Boss Hog


Volles Haus im Münchner Backstage: Gitarrengott Jon Spencer ließ seine Blues Explosion zu Hause und rückte stattdessen mit der Formation Boss Hog an, die sich dereinst aus der Asche der Band Pussy Galore erhoben hatte. Mit von der Partie: Spencers ansehnliche Lebensgefährtin Christina Martinez, die den Job der Frontfrau übernahm. Spencer hielt sich denn auch auf den ersten Blick vornehm im Hintergrund und überließ seiner First Lady den Platz im Rampenlicht. Bei näherer Betrachtung wurde jedoch schon während des ersten Songs klar, daß hier nur einer als Boss gelten durfte: Bei Spencer liefen alle Fäden zusammen, knallhart erteilte er Anweisungen, gestikulierte wütend in Richtung Mischpult und verschonte auch Drummerin Hollis Queen, die dem Tempo ab und an etwas hinterherhinkte, nicht mit lauten Zurechtweisungen. Ohne Zweifel, der Mann, der es schafft innerhalb seiner Blues-Explosion-Songs öfter den eigenen Namen zu droppen als irgendein x-beliebiger Rapper aus South Central Los Angeles, hat auch bei Boss Hog die Hosen an. Da half es auch wenig, daß Martinez als Blickfang vom Dienst auch noch den fünften Knopf ihrer engen schwarzen Satin-Bluse offenließ – die Show lief streng nach Spencers Regie ab. Kein Wunder also, daß alle vollen Stoff gaben, um den perfektionistischen Leader zufriedenzustellen: Martinez schwenkte die lange dunkle Mähne und röchelte bei Titeln wie ‚Winn Koma‘ oder ‚What The Fuck‘ in einer Mischung aus Laszivität und blankem Haß ins Mikro, Queen leistete am Schlagzeug schwitzend Schwerstarbeit, der Mann an den Keyboards überraschte mit peitschenden Rhythmen – und als Steuermann auf diesem aufgewühlten Klang-Ozean fungierte die unverwechselbare, knallharte Blues-Gitarre des Maestros. Einzig Bassist Jens Jurgensen wirkte etwas retardiert: Er hatte sich am Vorabend in Berlin eine Lebensmittelvergiftung zugezogen und galt somit als entschuldigt. Mit Ansagen innerhalb des Programms, das vornehmlich mit Titeln des aktuellen Albums wie ‚Strawberry‘, ‚I Idolize You‘ und ‚Sick‘ aufwartete, hielt sich die Band völlig zurück. Es folgte nahtlos Song auf Song, Einpeitscher Spencer ließ weder dem Publikum noch seiner Crew Zeit zum Atemholen. So ließen sich die Aspekte des Gigs auf einen einfachen Nenner bringen: Was da von der Bühne schwappte war pure, ungefilterte Sound-Energie in ihrer ruppigsten Art.