Blümchen-Jogger
Wer gut gekleidet ist, entscheidet Wäis Kiani. Heute vor dem Stilgericht: Pharrell Williams
Der Herr auf dem Foto hat einen so unglaublich guten Musikgeschmack, dass er damit schon mehrmals die Begeisterung der Massen auf der ganzen Welt ausgelöst hat. Sein Aussehen wird von Frauen als „superhot“ bezeichnet: er hat eine unbehaarte Brust und kann nur durch einen Griff an den Hosenbund ein Kreischkonzert auslösen. Er ist Accessoires-Designer für Louis Vuitton, hat ein eigenes Label („Billionaires Boys Club“) und entwirft Sneakers für Reebok. Er ist mit Bathing Ape Nigo befreundet, obwohl der weder englisch noch Pharell ein Wort japanisch spricht. Er hat sich einen derart großen Namen als Stil-Ikone gemacht, dass man ihn gerne in feines Tuch steckt und für die Cover von Erwachsenenmagazinen wie GQ oder Vogue Homme fotografiert. Pharrell gilt als Anführer der Hipster weltweit. Das neue Album seiner Band N.E.R.D. ist großartig. Er kann singen, tanzen und sich sogar in die zitronigen Fans der nervigen Madonna hineinversetzen, wie „Hard Candy“ zeigt. Aber was ist mit dem Style dieses stinknormalen Lehrersohns aus Virginia Beach, nicht Virgina Ghetto? Die armygrüne Bikerjacke zusammen mit der Mao-Kappe und der (hoffentlich) abgeschnittenen Blümchen-Jogginghose würde an niemandem zu ertragen sein, dessen Hautfarbe nur eine Nuance heller ist und dessen Diskografie auch nur einen Hit weniger vorzuweisen hätte. Eine Frau von Welt möchte weder ihren zarten Manolo-beschuhten Fuß neben diesen weißen, nietenbesetzten Sneakers platzieren, noch sich selbst zwischen Pharrells Hermes-Handtaschen-Sammlung. Ja, genau, er sammelt (!) Birkin-Weekender aus Baby Croc in allen Farben, wobei Flieder seine Lieblingsfarbe ist. Außerdem liebt er brillantbesetzte Klunker an sich selbst so sehr, dass an der Seite des Superhelden nie eine offizielle Freundin auftaucht. Nur ein paar unglückliche, die sich die Zähne an ihm ausbissen, wie Jade Jagger, von der er behauptete, ihre Sexgier sei so unersättlich, dass er sich erschöpfungshalber eine neue Telefonnummer zulegen musste. Was lernen wir über einen Typ, der kiss and tell betreibt, Mode designt, das Wort „Billionaire“ glamourös findet, Handtaschen liebt, sich alle 20 Minuten die Finger eincremt und Intimes über Liebhaberinnen ausplaudert? Genau: So einer kann nie, nie und niemals eine echte Stil-Ikone sein. So leid mir das tut: Pharrell hat’s einfach nicht drauf.
Wäis Kiani Die Mode-Kolumnistin und Bestseller-Autorin („Stirb, Susi!“) schreibt und lebt in Zürich.