Alles Roger, Witt-Acker


„Ein anderer Witt“so leitete nach Erscheinen der 83er LP MÄRCHENBLAU Kollege Willi Andresen ein Kurzporträt des „Goldenen Reiters“ ein. Mittlerweile ist Joachim 35 und schon wieder „ein anderer Witt“. Nicht mehr märchenblau-sanft, sondern auf den ersten Blick „so ein bißchen auf dem Macho-Trip. Alles andere ist so verwässert. „Martialisch in Leder gehüllt, verbreitet Joachim auf dem LP-Cover vor einer rotgeschweiften Düsenjägerformation „Jetzt ist alles zu späf‘-Stimmung. Er ist sich im klaren, daß“.so eine hauptquartiermäßige Präsentation sicher einigen Leuten nicht gefallen wird. Wenn deutsche Musiker nicht so aussehen wie Klaus Lage, dann findet ja so mancher das gleich beschissen.“

Trotz der teils aggressiven Musik auf MIT RUCKSACK UND HARPUNE erweist sich die Wittsche „Knüppelhart“-Pose als ein ambivalentes Spielchen, militant auf eine ganz und gar unmilitärische Weise: “ Gewisse Manierismen linde ich gut. weil sie einem den nötigen Abstand zu sich selbst verschaffen! ich will immer ganz bewußt mit gewissen Dingen arbeiten.“ Rollenspiel statt Selbstporträt.

Einigermaßen geplättet hat mich ein Satz, mit dem Joachim Witt jede nähere Auseinandersetzung mit seinen Lyrics für überzogen erklärt: „Die Texte mach‘ ich eigentlich nur. weil es ohne nun mal nicht geht! Es kommt mir dabei vor allem auf die Atmosphäre an. Phonetik und Rhythmik müssen stimmen. Auch beim Phrasieren hat das Musikalische Vorrang, nicht die Aussage.“ Und worauf kommt es ihm dann bittschön bei der Musik an? „Ich war immer schon Hit-orientiert auch als Hörer. Meine LPs will ich so autbauen, daß jeder Song die Qualität einer Single hat. “ Was noch lange nicht heißt, daß Witt sich fremden Erwartungen anpassen will: “ Ich frage mich, worauf ich reagiere. Was mich anmacht, das macht sicherauch andere an.“ Weniger über den Kopf, als über den Bauch: “ Man muß sich zu jeder Nummer bewegen können! Ich wäre glücklich, wenn MIT RUCKSACK UND HARPUNE in Discotheken gut ankommt.“ Daß er auffallend junge Fans hat, ist ihm durchaus recht: “ Verehrung wäre mir nur unangenehm.

Da ist mir ein eher zufälliges Verliebtsein, das mit den Moden wechselt, schon lieber.“ Bleibt zu hoffen, daß ihm die „launischen Youngsters“ denn doch die Treue halten. Denndervom Erfolg des Goldenen Reiters verwöhnte Sänger gesteht unumwunden: “ Es macht mir schon extrem was aus, wenn nichts passiert.“