Beastie Boys
Eigentlich wollte Beastie Boy Adam Horovitz während der Renommier-Tour der amerikanischen Alternativ-Szene gar nicht auftreten: „Lollapalooza ist überhaupt nicht unsere Szene. Die ganze Veranstaltung ist so abgeschmackt. Aber dann haben wir uns gedacht, daß Festivals ja auch jede Menge Spaß bedeuten können.“
Nach vierwöchiger Tour im Ge folge der Smashing Pumpkins, von Nick Cave und den Breeders scheinen Horovitz und die Seinen an dem ungeliebten Event tatsächlich Gefallen gefunden zu haben. Vor und nach ihren Gigs beweisen sie sich als konkurrenzfähige Basketball-Amateure oder üben sich im philosophischen Diskurs mit einer Gruppe tibetanischer Buddhisten, die im Lollapalooza-Troß mitziehen, um sich mit Blick auf den.
Unterdrücker China Gehör zu verschaffen. Die Party, die die Beastie Boys acht lahre nach ihrem ersten Auftauchen auf der Bühne feiern, hat nur noch wenig zu tun mit den pubertären Ausfällen, für die das Trio aus Brooklyn lange Zeit berühmt berüchtigt war. Früher schmückten die drei ihre Auftritte mit spärlich bekleideten Tänzerinnen hinter Gittern oder meterhohen Hydraulik-Penissen und badeten backstage in Budweiser-Bier. Für ihren Auftritt im Hauptprogramm des Lollapalooza-Programms dagegen engagierten sie lieber musikalische Verstärkung. DJ Hurricane hilft an Turntables und Mikro aus, andere Gäste verstärken das Aufgebot an Keyboard, Percussion und Drums. Genug Freiraum also für die Hauptakteure, um nach Lust und Laune an vorderster Front zu ackern. Da geht es dann zu, wie in einem gut sortierten Gemischtwarenladen. Paßt partout kein Rap, dann gibt es eben Funk. Erscheint beides zu lasch, bedienen sich die Beastie Boys im reichen Fundus des Punk. Die Bühne als virtuos organisiertes Chaos, als Plattform für eine hyperenergetische Synthese der verschiedensten Stilrichtungen. Wenn die drei Rock-Entertainer wie Gummibälle über die Rampe hüpfen und dabei wild durcheinanderrufen, tritt ein jugendlicher Charme zutage, der gerade einer arrivierten Band bestens zu Gesicht steht. Immerhin schafften die Beastie Boys mit ihrem aktuellen Album (‚Ill Communication‘) auf Anhieb den Sprung an die Spitze der amerikanischen Charts. So betont Adam Horovitz in einer fröhlich friedlichen Weise, daß er gar nicht erwachsen werden wolle, weil ihm sein mentaler Status, den er im übrigen seit acht lahren aufrecht erhalte, hervorragend passe. Derweil proklamiert seine Band, man scheint sich also einig zu sein, in ebenso ausgelassenen wie inzwischen auch musikalisch versierten Bühnenshows das Recht auf größtmöglichen Partyspaß.
Doch auch der hat seine Grenzen – wie sich an diesem Abend in New York deutlich zeigt. Als schon zum zweiten Mal während dieser Lollapalooza-Tour nach dem Gig der Beastie Boys eine leicht derangierte Courtney Love spontan die Bühne besteigt, um alleine zur Gitarre zu weinen, läuft Mike Diamond hinter den Kulissen beinahe Amok. Die Frau sei doch total „fucked up“, tobte er. Denn eines hat auch ein Beastie Boy über die lahre gelernt – seinen lob sollte man ernst nehmen.