Blind Date mit Rainhard Fendrich: „Das ist Fix & Foxi zum Hören“

Eine musikalische Achterbahnfahrt durch die österreichische Pop-Geschichte mit Rainhard Fendrich.
Austropop hat anscheinend in jeder Generation Saison. Rainhard Fendrich stellt einen der dienstältesten Vertreter der Schmäh beladenen Kunst dar. Fendrich wurde im Februar des Jahres 1955 in Wien geboren. Seit den 1980er-Jahren hat er achtzehn Studioalben veröffentlicht, verkaufte insgesamt über eine Million Tonträger. Auch in Deutschland wurden seine Stücke „Es lebe der Sport“ und „Macho, Macho“ Hits.

In diesem Jahr hat er nicht nur seinen 70. Geburtstag gefeiert, sondern geht auch sein 45-jähriges Bühnenjubiläum an. Außerdem ist sein neues Album WIMPERNSCHLAG am 31. Januar erschienen. ME lud den legendären Liedermacher zum akustischen Blind Date.
Georg Danzer – „Vorstadtcasanova“
Das ist eine Danzer-Nummer. Moment, gleich hab’ ich’s. Das ist „Vorstadtcasanova“! Das muss ich auch wissen, denn immerhin habe ich den Song schon gecovert. Der Georg Danzer hat mir damals sogar erlaubt, den Text zu verändern.
Tatsächlich? Was haben Sie daran verändert?
Ich hab‘ den Text bloß ein bisschen entschärft. (lacht) Das ist natürlich ein toller Song!
Bipolar Femin – „Sie reden so laut“
Ich glaube, das kenne ich nicht.
Das ist Bipolar Feminin, also kein Austropop, allerdings eine nach Wien emigrierte Band aus Ebensee am Traunsee.
Bipolar Feminin? Das sagt mir etwas. Ah, jetzt fällt es mir wieder ein! Bipolar Feminin haben im Vorjahr bei der Eröffnung der Wiener Festwochen am Rathausplatz gespielt. Den Auftritt habe ich gesehen. Die Band hat eine aggressive, junge Sängerin. Sie ist mir sofort aufgefallen. Mir hat imponiert, wie sie ihre Wut rausgeschrien hat. Das war richtig stark.
Wolfgang Ambros – „Die Blume aus dem Gemeindebau“
(ruft nach nur zwei Sekunden) „Die Blume aus dem Gemeindebau!“ Den Song hat der Joesi Prokopetz für den Wolfgang Ambros geschrieben! Das ist einfach eine super Nummer. Ein echter Evergreen des Austropop eben. Das ist so was von zeitlos. Soweit ich weiß, handelt es sich um eine Produktion von Christian Kolonovits. Der hat auch „Da Hofa“ von Ambros verantwortet. Das war Anfang der 1970er-Jahre. Damals gab’s in Wien noch gar keine Synthesizer. Er hat also einfach ein normales Klavier über einen
Leslie-Lautsprecher laufen lassen. Darum klingt das beim „Hofa“ auch so großartig wackelig.
Lucas Fendrich – „Feuer über Wien“
(hört circa 20 Sekunden zu, ehe der Funken der Erkenntnis überspringt:) Meine Güte! Das ist ja mein Sohn, der Lucas! Das hätte ich eigentlich sofort erkennen müssen. (lacht) Lucas hat die amerikanische Schule besucht und ist Native Speaker. Früher hat er daher auf Englisch gesungen. Als er mir erzählt hat, dass er jetzt auf Deutsch singen möchte, habe ich mir im ersten Moment gedacht: „Naja, ich weiß nicht, ob das was wird …“ Ich war dann total überrascht, wie gut das ist. Lucas erinnert mich hier ein bisschen an den jungen Falco.
Hatten Sie bei der Entstehung des Songs Ihre Finger im Spiel?
Überhaupt nicht! Lucas macht sein eigenes Ding. Manchmal spielen wir uns gegenseitig unsere Songs vor – das ist alles. Ich finde das Stück sehr gut, mir gefällt es – auch wenn es nicht unbedingt meine Musik ist. Lucas hat wirklich eine tolle Stimme. Er ist begabt und fleißig. Jetzt benötigt er nur noch eine Portion Glück.
Erste Allgemeine Verunsicherung – „Fata Morgana“
Ach so! Das ist EAV – „Wie eine Fata Morgana“. Ist das nicht immer noch großartig? Der EAV-Songwriter Thomas Spitzer ist so ein begnadeter Texter und ein blitzgescheiter Kerl. Niemand konnte Comics so vertonen wie er. Das ist Fix & Foxi zum Hören. Wobei beim Spitzer oft auch viel Tiefsinniges mitschwang. Auch als Maler ist er übrigens begabt. Vor vielen Jahren hat er mich einmal besucht. Innerhalb kürzester Zeit hat er ein pointillistisches Bild von meinem Ölbaum angefertigt.
Der Nino aus Wien – „Taxi Driver“
Ist das der Voodoo Jürgens?
Oje. Nein!
Moment, dann ist es der andere. Wie heißt er schnell? Ah ja, Der Nino aus Wien. Den finde ich sowieso großartig. Das Lied
gefällt mir auch. Die Art, wie er singt – das Morbide, das hier mitschwingt – das ist schon richtig gut.
Nino tritt immer wieder auch mit anderen Künstler:innen auf. Haben Sie je ein Duett mit ihm gesungen?
Nein, aber ich bin prinzipiell nicht so der Duettsänger.
Marianne Mendt – „Wie a Glock’n“
Marianne Mendt! Das ist natürlich fantastisch. Marianne ist eine ganz Liebe und eine großartige Künstlerin. So eine wie sie hätte ich gerne als Mutter gehabt! (lacht) Das Lied ist richtig alt – ich glaube aus dem Jahr 1970 – und trotzdem zeitlos. Marianne kann alles singen, vor allem auch Jazz. Sie hat ein absolutes Gehör. Die Frau hat nie falsch gesungen. Ich kenne von der Marianne Mendt keinen einzigen falschen Ton.
Koenigleopold – „Kohlhauser“
Das klingt wie ein Flipperautomat. Sind das Steirer?
Ja, das ist das Duo Koenigleopold. Der Song ist aus dem Jahr 2012. Hier wird im breitesten oststeirischen Dialekt über einen Fleischhauer in der Provinz gesungen, beziehungsweise gesprochen.
(lacht) Das gefällt mir, finde ich richtig gut! Vom Grazer Duo Pizzera & Jaus habe ich folgenden steirischen Dialektsatz gelernt: „Kernöl von der Schöll-Tankstöll.“
Voodoo Jürgens – „Heite grob ma Tote aus“
Das kenne ich nicht. Wer singt das?
Das ist jetzt Voodoo Jürgens.
Ach, das ist der Voodoo! Ja, ja, ja! Wenn ich erkannt hätte, dass da ein Mann singt, hätte ich eh Voodoo Jürgens gesagt. Das ist toll! Wie der Nino besingt auch er das böse und morbide Wien, das ich aus meiner Kindheit und Jugend kenne. Damals standen im dritten Wiener Gemeindebezirk noch die Ruinen der zerbombten Häuser herum. Mein Großvater hat mir und meinen Freunden damals eine Stielhandgranate aufgezeichnet und gesagt: Wenn ihr so was findet, greift es ja nicht an! Als Kinder sind wir auch in den Flakturm eingestiegen. Voodoos Musik erinnert mich an diese Zeit.
Für derartige Erinnerungen ist Voodoo ein bisschen zu jung.
Ich glaub’, der Voodoo und auch der Nino aus Wien haben viel Helmut Qualtinger gehört.