Bowie Rief Und Alle Kamen, New York City, Madison Square Garden
One of these nights – glücklich, wer das Spektakel an Ort und Stelle miterleben durfte: David Bowie lud zur rauschenden Geburtstagsparty (er wurde 50), und neben 16.000 Fans, die den Madison Square Garden bis auf den letzten Platz füllten, kamen Lou Reed, Billy Corgan, Frank Black, die Foo Fighters von Ex-Nirvana-Trommler Dave Grohl, Robert ‚Cure‚ Smith und Sonic Youth.
Punkt 21 Uhr steht Bowie, der Thin White Duke, umgeben von einer vierköpfigen Band auf der Bühne – schlank wie eh und je, mondän in schwarzer, enger Lederhose, schwarzem Hemd unter einer langen, gemusterten Jacke, die Haare steil nach oben gekämmt. Rein optisch wirkt Bowie wie 40 (dank der Feuchtigkeitscreme von Gattin Iman, wie er kürzlich in einem interview verriet). Und musikalisch gehört David schon gar nicht zum alten Eisen. Neben neuen Songs gibt er heute abend auch etliche Klassiker zum besten. Doch selbst sie wirken fast so frisch wie am ersten Tag. Nostalgische Gefühle haben da nicht die geringste Chance. Statt dessen unterstreicht das Programm einmal mehr, daß es sich bei Bowie um einen echten Innovator und Ausnahmemusiker handelt.
Der Opener ‚Little Wonder‘ (die erste Single aus Davids neuem Album ‚Earthling‘) ist vom Gassenhauer zwar noch ein gutes Stück entfernt, kommt jedoch dank seiner eingängigen Melodie und zeitgemäßer Drum and Bass-Basis beim New Yorker Publikum spontan an. Doch ist es der nächste Song, ‚The Heart’s Filthy Lesson‘, der an diesem Abend zum erstenmal für ungezügelte Begeisterung sorgt. Dann wieder neues Material. Im Laufe der zweistündigen Show spielt Bowie fast alles von seinem ‚Earthling‘-Album; ganz schön mutig in einer Zeit, in der etliche altgediente Popstars nur noch mit Greatest Hits-Kollektionen unterwegs sind. Genau diese Hits aber möchten die Zuschauer auch heute abend hören. Und Bowie gibt sie ihnen. ‚Fashion‘, ‚Heroes‘ und vor allem ‚Under Pressure‘ sorgen für frenetischen Jubel. Und das, obwohl Bowie die Original-Arrangements unter dem Einfluß seiner musikalischen Gäste den Hörgewohnheiten der 90er Jahre anpaßt. So schmettert Smashing Pumpkins-Chef Billy Corgan zusammen mit Meister David unter anderem ‚All The Young Dudes‘. Frank Black dagegen gibt im Duett mit Bowie ‚Scary Monsters‘ zum besten. Die Paarung Robert Smith/David Bowie erweist sich als weniger prickelnd. ‚Last Thing You Said‘ und ‚Quicksand‘ mangelt es an Magie.
Von ganz anderem Kaliber dagegen der gekonnte Gastauftritt von Davids Uralt-Kumpel Lou Reed, dessen Bühnenpräsenz Bowie beinahe an den Rand zu drängen droht. Zusammen mit Lou läßt es David unter anderem bei ‚Queen Bitch‘ und bei Reeds ‚Dirty Boulevard‘ kräftig krachen. Dann Sonic Youth. Mit großem Geschick lösen sie die schwierige Aufgabe, Songs von Bowies aktu-‚ ellem Album auf ganz eigene Art zu interpretieren. Tm Afraid Of Americans‘ beispielsweise gerät zu einer eindrucksvollen Demonstration ihres Könnens. Die Foo Fighters dagegen gratulieren Bowie mit ‚Hello Spaceboy‘ zum Geburtstag. Was aber wäre das große Fest zu Ehren des Meisters ohne den guten alten ‚Major Tom‘. Bowie selbst gibt ihn unplugged als letzte Zugabe dieses denkwürdigen Abends in New York.