Blumfeld – L’etat et moi
File under: reflektierter Größenwahn: Wie einst The Clash bei LONDON CALLING orientieten sich Blumfeld für das Artwork ihres zweiten Albums L’ETAT ET MOI an dem Cover einer Elvis-Presley-Platte. Das war allerdings nurein Mosaiksteinchen der bis dato klügsten Referenzhölle der deutschsprachigen Popmusik. Die Zerissenheit des zwei Jahre vorher erschienenen Debütalbums ICH-MASCHINE ergänzten Jochen Distelmeyer, Eike Bohlken und Andre Rattay für L’ETAT ET MOI mit einem enorm ausgetüftelten Duktus, der seine Höhepunkte in zwei Stücken findet: Einmal ist da „L’eut et moi (Mein Vorgehen in 4, 5 Sätzen)“, das sich als Spoken-Word-Hymne fünf Minuten lang durch Politik und Gesellschaft sampelt und dabei Elfriede Jelinek, die Flowerpornoes, Markus, Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke streift. „Verstärker“ indes zeigt, dass Zwischenmenschlichkeiten als Textmotiv für die Band auch dann eine Relevanz besitzen, wenn zumindest stellenweise Harmonie angetriggert wird – das ist wohl der wichtigste Hinweisgeber auf das, was in den 13 darauf noch folgenden Blumfeld-jahren so alles kommen sollte. Bleibt die Musik auf diesem zweiten Blumfeld-Album: ausgefuchst und unerhört klug eingespielter Indierock der US-amerikanischen Schule, der einen notwendigen und guten Kontrapunkt zur oft genug in Richtung Kanzelpredikt auspendelnden Stimme des Jochen Distelmever bietet.
ME 10/1994:
„Herausragendes Merkmal des Albums sind jedoch die exzellenten, absolut, klischeefreien Texte, in denen sich Distelmeyer als scharfer Beobacher der gesellschaftlichen Zustände in der Bundesrepublik erweist.“