Boom Box
Die Hip-Hop-Kolumne von Davide Bortot
Lex wer?
Wenn man so aus dem Kino kommt, ne, und man sich vorstellt, man wäre Bruce Willis und wie man dann diesen Kontrolleur im 154er-Bus ansatzlos mit einem Fausthieb niederstreckt und anschließend das ganze verdammte Kontrolleurshauptquartier in die verdammte Luft … genau so Musik macht Lex Luger
Lex wer? Der 19-Jährige aus Suffolk, Virginia, hat sich in weniger als zwölf Monaten vom notorischen MySpace-G’schaftler zum verlässlichsten Hitlieferanten der Hip-Hop-Hautevolee hochgehustlet. Eine Karriere, atemberaubend wie seine Beats: bombastische Collagen aus klackernden Hi-Hats und grollendem Subbass, mit simplen Synthiemelodien und dem eingebauten Hormonhaushalt eines kanadischen Eishockeytrupps auf Junggesellenabschied. Kein Wunder, dass Jim Jones, Rihanna, Swizz Beatz und sogar der große Jay-Z bei ihm Schlange stehen.
Schuld daran sind zwei Tracks, die den Sommer 2010 fest im Schwitzkasten hatten: Rick Ross‘ „B.M.F. (Blowin‘ Money Fast)“ und Waka Flocka Flames „Hard In Da Paint“. Beide aus dem Luger’schen Laptop, beides prächtige Rowdyhymnen zum Holzhacken, Hantelstemmen und haltlosen Herumbrüllen. Besonders Flockas extrastumpfe Parkplatzpoesie passt wie die Faust aufs Auge: Auf seinem Debüt Flockaveli kommen gleich neun Beats von Luger. Der Rest klingt nach Lex Luger. Also nach roher, furios inszenierter Gewalt.
Damit kommt der Mann gerade rechtzeitig, denn die Kaste der Superproducer schwächelt bedenklich. Der Nachwuchs um Bangladesh und araabMUZIK ist bislang den Nachweis höchster Tauglichkeit schuldig geblieben. Und die Alten, die Pharrells, Timbalands und Dr. Dres, sind fehlbar geworden, oft fad. Der letzte verbliebene Superheld, Kanye West, versteht sich nicht mehr als Beatbastler, sondern als Orchestrator eines popkulturellen Rundumrausches. Und zu dem gehört auch: Lex Luger. Kanye hatte den jungen Kollegen bereits für My Beautiful Dark Twisted Fantasy einfliegen lassen. Nun hat er ihn endgültig auf den Thron gehoben, zu sich und Jay-Z: Die erste Single ihres gemeinsamen Albums, „H.A.M.“, stammt von Lex Luger. Der liefert hier die weltmännische Variante seines bewährten Prügelsounds, mit dezenten Eighties-Referenzen und gänzlich undezenten Drama-Chorälen. Dazu gibt’s Eierschaukeln für (vermeintlich) Erwachsene – die Blogger von „Ego Trip“ empfahlen in ihrer Review vorsorglich den Klau eines Volvos.
Alles, bloß nicht langweilig eben.