Bon Chauvi


Gestatten, Kinky Friedman, kurz Kinkster. Zigarrenraucher, jüdischer Countrysänger aus Texas und Krimiautor.

Stetson, Jackett, Weste, Hose, Stiefel, Schnauzbart: Alles schwarz. Irgendwie scheint es, als habe eine defekte Zeitmaschine diesen Pop-Jesse James für einen Auftritt nach Nürnberg gebeamt. Am Ende seiner Performance signiert er Fotos, CDs und Bücher. Richard „Kinky“ Friedman, die Kultfigur. Nicht, dass der Kinkster-wie ihn seinen Fans nennen-auf diesen Status viel gäbe. Dazu ist der Mittfünfziger viel zu sehr notorischer Einzelgänger, zu sehr phlegmatischer Individualist. Immer gewesen. Einer, der als alle Welt im Drogentaumel durch den Sommer der Liebe tanzt – im Peace Corps auf Borneo Dienst tut, um, wie er heute ironisiert, „Bauern, die auf eine über 2000jährige Agrarkultur zurückblicken, etwas über Landwirtschaft beizubringen“. Wieder daheim, versammelt er die Texas Jewboys um sich, schräge Typen, mischt mit Songs wie „Sold American“ oder „They Ain’t Makin‘ Jews Like Jesus Anymore“die „Grand Ole Opry“ in Nashville auf, reist später bei Dylans „Rolling Thunder Revue“ mit und erhält vom US-Feministinnen-Verband den Chauvi-Preis-des-Jahres. Er zieht um nach New York, wo er alsbald als eigenwilliger Krimiautor reüssiert, dessen Bücher,“Elvis, Jesus & Coca Cola“,“Gott segne John Wayne“ und zehn weitere, nicht nur Dylan, Nelson Mandela oder Bill Clinton ergötzen, sondern jeden, der skurrile Plots und völlig abgedrehtes Personal zu schätzen weiß.

Jetzt war der Mann zum ersten Mal – von zwei Auftritten in Berlin 1998 abgesehen hierzulande auf Tour. Wer nicht da war, hat was verpasst. Friedman singt „We Refuse The Right To Refuse Service To You“ oder „Rapid City, South Dakota“ (der einzige Pro-Abtreibungs-Country-Song der Welt), schmaucht eine Zigarre und schwadroniert. Vom Galadinner im Weißen Haus. Oder von Österreich. „Da kommst du in einer Stunde an den Geburtshäusern von Mozart, Hitler und Schwarzenegger vorbei – wow, in einer Stunde durch die Menschheitsgeschichte.“ Zählt seine „vier toten Lieblings-Amerikaner“ auf (Gram Parsons.Townes van Zandt, Ginsberg und Bukowski), verflucht Garth Brooks und singt sich quer durch „Pearls In The Snow“, eine Tribute-CD, die er selbst produziert hat („Soll ich damit vielleicht warten bis ich tot bin?“) und auf der u.a. Willie Nelson und Lyle Lovett den Cowboyhut vor dem Kinkster ziehen. Kurz: Der Mann hat das, was man“a real goodtime“ nennt. Am Ende schüttelt er Hände: „Thank you, the eveninghas been afinancial pleasure.“Galgenhumor? Auch, doch vor allem: Grandezza. Also, nächstes Mal unbedingt hingehen. Denn:“The lord helps those that help the Kinkster“.