„Aquaman“-Kritik: Wie „Austin Powers“ ohne Humor
Das Superhelden-Genre hat sich in den vergangenen Jahren eigentlich in spannende Richtungen bewegt. „Aquaman“ verweigert sich aber dem Trend, hier gibt es nur seelenlose Effektwelten und Figuren aus einer anderen Ära des Kinos.
Regisseur James Wan hat „Aquaman“ vor einiger Zeit in einem Interview als seine Unterwasser-Version von „Star Wars“ bezeichnet. Ein kluger Schachzug, denn dieses Statement war ein gefundenes Fressen für all die Franchise-süchtigen Blogs und Webseiten dieser Welt, die nun sogar Superhelden und „Star Wars“ in einer Überschrift vereinen konnten. „Aquaman“ hat durch solche größenwahnsinnigen Aussagen des Regisseurs und dem folgenden widerspruchslosen Nachplappern so viel Vorschuss-Promo bekommen, dass der Film nahezu garantiert ein großer Erfolg für das im Superhelden-Segment gebeutelten Studio Warner Bros wird. In China hat er bereits nach einem Wochenende 250 Millionen Dollar eingespielt, in den USA und Deutschland startet er in den kommenden Tagen.
Hirn aus, Augen auf
Balsam für Warner Bros und DC Comics, deren vorherige Effektschlachten „Suicide Squad“ und „Justice League“ als Fehlschläge gelten, denen bis auf „Wonder Woman“ in den vergangenen Jahren wenig gelang – vor allem mit Blick auf die Konkurrenz von Marvel. 2018 wird deshalb alles auf „Aquaman“ gesetzt, Regisseur James Wan soll, wenn schon keinen guten Film, einen sicheren Kassenhit abliefern. Wan kennt sich mit Franchises aus wie kein anderer, er drehte „Saw“, „The Conjuring“ sowie „Fast & Furious 7“. Der in Malaysia geborene Australier kennt sich also aus mit Blockbustern und hat vor allem mit „Fast & Furious 7“ gezeigt, wie man einen schlechten Film trotzdem an den Mann bringt.
„Aquaman“ ist dem Raser-Franchise tatsächlich sehr nahe. „Hirn aus, Augen auf“ ist auch in Wans Unterwasser-Krawall das Motto, Physik und glaubhafte Figuren werden gegen durchtrainierte Körper und knallbunte Computerwelten getauscht.
Die halbwegs von „Thor“ geklaute Story: Aquaman (der sympathische, aber miese Schauspieler Jason Momoa) soll zurückkehren nach Atlantis, um dort die Herrschaft seines Halbbruders Orm zu beenden. Dieser möchte die Königreiche der sieben See vereinen und einen Krieg gegen die Menschen an Land anzetteln. Orm schiebt die Verschmutzung der Meere als Grund für den Krieg vor, ist aber eigentlich nur ein ziemlicher Arsch, weshalb er die anderen Könige der Meere auch mit einem fiesen Trick und mit der Hilfe eines modernen Piraten auf seine Seite zieht. Der Pirat baut sich in der Mitte des Films übrigens einen Helm mit Laseraugen… So viel zu Sinn und Verstand dieser Story.
Aquaman muss in der Wüste einen Dreizack suchen, findet Rat bei Willem Dafoe, der sich hier einen Gehaltsscheck dadurch verdient, dass er auf einem digital animierten Hammerhai reitet, während die normalen Soldaten von Atlantis lieber Weiße Haie mit Laserkanonen an der Seite verwenden – Dr. Evil aus „Austin Powers“ würde vor Neid erblassen. James Wan, man ahnt es schon, inszeniert für viel Geld aus Computern gepressten Blödsinn, reiht Action-Szene and Action-Szene, würzt mit Sprüchen aus den 80ern und lässt Johnny Depps Ex-Frau Amber Heard im nassen, hautengen Kostüm im Bild herumstehen. Popcornkino aus einer vergangen Zeit, seelenlos und ohne Interesse an der eigenen Welt.
In der Unterwasserwelt Atlantis gibt es nicht viel Interessantes zu sehen, nur Grelles: Ein Gladiatorenkampf in einem Feuerring, sich gegenseitig fressende Monster und futuristisch aussehende U-Boote, die gefühlt auch nicht schneller sind als Aquaman selbst, denn der ist schon seit seiner Kindheit mit Delfinen geschwommen und dabei so glücklich aus dem Wasser gesprungen wie einst Rob Schneider. Generell scheint es so, als sei „Aquaman“ eine Parodie auf sich selbst – doch warum schauen alle Schauspieler, darunter übrigens auch Dolph Lundgren, dann so verdammt ernst? Inszenierung und Dialog gehen hier sehr weit auseinander. „Aquaman“ hat die Seriosität und den Charme eines VW-Tuning-Treffens, zielt aber wahrscheinlich auch auf genau dieses Publikum.
Mit seiner eingangs erwähnten „Star Wars“-Aussage hat Regisseur James Wan insofern recht, als dass sich sein Film anfühlt wie eine zweistündige Version der Verfolgungsjagd auf Coruscant in „Episode II: Angriff der Klonkrieger“. Damals dehnte George Lucas die Regeln der Physik ins Unendliche, wodurch jegliche Spannung aus der Sequenz verschwand, schlechter Dialog begleitete das Geschehen – es waren vielleicht die schlimmsten Minuten der „Star Wars“-Geschichte.
„Aquaman“ startet am 19. Dezember 2018 bundesweit in den deutschen Kinos.