Erster Eindruck

Auftakt der 2. Staffel von „Snowpiercer“ bei Netflix: Extrarunde durchs endlose Eis?


Der „Snowpiercer“ rollt wieder an! Im Überlebenskampf gegen die Kälte draußen und Ungerechtigkeit drinnen setzt die zweite Staffel auf neue Feindbilder, baut dabei aber auf bekannte Handlungsstränge. Die Fahrt durch die Dystopie scheint im Kreis zu verlaufen.

+++ Achtung, Spoiler zu Staffel 1 +++

Ein neuer Zug taucht am Horizont auf und weckt die Hoffnungen der Passagiere. Doch was sich Layton (Daveed Diggs) und seinen „Tailies“ offenbart, ist ein Schlag ins Gesicht. Statt der ersehnten Rettung durch den mysteriösen Mr. Wilford (Sean Bean) müssen die Überlebenden ihre Vorräte der Besatzung des zweiten Zuges übergeben. Ein Hilfeakt sieht anders aus!

Layton ahnt, dass sich der vermeintlich generöse Mr. Wilford keineswegs für ihre Rettung interessiert. Auch Melanie (Jennifer Connelly) weiß um die dunklen Absichten ihres Vorgesetzten und muss sich für eine Seite entscheiden: Ist sie für den Mann, der die Macht über den „Snowpiercer“ besitzt, oder schließt sie sich der Revolte Laytons an?

Schleppendes Anfahren zum Auftakt

Das Finale der ersten Staffel „Snowpiercer“ hat die Zuschauer*innen mit einem eiskalten Cliffhanger zappeln lassen. Ein zweiter Zug, eine weitere Gesellschaft und Melanies totgeglaubte Tochter Alex (Rowan Blanchard) bildeten den Abschluss, der nun nahtlos wieder aufgegriffen wird. Ohne Schauplatzwechsel oder Zeitsprünge geht der Kampf ums Überleben in der gefrorenen Landschaft weiter.

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Doch wer die erste Folge schaut, wird sich schnell die Frage stellen: Dreht der Zug jetzt eine Extrarunde? Mit dem Auftauchen von Mr. Wilford wird der rebellierenden Gruppe der „Tailies“ zwar ein neuer Gegner vor die Nase gesetzt. Nachdem sie den Kampf gegen die Ungerechtigkeit und das Zwei-Klassen-System erfolgreich gewonnen haben, wird durch das Ankoppeln des zweiten Zuges die alte Storyline aber einfach verlängert. Gemeinsam mit dem Servicepersonal, das von Ruth Wardell (Alison Wright) angeführt wird, stehen Layton und seine Truppen nun weitere Waggons zum Endgegner bevor. Es geht weiter und weiter und weiter.

Hoffnungsträger im kargen Drehbuch?

Viel Neues wird somit zum Auftakt der zweiten Staffel noch nicht geboten. Lediglich die Storyline um Melanie und ihre Tochter könnte spannend werden. Interessant wäre es zu wissen, was Alex in den vergangenen Jahren durchleben musste und wie Mr. Wilford sie instrumentalisieren konnte. Melanies Versagen als Mutter und ihre egoistische Entscheidung dürften ausreichend Konfliktpotenzial mit sich bringen. Dass die Bindung zwischen den entfremdeten Familienmitgliedern noch nicht gänzlich auf Eis gelegt ist, lässt sich schon am Ende der ersten Folge erahnen. Als sich Mr. Wilford und Melanie über das Schicksal der „Tailies“ streiten, schlägt sich Alex selbstverständlich auf die Seite ihres Mentors und will die Rebellen dem sicheren Tod überlassen.

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Das langersehnte Auftauchen von Mr. Wilford, der von „Game of Thrones“-Star Sean Bean wunderbar arrogant und abgebrüht dargestellt wird, gibt zweifellos die Fahrtrichtung vor, welche die Serie verfolgen wird. Der Wunsch nach demokratischeren Verhältnissen, die dafür notwendige Revolution einer unterdrückten Gesellschaft und die allgegenwärtige Existenzangst bleiben somit weiterhin Taktgeber der Folgen. Im Rückblick lässt sich Staffel 1 als Aufwärmphase für einen noch härteren Kampf sehen, an dessen Ende die Übernahme des Zuges oder zahlreiche Verluste stehen. Ob sich die insgesamt zehn Folgen unterhaltsam gestalten werden, bleibt abzuwarten. Aber von innovativen Ideen ist in der Auftaktfolge wenig zu spüren.

Frostig hier, frostig dort

Was Staffel 2 jedoch bereits jetzt zu einer ungewöhnlichen Streaming-Erfahrung macht, ist die ein oder andere Parallele zur Gegenwart. Auch uns hält momentan ein globales Ereignis in Atem – auch wenn es weder Eis noch Kälte beinhaltet. Doch ganz ähnlich wie in „Snowpiercer“, hat dieses Ereignis fatale Folgen für die soziale Gleichheit: Während die Passagiere im Zug streng in verschiedene „Klassen“ eingeteilt werden, wächst durch die Corona-Krise die globale Armut dramatisch an. Und das, während die vermögendsten Menschen der Welt teilweise sogar noch reicher werden, wie es in einem gerade veröffentlichten Oxfam-Bericht heißt.

Bleibt zu hoffen, dass sich die verbleibenden Episoden, die im wöchentlichen Rhythmus auf Netflix erscheinen, an Spannung noch steigern und das wahre Leben sich wieder beruhigt. Umgekehrt wäre es fatal.

Staffel 2 von „Snowpiercer“ ist ab 26. Januar 2021 bei Netflix im Stream verfügbar. Jede Woche erscheint eine von insgesamt zehn neuen Folgen. Staffel 3 ist bereits bestätigt.

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