Austra
Die mystische Elektro-Pop-Kombo streut Feenstaub auf die wogenden Köpfe des auf einmal gar nicht mehr müden Neujahrspublikums in der Berliner Volksbühne.
Es ist eine freundliche, traditionell jedoch etwas abgehangene Veranstaltung, das alljährliche Neujahrskonzert in der Berliner Volksbühne. Ganz unterschiedliche Künstler spielten hier in den vergangenen Jahren – von SDNMT über Peter Licht bis Throbbing Gristle. Ein guter Teil der Besucher ist wohl da, weil es eine schöne Tradition ist, sich bespaßen zu lassen, nachdem man sich in der vorangegangenen Nacht verausgabt hat. Jedenfalls wirken die meisten dankbar, dass der Saal bestuhlt und kaum Körpereinsatz gefordert ist. Für einen solchen Abend, denkt man im Vorfeld, ist der sphärische, enigmatische Elektro-Pop von Austra wohl genau das Richtige.
Und tatsächlich passt alles wunderbar, als das kanadische Trio, unterstützt von dem Keyboarder Ryan Wonsiak und den entzückenden Zwillingsschwestern Sari und Romy Lightman, den Begleitsängerinnen, auf der Bühne steht – jedoch auf ganz andere Weise als erwartet. Es dauert keine 15 Minuten, bis alle, wirklich alle auf den Beinen sind.
Ihre potenziell grenzwertige Mischung aus Gefühl, Mystik und Goth-Pop bringen Austra geschickt auf die geschmackssichere Seite. Der Sound bleibt kühl genug, um bei aller Abgehobenheit keineswegs esoterisch zu wirken, die aus dem Elektro-Pop-Fundus der Achtzigerjahre geklauten Zitate wirken zeitgemäß und zeitlos zugleich. Der Beat ist voll auf Höhe der Zeit und so zwingend, dass alle tanzen.
Die lettischstämmige Sängerin Katie Stelmanis verbreitet mit ihrer ausgebildeten Opernstimme und ihrem verspulten Tanzstil eine Fiebrigkeit, die an Fever Ray erinnert und auch an Bat For Lashes. Zwischendurch sorgt sie mit freundlichen Ansagen für etwas Bodenhaftung. Auch ihre Mitmusiker wirken auf unaufdringliche Art exzentrisch: die geerdet coole Schlagzeugerin Maya Postepski mit Nerdbrille und der engelsgelockte Ryan Wonsiak, der so viel Ausdruckstanz in seinen Auftritt legt, wie man es eben kann, ohne sein Instrument zu vernachlässigen. Austra verstreuen eine schwer zu fassende Magie, die auch aus den tiefsten Augenringen noch mal ein Leuchten hervorzaubert.