Zu dritt „einfach am besten“


Ash mussten nach dem Ausstieg von Charlotte Hatherley die Verhältnisse noch weiter durcheinanderbringen, um zu ihrer Form der Perfektion zu finden.

Tim Wheeler ist ganz schön klein. Der Popstar, der bei der letzten Ash-Tournee brennende Gitarren schwingend die Bühnen hart rockte (unter anderem im Vorprogramm von U2), ist ein kleines, schmächtiges Männchen. Ein kleiner Kerl mit Jungengesicht, dem man, steht man ihm am helllichten Tag gegenüber, schon sein Hardrocktattoo auf dem linken Oberarm nicht richtig abnehmen mag- von gestenreich inszenierten Rockstarposen vor Riesenpublikum ganz zu schweigen.

Dieses kleine, schmächtige Männchen steht nun vor uns, nimmt die Sonnenbrille ab und grinst breit und freundlich und einnehmend – und hört damit nicht wieder auf. Auf glühenden Kohlen sitze er, das neue Album TWILIGHT OF THE INNOCENTS ist schon eine Weile fertig und immer noch nicht veröffentlicht, dabei könne er es gar nicht erwarten, dass es endlich richtig losgeht. Da kommt diese kleine Frühlingstour durch Deutschland, auf der Ash gerade unterwegs sind, ganz gelegen, um zum ersten Mal seit neun Jahren wieder zu dritt aufzutreten und vor kleinerem Publikum die neuen Songs auszuprobieren.

Wie reagieren die Leute auf die neuen Sachen? „Großartig!“ Aus Tims Lächeln wird ein Strahlen, und es sprudelt nur so aus ihm heraus: „Ich glaube, sie mögen die neuen Songs echt gern, vor allem ‚Twilight Of The Innocents‘. Damit beenden wir die Konzerte, und live ist das ein echt mächtiger Song. Vorher spielen wir ‚Girl From Mars‘, die Leute rasten aus, und dann bringen wir alle an einen dunklen Ort, womit niemand rechnet, weil wir so einen Song noch nie zuvor gemacht haben. Es bläst das Publikum um! Alle Leute reden nach dem Konzert genau darüber, und es ist einer der Songs, auf die ich am meisten stolz bin. Weißt du, das war so ein verrücktes Studioexperiment. Ich habe ihn am Computer geschrieben und wie bei einem Dancetrack die einzelnen Teile zerschnitten und neu zusammengesetzt, als wären es Legosteine. Nachdem wir den Song dann aufgenommen hatten, mussten wir lernen, ihn zu spielen. „Er lacht. Dass Ash heute Zeit für derlei Experimente haben, liegt daran, dass sie inzwischen ein Studio besitzen – in New York. Nachdem schon Mark Hamilton (Bass) nach New York gezogen war und Rick McMurray (Schlagzeug) seine Heimat Belfast in Richtung Schottland verlassen hatte, entschied sich Tim, auch nach New York zu ziehen. „Ich war so lange in London und hatte den Eindruck, als würde sich in meinem Leben undselbst in der Band nichts mehr tun. Wir mussten die Verhältnisse mal ein bisschen durcheinanderbringen … Das ganze Album handelt letztlich davon, von Stagnation, vom Weitermachen, von der Notwendigkeit, auch mal Unangenehmes hinzunehmen.“

Nachdem Charlotte Hatherley die Band verlassen hatte, entschieden sich Tim, Mark und Rick, in der Urbesetzung weiterzumachen, so, wie in den frühen Neunzigern alles angefangen hatte. Fehlt Charlotte euch ein bisschen? „Wir vermissen sie als Freundin. Ich vermisse es, sie um mich zu haben, weil sie eine so tolle Person ist lindes immer sehr viel Spaß mit ihr gemacht hat… Aber musikalisch? Nein. Dass sie gegangen ist, ist für uns alle besser. Eine Solokarriere ist genau das, was sie wollte, weiter bei Ash zu spielen, hätte sie nur frustriert, und wir sind zu dritt sehr kreativ.“

Tim lächelt immer noch, und bei all der Sympathie, die wir für ihn empfinden, wie er da sitzt, lächelt und lächelt – ein paar unangenehme Fragen müssen wir noch stellen. Wieso klingt die neue Platte so nach frühen Ash? War der heavy Sound vom Vorgänger MELTDOWN nicht erfolgreich genug? Und – habt ihr darüber nachgedacht, die Band aufzulösen, nachdem mit Charlotte ein ja nicht eben untalentiertes Mitglied ausgestiegen ist? Tim ist nicht aus der Ruhe zu bringen: „Niemals. Es ist doch eine perfekte Situation: Ich schreibe die Songs, und die Jungs haben Spaß, sie zu spielen. Wir wollten auch den Sound ändern, und so, wie wir jetzt klingen, sind wir einfach am besten. Ich bin sehr stolz auf TWLIGHT …Es ist eine unserer besten Platten, wenn nicht gar DIE beste“, sagt er. Und lächelt.

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