrock im Endstadium für fortgeschrittene Grolistadtromantiker: Thees & The Band im Emotionszentrum.
Manchmal ist schon vorher klar, daß hinterher alles prima sein wird: Rogue Wave sind gerade bei der finalen Nummer ihres sommerhimmelwolkenverhangenen Pops angekommen, als eine Handvoll Burschen die Bühne stürmt und hemmungslos mitgrölt. Diese fünf extrem gut Gefusselten sind zusammen Tomte, und weil sie dem Support einen derart feinen Kranz winden, hat man schon mal einen der Gründe auf Tasche, warum man diese Band so am Mögen ist; etliche mehr liefern die fünf Freunde dann in den kommenden anderthalb Stunden. Es ist die längste Klassenfahrt der Welt, und auf ihr wird die Sprache, die Tomte auf HINTER ALL DIE-SEN FENSTERN gefunden haben, ein bis zwei Zacken weiter gedreht: in den Songs von Buchstaben über der Stadt zieht Thees Uhlmann die emotionale Schraube noch ein bißchen mehr an. Von der Herz- OP seines amerikanischen Verwandten Walter singt Thees Uhlmann, von dessen Liebe zu Gail, und auch dem eigenen Emotionszentrum wird in „New York“ eine Kopfkissenburg gebaut; der Typ weiß, wie man Liebe und Leidenschaft in einem Gebinde aus Indiepop und Schrammelrock in Worte packt. „Ein Kuß auf die Stirn /und danke für die Stunden / manßihlt sich, ah habe man die Liebe erfunden“, singt er, und weniger Wohlmeinende sind bei solchen Texten sofort auf Krawall gebürstet. Unterstellen Tomte eine konservative Kuscheligkeit. Bekritteln bei Uhlmann die Absenzgesellschaftspolkischer Brennpunkte. Und vergessen dabei völlig, daß sich Politik selbstverständlich auch im Privaten findet und der Mann – oh Glückes Geschick – einfach so und sehr einfach Lieder darübermacht. Es gilt: Ärmel hochkrempeln, Arbeiterlyrik herstellen. Als talentierter Menschenurnarmer erweist sich Uhlmann auch bei den schätzungsweise ig.96g Zwischenansagen. Ironisch ist er da, schlagfertig und rasend schnell. „Korn Et Sprite“ spielen Tomte noch, das deutsche Antidot zu Oasis‘ „Gin 8t.Tonic“, nach der fabelhaften Single „Ich sang die ganze Zeit von dir“ kommt irgendwann „Geigen bei Wonderful World“, eine der heftigsten Liebeserklärungen, die jemals für und an Musik hergestellt wurden: ein Song als Erste-Hilfe-Kofferund letzter Wille in einem. Und dann hält Thees Uhlmann die letzte seiner Miniatur-Reden.“.Popmusik ist eine demokratische Angelegenheit. Kauft unser Album oder laßt es bleiben. Aber hey – wer, wenn nicht mir?'“ Und genauso ist das: Wer, wenn nicht diese Band? Wo andere erst hinwollen, da kommen Tomte schon her.
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