AnNa R.: Leben und Tod der ehemaligen Rosenstolz-Sängerin

Von ihren Anfängen bis zum Erfolg mit Rosenstolz und mehr: Ein Blick auf Leben und Werk von AnNa R.


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Trauer um AnNa R.: Die ehemalige Rosenstolz-Sängerin und Solokünstlerin ist unerwartet im Alter von 55 Jahren gestorben. Wir werfen einen Blick auf ihr Leben, ihre Karriere und ihren traurigen Tod.

AnNa R.: Kindheit und Anfänge

AnNa R.  wurde am 25. Dezember 1969 als Andrea Rosenbaum in Ost-Berlin geboren. Den Wunsch, Musikerin zu werden, hatte sie schon früh, sang bereits in jungen Jahren. So ganz einfach war das für sie in der DDR nicht – zu allem Überfluss wurde sie auch noch von der Musikschule Friedrichshain bei der Aufnahmeprüfung abgelehnt. Sie hatte sich damals für einen Song von Whitney Houston als Prüfungsbeitrag entschieden und stieß offenbar auf mäßige Begeisterung. Sie entschied sich für einen pragmatischen Berufsschritt, absolvierte eine Ausbildung als Chemielaborantin. Die Musik blieb ihr dennoch als Hobby erhalten, sie nahm Musikstunden. Später arbeitete sie als Musikalienhändlerin.

Treffen mit Peter Plate

Ende der 1980er kam es zu einem schicksalhaften Zusammentreffen: Sie lernte Peter Plate kennen. Die beiden wollten eigentlich in andere musikalische Richtungen. Sie zog es zum Chanson und zum Jazz, ihn zum Pop. Die Chemie stimmte aber. Plate erinnerte sich nach Annas Tod: „Ich werde unseren ersten gemeinsamen Abend niemals vergessen. Wir tranken Schaumwein, du erzähltest mir, du wolltest Jazzsängerin werden, und ich wollte Popmusik machen. Noch in derselben Nacht gingen wir zu mir und nahmen einen Song auf – ich war hingerissen von deiner Stimme, von deiner Art zu singen, von deiner Gabe, jedes unserer Lieder in die schönsten Farben zu hüllen.“ Die Chemie zwischen den beiden passte – aus einem gemeinsamen Song wurde eine gemeinsame Band. Und sogar eine schon bald sehr, sehr erfolgreiche. Rosenstolz waren geboren.

Rosenstolz: Anfänge

Die beiden trafen sich regelmäßig in Plates Berliner Küche und arbeiteten an ihrem Debütalbum SOUBRETTE WERD ICH NIE, das 1992 veröffentlicht wurde. Mit mäßigem Erfolg: Das Radio ignorierte den Pop-Chanson-Mix der Band zunächst. Vier Jahre später wurde das Album vom Major-Label Polydor neu veröffentlicht. Dem zweiten Album NUR EINMAL NOCH war ebenfalls kein großer Erfolg beschieden – aber die Band blieb beharrlich, die Shows wurden, genau wie die Fangemeinde, größer. Für das vierte Studioalbum OBJEKT DER BEGIERDE im Jahr 1996 unterschrieb die Band bei Polydor. Es folgten Alben wie DIE SCHLAMPEN SIND MÜDE und ZUCKER. Die Band erfuhr 1997 durch die Teilnahme am deutschen Grand-Prix-Vorentscheid einen Popularitätsschub, das Album stieg ein halbes Jahr später in die Charts ein.

AnNa R.: Ruhm mit Rosenstolz

Die Beharrlichkeit zahlte sich für AnNa R. und Peter Plate aus. ZUCKER schaffte es bis auf Platz 2 der deutschen Albumcharts. Der vorläufige Höhepunkt kam 2022: KASSENGIFT erreichte Platz 1 der Albumcharts, Rosenstolz waren Stars. Für die Single TOTAL ECLIPSE/SCHWARZE WITWE arbeiteten Rosenstolz mit prominenten Duettpartner:innen zusammen: Nina Hagen und Marc Almond.

„Bei einem seiner Konzerte hat ihm ein Journalist eine CD von uns gegeben. Marc war so begeistert, dass er uns ein paar Tage später anrief, und so entstand die Idee zur gemeinsamen Aufnahme von TOTAL ECLIPSE“, erinnerte sich AnNa R. in einem Interview.
Das erfolgreichste Album von Rosenstolz sollte 2006 DAS GROSSE LEBEN werden. Es erreichte Platz 1 der deutschen Albumcharts, wurde mit fünffach Gold ausgezeichnet und verkaufte sich über eine Million Mal. Es enthält Hits wie ICH BIN ICH (WIR SIND WIR) und LIEB MICH, WENN DU KANNST.

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AnNa R. und Rosenstolz waren in der queeren Szene sehr beliebt, insbesondere in Deutschland. Die Band machte sich stets für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung stark. Sie waren außerdem aktive Unterstützer von Organisationen wie der Aidshilfe.

Die Aidshilfe schreib in einem Posting zu ihrem Tod: „Seit den frühen 90er-Jahren setzte sich AnNa R. mit Herz und Stimme für Menschen mit HIV und Aids ein und ist eine der Mitbegründer*innen des Kuratoriums der Berliner Aids-Hilfe. Ihre Solidarität war nicht nur ein Lippenbekenntnis – sie war aktiv vor Ort, unterstützte Benefizkonzerte und gab denen eine Stimme, die in unserer Gesellschaft oft übersehen wurden. Legendär und unvergessen sind ihre Konzerte unter anderem in der Wuhlheide und den Columbia-Hallen. Es waren nicht nur Konzerte, sondern Familientreffen.“

Dann heißt es im Posting weiter: „Und diese Familie unterstützte die Hilfsangebote der Berliner Aids-Hilfe mit großartigen Spendensammlungen, aus denen sich wiederum viele kleinere Aktionen und Aktivitäten ergaben. Mit Liedern wie LIEBE IST ALLES oder ICH BIN ICH (WIR SIND WIR) vermittelte sie ein Gefühl von Zusammenhalt, Mut und Akzeptanz, das weit über die Musik hinausging.“ Dem Duo wurde 2011 für seinen Kampf gegen Aids und den Einsatz für die Betroffenen das Bundesverdienstkreuz verliehen.

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Die Projekte danach

2012 legten Rosenstolz die Band auf Eis, nachdem Peter Plate ein Burnout erlitten hatte. Dennoch wurde eine Auflösung damals ausgeschlossen. Kurz darauf widmete sich AnNa R. ihrer neuen Band Gleis 8, die bereits 2013 ihr Debütalbum BLEIBT DAS IMMER SO veröffentlichte. Zuvor, im Jahr 2005, sang sie außerdem als Gastsängerin bei der bekannten Band Silly. Viele Jahre später, nämlich 2021, erschien das Album INSTANDBESETZT, auf dem sie sich das Gesangsmikro gemeinsam mit Jule Neigel teilte.

AnNa R. mit Rosenstolz-Partner Peter Plate im Jahr 2008
Marco Prosch Getty Images

2023 veröffentlichte sie ihr Solo-Album KÖNIG:IN, mit dem sie anschließend tourte. Bei den Konzerten sang sie neben Solo-Songs auch Lieder von ihren anderen Projekten. Ihre letzte Show spielte sie am 20. März 2024 im Metropol Theater in Bremen. Der letzte Song, den sie jemals performte, war das Solostück GUTE NACHT. „Ich steh‘ an deiner Seite, seh‘ dir beim Schlafen zu / Bis in den nächsten Morgen bewach‘ ich deine Ruh‘ / Erwachst aus deinem Schlafe, werd ich nicht mehr bei dir sein / Erzählt der kalte Morgen dir von meinem Gruß allein“, heißt es darin.

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Die letzten Zeilen: „So wünsch‘ ich dir noch einmal eine gute Nacht / Damit du weißt, ein letztes Mal, an dich hab‘ ich gedacht / An dich hab‘ ich gedacht, an dich hab‘ ich gedacht.“

AnNa R.: Privatleben

2002 heiratete AnNa R. ihren langjährigen Partner, den MTV-Senior-Producer und Regisseur Nilo Neuenhofen, der in vielen Rosenstolz-Videos Regie führte. Er verstarb 2023.

AnNa R.
Jakubaszek Getty Images

AnNa R.: Ihr unerwarteter Tod

Am Sonntag, dem 16. März 2025, wurde AnNa R. leblos in ihrer Wohnung in Berlin-Friedrichshain gefunden. Man konnte nur noch ihren Tod feststellen. Ein Fremdverschulden sei nicht gänzlich auszuschließen, meldet die „Berliner Morgenpost“ mit Berufung auf Polizeiinformationen. Allerdings würden die in der Wohnung gefundenen Spuren der Leiche nicht auf ein Verbrechen mit massiver Gewalteinwirkung hindeuten. Wie die Zeitung weiter mit Verweis auf Polizeiinformationen meldet, habe man aufgeschnittene Pulsadern oder Messerverletzungen nicht feststellen können. Die Leiche von AnNa R. sei mit etwas Blut vor dem Mund gefunden worden. Das allein liefere aber noch keine Erklärung für die Todesursache. „Vieles deutet auch darauf hin, dass sie schon eine gewisse Zeit dort gelegen hat“, so ein Ermittler weiter. „Mindestens ein paar Tage.“ Die Zeitung meldet weiter, dass AnNa R. schon seit Längerem erkrankt gewesen sei.

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Trauer um AnNa R.

Nach ihrem Tod zollten ihr etliche Prominente aus Kunst und Politik Tribut. „Sie hat uns mit ihrer Musik bewegt, getröstet und gestärkt“, schrieb Grünen-Politikerin Claudia Roth. „AnNa R. hat uns mit ihrer Kunst gezeigt, dass das Leben aus Höhen und Tiefen besteht, dass man weitermachen muss, egal wie dunkel es manchmal ist. Ihre Stimme war voller Kraft, voller Sehnsucht, voller Leben. Ihre Musik bleibt – und mit ihr die Erinnerungen an ihre unnachahmliche Präsenz, ihre Leidenschaft, ihre Energie.“

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Der ehemalige Berliner Kultursenator Klaus Lederer schrieb: „Sie hat den Sound geliefert, in dem ich mich als ‚Jungschwuppe‘ wiedergefunden habe. Auch, als meine Beziehung krachte. Ich habe das immer wieder gehört und es war, was ich empfand. Auch wenn ich mit ihm immer noch zusammen bin: AnNa, du bist nicht mehr. Es ist ein verdammter Jammer.“

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Auch die Band Silly meldete sich zu Wort. „Mit AnNa R. ist wieder eine Ausnahmekünstlerin gegangen und ein Mensch, der mit seinem stetigen Engagement und vor allem mit der Musik vielen Menschen über lange Zeit Halt und Mut gegeben hat. AnNa – Du wirst fehlen, Deine Stimme wird fehlen!“, schreibt die Band unter anderem.