Interview

Ali471 im Interview: „Zuerst auf türkisch zu rappen, war eigentlich ein No-Go“


Ali471 aus Duisburg enterte den Deutschrap mit einem türkischen Track, dem Viralhit „Hadi Gel Gezelim“. Wir sprachen mit ihm über seinen Weg vom Azubi zum Rapper, die Meinung seines Vaters, sein eigenes Lifegoal und über seine Traum-Feature-Partnerin.

Ali471 spielt noch nicht lange öffentlich im Rap-Game mit, doch hat bereits mit seiner ersten, überwiegend türkischsprachigen Single „Hadi Gel Gezelim“ im Jahr 2019 Millionen Klicks generiert und Props von Rappern wie Capital Bra erhalten. Seine Tracks werden bis in die Kabinen von Arsenal London von Fußballern wie Mesut Özil und Lukas Podolski gespielt. Nachdem Ali471 nun weitere, auch deutschsprachige Rapsongs veröffentlicht hat, trafen wir uns zum Interview und sprachen über seinen Erfolg, sein Traum-Feature und sein Debütalbum ALI, das am 21. Mai erschienen ist.

Die Zahlen in Deinem Künstlernamen Ali471 stehen für die ersten drei Ziffern der Postleitzahl Deiner Heimatstadt Duisburg. Sie ist Dir offenbar wichtig. Warum?

Ali471: Ich sag mal so: Egal wie oft man sagt, man hätte keinen Bock auf das hässliche Duisburg, mag man Duisburg trotzdem. Wir sind hier aufgewachsen, haben Familie und Freunde hier, kennen jede Ecke. Das ist ein Gefühl von Zuhause. Meinen richtigen Namen Ali finde ich geil und dachte mir: „Ey, du brauchst gar keinen anderen Künstlernamen oder Spitznamen.“ Ich wollte immer für meine Stadt stehen, bin stolz darauf aus Duisburg zu kommen. Die Leute hier akzeptieren und feiern das. Deswegen passt der Zusatz 471 perfekt! 

Du bist neu im Rap und aus dem Stand sehr erfolgreich. Deine erste Single „Hadi Gel Gezelim“ hat allein auf YouTube bisher über 80 Millionen Aufrufe erreicht. Hast Du mit diesem Erfolg gerechnet?

Ali471: Davon geträumt habe ich. Und, um ehrlich zu sein, wussten wir alle: Dieser Song ist wirklich krass. Aber dass er nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei zu einem derartigen Viralhit wurde, hätten wir uns nicht vorstellen können.

Warum hast Du Dich dafür entschieden, zuerst einen türkischsprachigen Track zu veröffentlichen?

Ali471: Eigentlich war es ein No-Go für mich, den ersten Song auf Türkisch zu bringen. Weil ich wusste, dass der Switch zu Deutsch danach sehr schwer werden wird. Aber die auf Instagram gepostete Hörprobe kam so extrem gut an, dass wir den dadurch entstandenen kleinen Hype mitnehmen wollten. Der zweite Part hat ja auch noch ein paar deutsche Zeilen – und es hat auch damit Gott sei Dank sehr gut geklappt, mich auch im Deutschrap zu etablieren.

Summer Cem im Interview: „Früher gab es so was wie ein Grundgesetzbuch für Deutschrap“

Single und Musikvideo hast Du selbst auf die Beine gestellt. Wie kam es dazu, dass Du Dir trotz Jobangebot nach Deiner Ausbildung dachtest: „Ich packe jetzt meine Sachen, fliege in die Türkei und drehe diesen Clip“?

Ali471: (grinst) Von außen sieht das Video so schön und professionell aus, aber du hättest mal sehen müssen, wie chaotisch alles ablief! Das war so ein Chaos! Wir sind einfach dahin geflogen. Vom Set bis zum Model und Kameramann, sogar vom Auto bis zum Hotel, indem wir übernachten wollten, war gar nichts geklärt. Wir dachten bloß: „Ja, machen wir schon!“Ich entschied mich für diesen Schritt, weil ich dachte: „Ey, willst du dein Leben wirklich so durchziehen? Wann bist du mal All-In gegangen?! Scheiß auf diesen Job! Mach es einfach! Wenn es später nicht klappt, dann kannst du wenigstens sagen, du hast es versucht!“

Video: Ali471 – „Hadi Gel Gezelim“

Youtube Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Was sind generell die Vor- und Nachteile, unabhängig von großen Plattenfirmen zu agieren?

Ali471: Ein Vorteil ist, dass man ein bescheideneres Leben führt. Vielleicht hat man auch gewisse Sorgen nicht, die andere haben, dafür deine eigenen. Du musst auf alles aufpassen und darfst manchmal nicht emotional auf Themen reagieren. Ich musste mich auch bei manchen Sachen raushalten, weil ich ein Vorbild für Kinder und meine Fans bin, denen ich nichts Falsches mitgeben darf.

Zum Beispiel?

Ali471: Ich passe darauf auf, dass weder Drogen noch Alkohol in meinen Musikvideos zu sehen sind. Klar passiert es mal, dass man darüber rappt, aber ich bin jetzt kein Künstler, mit dem man das verbindet. Aber der schlimmste Nachteil ist meiner Meinung nach, dass ich weniger Zeit mit meinen Eltern verbringe. Und wenn ich mal Zeit habe, können wir nicht richtig rausgehen, ohne dass Fotos gemacht werden. Von mir kann man ruhig Fotos machen, weil ich eine Person des öffentlichen Lebens bin. Aber es gibt immer wieder Menschen, die nehmen den ganzen Tisch auf und dann sieht man meine Mutter oder meine Schwester und das geht gar nicht.

Musikexpress.de: Dein Vater wünschte sich, dass Du studierst. Wie hat er darauf reagiert, dass du lieber Rapper werden wolltest?

Ali471: Das war ein ewiger Krieg, weil es einfach nicht in seinen Kopf ging. Was ich auch verstehe. Er hat sich gefragt, wie ich mit Musik Geld machen will. Als ich dann den Song gebracht habe, stand mein Vater hinter mir. Aber er hat mir ständig verklickert realistisch zu bleiben. Trotz der hohen Klicks hat er nicht verstanden, wie daraus Geld kommen soll. Für ihn ist das eine komplett neue Welt. Aber als die erste Auszahlung kam, hat er’s schon begriffen. (lacht)

Sero im Interview: „Viele Rapper sind nur noch Karikaturen von Menschen“

Deine vor dem Album veröffentlichten Songs waren bereits sehr facettenreich. Du hast selbstbewusste und motivierende Singles, aber auch tiefgründige und romantische. Woher diese Bandbreite?

Ali471: Ich schreibe über das, worauf ich gerade Bock habe. Oder darüber, wie ich mich fühle. Facettenreichtum ist mir wichtig. Weil ich es satt habe, dass ein Künstler zehnmal den gleichen Song macht. Ich will, dass die Fans so viele Seiten wie möglich von mir erleben.

Hast Du Dein Album deswegen auch nach Dir selbst benannt?

Ali471: Ja, ich wollte den Fans einfach mehr von mir geben. So können sie mich besser kennenlernen. Ich habe gar nicht viel darüber nachgedacht, sondern wollte es wirklich einfach halten.

Worauf hast Du bei der Albumproduktion am meisten geachtet?

Ali471: Eigentlich nur auf Qualität. Die war für mich das Wichtigste. Man merkt das auch an den beteiligten Produzenten und an unseren Videos. Viele Songs, die ich persönlich sehr feiere, haben es nicht aufs Album geschafft, obwohl sie krass stark sind. Ihnen fehlte der Effekt von: „Ey, das ist dein erstes Album!“

Du hast ja mit Young Mesh und Juh-Dee zusammen gearbeitet. Wie kam es dazu?

Ali471: Das sind auch Duisburger! Die sind wie ein Sechser im Lotto, denn das Studio ist direkt um die Ecke. Schon mein erster Song wurde von Young Mesh gemixt, nachdem wir ihn darum baten. Nachdem wir das Ergebnis hochgeladen hatten, rief er mich eine Woche später wieder an. Und so kam es, dass Juh-Dee und Mesh schließlich fast das ganze Album produziert haben. Wir unternehmen auch sehr viel Privates und quatschen über Gott und die Welt.

Jalil im Interview: „Ich sehe meine Musik als Dokumentation der Realität“

Warum findest Du selbst Dein Debütalbum gut?

Ali471: Weil darauf so viele Themen angesprochen werden. Es gibt emotionale und hitverdächtige Songs, es gibt Texte mit Vorbildfunktion. Mit „Goalgetter“ gebe ich den Kids die Botschaft mit, die Finger von den Drogen zu lassen. In „Tränen“ unterstreiche ich, dass man seine Familie wertschätzen sollte. Und dann gibt es natürlich auch Songs wie „Harbi“, die komplett nach vorne in die Fresse gehen.

Hast Du einen Lieblingssong?

Ali471: Ich glaube es ist „Regen“, weil der Song in einem magischen Moment entstand. Mesh und ich waren allein im Studio. Ich sagte, dass wir mal was komplett anderes machen müssen. Also hat er sich an den Beat gesetzt und der erste Versuch war schon perfekt. „Ey Bruder, der wird krass!“, sagte Mesh – und sowas hörst du selten von ihm. Auch der erste Versuch die Hook einzusingen, hat direkt geklappt. Sie passte wie die Faust aufs Auge. Innerhalb von einer halben Stunde war der Song fertig. Und dann hat Mero noch seinen Part drauf gepackt, weil auch für ihn kein anderer Song in Frage kam.

Video: Ali471 – „Regen“

Youtube Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Hast Du ein Traum-Feature?

Ali471: Ja! (lacht) Es klingt eigentlich utopisch, aber wir glauben an diesen Traum. Irgendwann wird er wahr werden! Es wäre ein Feature mit meiner Kindheitsliebe… mit der lieben Selena Gomez.

In welcher Sprache?

Ali471: Ich könnte für einen monstermäßigen türkischen Part sorgen. Vielleicht würde ich ein bisschen Deutsch einbringen – und sie könnte natürlich sowohl Spanisch als auch Englisch draufflexen. Dann hätte man so einen krassen Song! Die Mischung aus Spanisch und Türkisch gab es bisher auch nicht so oft. Und optisch passt das auch! Was sagst du? (lacht)

Wo stehst Du in ein paar Jahren?

Ali471: An der Spitze! Safe! 

An der Spitze des Deutschraps?

Ali471: Menschlich! Damit meine ich einfach das, was ich den Leuten wiedergebe, von der Attitüde und vom Vibe her. Na klar soll es immer noch um Musik gehen, aber auch viel weiter hinaus. Dass man einfach so krasse Supporter hinter sich hat, dass man sich eigentlich alles erlauben könnte, aber es trotzdem nicht macht.

Ahzumjot im Interview: „Bei Majorlabels bist du als Künstler nur ein Angestellter“

ALI von Ali471 im Stream hören:

Spotify Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Spotify
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.