Big Pig
Hamburg, Logo
Australiens Pop-Szene ist nicht nur überdurchschnittlich produktiv, sondern auch stets für eine Überraschung gut. So eine ist auf den ersten Blick auch Big Pig. Was zunächst wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme -— drei Schlagzeuger, drei Sänger —- aussieht, glänzt auf der anderen Seite durch gewagtes Weglassen: keine Gitarren, kein Bassist. Auf jeden Fall eine Besetzung, die ein explosives Live-Gemisch erwarten läßt, und so war das kleine, heiße „Logo“ am Abend des Deutschland-Debüts auch trotz des unbekannten Namens gestopft voll.
Das bizarre Septett hatte so von Beginn an kaum Schwierigkeiten, den Saal zum erwünschten Kochen zu bringen. Allesamt in brutal anmutende, schwarze Schlachterschürzen gewandet, erweckten Big Pig allerdings gar nicht den Eindruck einer munteren Tanzkapelle; eher wirkten sie wie Eingeweide schwingende, blutspritzende Gruft-Rocker mit Endzeit-Komplex.
Wenn sich dieses Image umgehend ins Gegenteil verkehrte, so lag das zum großen Teil an den Qualitäten von Frontfrau Sherine, deren Schürze auch bedeutend kürzer war als die ihrer männlichen Mitstreiter. Flankiert von den Sangeskollegen Tony Antoniades und Nick Disbray, die auch Percussion (noch mehr!) und Mundharmonika beisteuerten, ließ Sherine eine exzellente Soulstimme hören, die in ihren besten Momenten den ganzen Trommel-Bombast übertönte und beherrschte. Ihre beiden männlichen Pendants beschränkten sich weitgehend auf Refrains und dramatische Spitzen.
Sherine machte die Show: routinierte, witzige Ansagen, koboldhafte Tanzeinlagen, wohltuend wenig Las-Vegas-Glätte dabei, dagegen vieles, das spontan wirkte und vielleicht auch war.
Ach ja: die Schlagzeuger! Wer bei drei Mann polyrhythmische und komplexe Strukturen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Größtenteils brillierten die Herren Oleh Witer. Adrian Scaglione und Neil Baker mit ökonomischer Arbeitsteilung und etlichen Parallel-Übungen, was den Beat zwar entsprechend lauter, aber nicht unbedingt aufregender machte.
War auch nicht zwingend nötig, denn auf diese Weise gelang es Big Pig recht effektvoll, das konventionelle Rhythm & Blues-Gerüst tanzfreundlich zu intensivieren, was das (bei dieser Hitze) erstaunlich konditionsstarke Publikum mit Hingabe und reichlichem Abtanzen honorierte. Für die mitunter nötigen Bass-Lines und harmonischen Grundlagen sorgte Keyboarder Tim Rosewarne, der mit seiner Profilstellung auf der Bühne als einziger die frontale Angriffsformation der Big Pig-Mannschaft durchbrach.
Fazit: Eine sehr kompakte, druckvolle Tanz-Band, die aus einfach strukturiertem Songmaterial beachtliche Funken schlägt. Und vor allem: eine Sängerin mit Stimme und voller Charisma.