Auf alle Welt zu pfeifen
So was hat man selten erlebt. Wir sind doch alle abgefeimte Musikexperten, jeder Melodiebogen, den die angloamerikanische Popkultur hervorgebracht hat, ist abgespeichert in unseren Hirnen, wartend auf Abruf! So hat sich das wohl auch der Leser Andreas R. vorgestellt, der letzthin eine Wav-Datei mit einem eigenhändig eingepfiffenen Melodiefetzen mailte: Was ist das für ein Lied? „Es wäre wunderbar“, schreibt R.,“wenn Ihr mir den Titel und den Interpreten mai/en konntet.“ Nun fiele uns das schon schwer genug. Denn selbst, wenn wir wüssten, wer der Interpret ist, würde er/sie sich doch schwerlich bereit erklären, sich von uns Nasen hier ins Münsterland mailen zu lassen- mal ganz abgesehen von dertechnischen Machbarkeit eines solchen Vorhabens. Allein, das ist momentan gar nicht das Hauptproblem. Denn; Wir kommen auch nicht drauf. Es ist zermürbend. Nachdem es schon beim letzten Schweine-Am-Samstag-Abend während des Sets der Cast-DJanes erschütternd-intime Geständnisse unter Kollegen gegeben hatte {„Was ist denn das, ujas da grad läuft?“ -„Keine Ahnung. Müssten mir eigentlich wissen, gell?‘-,Ja. Hoffentlich fragt keiner.‘).
ist man jetzt etwas beunruhigt. Das Schlimme ist; Ich kenne diese blöde Melodie, ich pfeife sie sogar manchmal vor mich hin; es muss irgendein Mittelteil sein – ich tippe auf so was 6os-Tom-Jones-mäßiges -, und wenn wirden Refrain hören würden, würden wir wahrscheinlich alle tot umfallen: den SOOO! Es werden auch keineeinschlägigen Internet-Liederkennungsseiten oder so ausgecheckt, weil jeder wohl insgeheim hofft, doch noch selber draufzukommen- und wie heldenhaft wäre das denn? So laufen Leute, das Mysterylied pfeifend, über den Gang und alle Naslang wird irgendwo die Wav-Datei abgespielt. Und das am „Tag gegen Lärm“! Ganz recht. Während ich dies schreibe, 25.4.2007. rüttelt draußen in der Welt der international NoiseAwareness Day die Menschen auf, und das nicht zum ersten Mal: „Es ist soweit“, schreiben die Initiatoren auf ihrer Website, „Der Tag gegen Lärm wird 10 Jahre alt! Und wird noch älter werden (müssen).“ Ich rätsle gerade, durch welche Raumzeitkrümmung oder was auch immer diese Wahnsinnsknaben das hingekriegt haben, dass dieser eine Tag für die jetzt schon zehn Jahre dauert (ja, heute ist außerdem mein PersönlicherTagfürStilblütenfrüherkennung), da schreckt mich ein noise aus meiner aufkeimenden awareness. Ein fauchendes Rauschen kommt aus dem Büro des Chefs! Was ist denn mit dem passiert? Bzw. was macht der da drin? Einen Heißluftballon aufpumpen? Das wäre nun wirklich die Höhe. Oh nein, das Geräusch kommt aus dem Hinterhof! Pumpen die da…? Nein, es sind nurzwei Männer, die mit Gasbrennern-ähnlich denen, die in Heißluftballons verwendet werden-das Gras in den Ritzen des Parkplatzpflasters annihilieren. Ich fmd’s total wichtig, dass das gemacht wird. Wo kämen wir hin, wenn das Ritzengras wuchern dürfte, wie es ihm passt? Vor allem auf so einem halbvergessenen Hinterhofparkplatz? Außerdem sichern solche Maßnahmen die Arbeitsplätze Hunderter, ach wo: Zweihunderter Parkplatzpflasterritzengrasverbrennungsmännerdeutschlandweit. Was ich schön finde: Die Gerauscherkennung funktioniert bei mir noch ganz gut. Wenn ich dran denke, dass gewisse Radiosender ihre Hörerschaft damit unterhalten, ihnen ganze Nachmittage lang ein Geräusch zum Erraten vorzuspielen, und keiner kommt drauf. Da war ich der King. Aber das bringt Andreas R. auch nicht weiter. Und mich.