Bruce Springsteen
Name: Springsteen Vorname: Bruce Geburtstag: 23.9.1949 Geburtsort: Freehold Größe: 171cm Farbe der Augen: braun Unveränderliche Kennzeichen: Daß er in jüngster Zeit von der politischen Rechten in den USA als Kronzeuge vereinnahmt wird, paßt ihm zwar gar nicht, ist andererseits aber auch durchaus verständlich: Springsteen pflegt wie kein anderer den "american dream", den Mythos eines starken Amerikas - auch wenn es eher die Schattenseiten der amerikanischen Psyche sind, die er in seinen Songs porträtiert. Mitte Juni kommt der Mann, der auch "Der Boss" genannt wird, zu einigen Open-airs nach Deutschland.
ME/Sounds: „Born In The U.S.A.“, das Titelstück deines gegenwärtigen Albums, ist eine ungewöhnliche Aufnahme: ein Rock n Roll-Song. der das Leid von Außenseitern artikuliert – in diesem Fall der Veteranen des Vietnam-Kriegs. Wie lange beschäftigst du dich schon mit dieser Thematik?
Bruce: „Ich weiß nicht, ob sich überhaupt jemand wirklich vorstellen kann, was sie durchlebt haben; ich glaube nicht, daß ich es kann. Aber wenn man an all die Männer und Frauen denkt, die in Vietnam starben und auch daran, wie viele noch krepierten, nachdem sie zurückkehrten, muß man einfach feststellen, daß unser Land ihre Selbstlosigkeit ausgebeutet hat. Ihr Leben wurde leichtfertig geopfert. 1 ME/Sounds: Wie waren deine eigenen Erfahrungen, was Vietnam betrifft?
Bruce: „Ich habe eigentlich keine. In den sechziger Jahren gab es in meiner Heimat Freehold kein politisches Bewußtsein; der Krieg war viel zu weit entfernt von diesem Kaff. Natürlich wußte ich schon davon, denn einige Freunde zogen in den Krieg. Der Schlagzeuger meiner ersten Band fiel in Vietnam. Er hat sich einfach bei den Marines gemeldet. Bart Hanes hieß er. Er war einer von den Typen, die ständig Witze machen und den Clown spielen. Eines Tages kam er an und sagte: Also, ich hab mich gemeldet. Ich geh nach Vietnam.‘ Ich weiß noch, daß er sagte, er wisse nicht mal, wo es eigentlich sei. Und das war’s. Er ging fort und kam nie wieder zurück. Und die Jungs, die zurückkamen, waren nicht mehr dieselben.“
ME/Sounds: Wie ist es dir gelungen, nicht eingezogen zu werden?
Bruce: „Bin untauglich geschrieben worden. Mit siebzehn hatte ich einen Motorradunfall, schwere Gehirnerschütterung. Und außerdem hab ich noch gemacht, was in den Sechzigern so lief: die Formulare total irre ausgefüllt, die Tests nicht mitgemacht. Als ich neunzehn war, wollte ich mein Leben nicht so leichtfertig verschenken. Ich bekam meine Einberufung, und als ich in den Bus stieg, um zur Musterung zu fahren, dachte ich nur eins: ‚Ich werde nicht gehen.“
ME/Sounds: Es liegt also eine gewisse Ironie darin, daß du heute gerade von der politischen Rechten ins Herz geschlossen wirst. Konservative Leitartikler finden lobende Worte, und Präsident Reagan pries deinen Namen beim Wahlkampf in deinem Heimatstaat New Jersey…
Bruce: „Ich glaube, die Leute wollen vergessen. Da gab es Vietnam, es gab Watergate, es gab die Ereignisse im Iran man hat uns besiegt, man hat uns ausgetrickst, man hat uns erniedrigt. Und ich glaube, die Leute wünschen sich langsam wieder stolz sein zu können auf das Land, in dem sie leben.
Aber ich habe den Eindruck, daß dieser Wunsch – an dem ja nichts auszusetzen ist – jetzt manipuliert und ausgebeutet wird. Wir haben doch die Kampagne zu Reagans Wiederwahl im Fernsehen gesehen – da hieß es: Ein neuer Morgen ist angebrochen in Amerika‘. Da möchte man aufstehen und schreien, daß in Philadelphia kein neuer Morgen angebrochen ist! Und in Harlem auch nicht. Da herrscht finsterste Mitternacht, es sieht böse aus. Und deswegen hatte ich auch das Gefühl, es sei nur Manipulation, daß Reagan meinen Namen in New Jersey erwähnte. Und ich mußte mich von den freundlichen Worten meines Präsidenten distanzieren.“
ME/Sounds: Aber hast du nicht den professionellen Patrioten geradezu in die Hände gespielt, indem du im Wahljahr ein Album herausbrachtest, das BORN IN THE USA heißt und auf dem Cover die amerikanische Fahne präsentiert?
Bruce: „Nun, wir nahmen die Flagge auf die Hülle, weil der erste Song Born In The U.S.A.‘ heißt; und das Thema der Platte knüpft an die Themen an, über die ich seit sechs oder sieben Jahren schreibe. Aber die Fahne ist ein vielschichtiges Symbol, und wenn man den Stein ins Rollen bringt, dann weiß man im voraus nicht, was damit angestellt wird.“
ME/Sounds: Wo ist dein politischer Standort?
Bruce: „Ich bin weder bei der einen noch der anderen Partei eingeschrieben; in einem derartigen Rahmen denke ich nicht. Mir fällt es schwer, überhaupt eine Beziehung zu dem gegenwärtigen politischen System zu finden. Ich habe eigentlich keine. Ich schätze, wenn es einen Politiker gäbe, zu dem ich eine starke Beziehung hätte, eines Tages vielleicht…“
ME/Sounds: Hast du je gewählt?
Bruce: „Ich glaube, 1972 hab ich McGovern gewählt.“
ME/Sounds: Was hältst du wirklich von Ronald Reagan ?
Bruce: „Nun, ich kenne ihn nicht. Aber ich glaube, das Image, das er aufgebaut hat, ist mystisch, sehr verführerisch – ein Image, an das die Leute nur zu gern glauben möchten. Es hat immer eine Sehnsucht nach einem glorreichen Amerika gegeben, Springsteen in der Disco? Mit Dance-Mixes von „Dancing In The Dark“ und „Cover Me“ erschloß sich „der Boss“ jedenfalls Hörerschichten, für die Springsteen bislang ein langweiliger alter Furz war. Auf seiner jüngsten US-Tournee waren erstmals auch die größten Hallen bis zum Bersten gefüllt – dank jener jungen Generation, die Springsteen nun durch Dance-Mixes und Videos überhaupt erst kennenlernt. Trotz eines Medienrummels wie nie zuvor nahm sich Bruce gegen Ende der Tour gleich zweimal die Zeit, um für das folgende Interview Rede und Antwort zu stehen ~ einmal in Oakland und später in Los Angeles, wo er in den Hollywood Hills neuerdings ein Haus bewohnt. Gefragt, wie er es schaffe, jedesmal aufs Neue Irische Energie und Motivation in seine Konzerte zu pumpen, antwortet Springsteen: „Es hängt alles von der Frage ab: Bist du in diesem Moment wirklich aus ganzem Herzen bei der Sache? Lebst und erlebst du es selbst‘?“ Eine Beschreibung, die auch auf den Interview-Partner Springsteen voll und ganz zutrifft.
nach einer Zeit in der Vergangenheit, als alles wirklich noch in Ordnung war. Und ich glaube, für viele Menschen verkörpert der Präsident genau das.
Ich weiß nicht, ob er ein schlechter Mann ist. Aber ich weiß, daß es in diesem Land viele Menschen gibt, deren Träume ihm nicht viel bedeuten – und die ziemlich rücksichtslos übergangen und beiseitegeschoben werden. So wie ich Amerika sehe, ist es ein Land mit einem großen Herzen, voller Menschlichkeit und Anteilnahme. Aber das soziale Bewußtsein, das zu den sechziger Jahren gehörte, ist heute anscheinend altmodisch geworden. Man sucht sich seinen Job und versucht, so viel Geld wie möglich zu scheffeln, um dann am Wochenende seinen Spaß zu haben. Und das halten die Leute dann für den Sinn des Lebens.“
ME/Sounds: Die gesellschaftliche Situation hat einen starken Einfluß, wenn auch manchmal nur angedeutet, auf die Charaktere, die du in deinen Songs vorgestellt hast. Wie hat sich deine Haltung zur Umwelt, zur Gesellschaft im Laufe der Jahre geändert?
Bruce: „Ich hatte schon immer ein Interesse daran, daß meine Arbeit in einem Gesamtzusammenhang steht – daß die Alben sich aufeinander beziehen und im Wechselspiel zueinander stehen. Und ich war auch immer darauf aus, Alben zu machen – und nicht einfach Sammlungen von Songs.
Mit THE WILD. THE INNOCENT AND THE E STREET SHUFFLE fing das wohl an, auf ganz komische Weise – besonders die zweite Seite, da verzahnt sich irgendwie alles. Ich wollte eine Gruppe von Charakteren schaffen und ihnen dann durch ihr Leben folgen. Und auf BORN TO RUN. DARKNESS ON THE EDGE OF TOWN und THE RIVER versuchte ich, die Sachen noch intensiver miteinander zu verknüpfen…
Ich denke, auf BORN TO RUN, da geht es um Sucht. Die Platte hat für mich etwas Religiöses – nicht Religion im orthodoxen Sinn, sondern es dreht sich um grundsätzliche Dinge, um Suche und Zuversicht und den Gedanken an Hoffnung. Und dann auf DARKNESS, da war es wie eine Art Zusammenprall zwischen diesem Burschen und der realen Welt… Dann, auf THE RIVER, ging es darum, wie der Typ versucht, irgendwie zurückzukommen, eine Art Gemeinschaft zu finden. Es waren viele Songs über Beziehungen drauf – ‚Stolen Car‘, The River‘, ‚I Wanna Marry You‘, Drive All Night, sogar ‚Wreck On The Highway‘ -Leute, die versuchen, eine Art Trost zu finden, Zufriedenheit miteinander.
Vor THE RIVER gibt es fast keine Songs über Beziehungen. Nur sehr wenige. Dann, bei NEBRASKA, da weiß ich nicht, was geschehen ist. Das kam irgendwie aus heiterem Himmel.“
ME/Sounds: Soviel ich weiß, wurde ‚Born In The U.S.A.‘ zur Zeit von NEBRASKA geschrieben. Stammen auch noch andere Songs dieses Albums aus jener Zeit?
Bruce: „Tatsächlich wurde die Hälfte von BORN IN THE USA zur Zeit von NEBRASKA aufgenommen. Als wir ins Studio gingen, um zu versuchen, NEBRASKA mit der Band aufzunehmen, nahmen wir zuerst Seite eins von BORN IN THE USA auf: die
restliche Zeit verbrachte ich mit dem Versuch, mir die zweite Seite einfallen zu lassen- Bobby Jean‘, ‚My Hometown‘.fast alle die Songs. Wenn man also das Material betrachtet, besonders auf der ersten Seite, dann ist tatsächlich die Ähnlichkeit zu NE-BRASKA sehr groß – die Charaktere und die Geschichten, der Stil – außer, daß es eben für eine Rockband gedacht ist.“ ME/Sounds: Du hast zwei deiner gegenwärtigen Hits. „Dancing In The Dark“ und „Cover Me“, vom Produzenten Arthur Baker als Dance-Mixes neu abmischen lassen. Einige deiner Fans halten das Ergebnis für ziemlich bizarr. Weshalb hast du das gemacht?
Bruce: „Ich hörte den Dance-Mix von Cyndi Laupers ‚Girls Just Want To Have Fun‘ im Radio; er war unglaublich. Daher habe ich mich mit Arthur in Verbindung gesetzt – ein toller Typ. Er hatte noch einen Freund dabei; die beiden sind schon ganz schön irre Vögel. Die gehen einfach an das Mischpult und drehen die Knöpfe bis zum Anschlag; die Meßgeräte spielten verrückt.“
ME/Sounds: Erst kürzlich hast du damit angefangen. Videos zu machen. Warum hast du dich von diesem Medium so lange distanziert?
Bruce: „Video ist ein Phänomen; ich wollte auf irgendeine Art schon länger damit arbeiten. Aber es hat auch seine Tücken. Ich möchte nicht die Fantasie meines Publikums beeinträchtigen, indem ich eine banale Imitation dessen präsentiere, was als Idee in meinem Song auftaucht. Ich wollte mir aber auch nicht eine neue Geschichte ausdenken; schließlich erzählte ich ja schon die Geschichte in dem Song.“
ME/Sounds: Für „Dancing In The Dark“ hast du dir Filmregisseur Brian De Palma geholt und ein Konzert- Video mit Playback gemacht. Warum das?
Bruce: „Brian war großartig. Ich stand unter Zeitdruck – wir bereiteten uns gerade auf unsere erste Show vor – und er kam ganz kurzfristig und hat mir wirklich eine große Last von den Schultern genommen. Das Video haben wir in drei oder vier Stunden gemacht. Playback ist so eine Sache – es ist zwar leicht, aber man fragt sich auch, welchen Wert es hat.
Dennoch, die Wirkung war unglaublich: Mir fiel auf, daß die meisten Leute, die kamen und mich darauf ansprachen, meine früheren Sachen noch nie gehört hatten. Oft waren es auch richtig kleine Kids. Ich lag am Strand, und da kommt so ein kleiner Bursche auf mich zu – ich glaube, Mike hieß er und war vielleicht sieben oder acht – und sagt. ‚Ich hab dich auf MTV gesehen.‘ Und dann meint er noch: Deine Bewegungen hab‘ ich alle drauf.‘ Also sag‘ ich: ‚Na, dann laß mal sehen.‘ Und dann fängt er an, ‚Dancing In The Dark‘ zu bringen. Er war echt gut.“
ME/Sounds: Im letzten Jahr hast du erfolgreich ein Massenpublikum erreicht. Überall sind die großen Hallen ausverkauft, das neue Album ist weltweit mehr als fünf Millionen Mal verkauft worden. In welchem
„Das größte Geschenk, das dir deine Fans machen können, besteht darin, daß sie dich wie ein menschliches Wesen behandeln.“
Ausmaß hast du dich verändert, seit du ein reicher Mann bist?
Bruce: „Sicher, es ist eine Veränderung. Das Lebon wird nicht unbedingt leichter, aber bestimmte Aspekte des Alltags werden einfacher. Man braucht sich keine Sorgen mehr um die Miete zu machen, man kann Geschenke für seine Leute kaufen und Freunden helfen, man kann selbst seinen Spaß haben. Es gab aber auch Augenblicke, da war es eher verwirrend. Ich merkte, daß ich ein reicher Mann war, obwohl ich mich innerlich arm fühlte.“
ME/Sounds: In welcher Hinsicht? Bruce: „Einfach meine Einstellung zum Leben. Und die hat sich wohl herausgebildet, als ich noch jung war. Wegen eines Prozesses und einer Anzahl anderer Probleme – und deswegen, weil ich so lange brauchte, um meine Platten fertigzustellen – ist es aber ohnehin erst bei der River‘-Tour dazu gekommen, daß ich überhaupt Geld auf der Bank hatte. Und bei dieser Tour läuft bis jetzt alles blendend.
Aber ich weiß nicht, ob Geld einen verändert; ich glaube es eigentlich nicht. Es ist eine Sache ohne Seele, Werkzeug, Annehmlichkeit. Aber wenn man schon ein Problem haben muß, dann ist Geld sicher ein angenehmes Problem.“
ME/Sounds: Offensichtlich gibst du dem Geld nicht für Kleidung aus. Das sind noch immer die alten Jeans. Was machst du also damit?
Bruce: „Geld war irgendwie ein Teil des Traums, als ich anfing. Ich glaube nicht… ich habe nie das Gefühl gehabt, daß ich je einen Ton wegen des Geldes gespielt habe. Täte ich das, würden es die Leute merken, und dann würden sie dir sofort einen Tritt geben. Und du hättest es auch verdient. Aber gleichzeitig war es Teil des Traums. Wie zum Beispiel…“
ME/Sounds: Der rosa Cadillac? Bruce: „Ja, der rosa Cadillac. Ich und Steve (Van Zandt. sein ehemaliger Gitarrist), wir saßen damals rum und sagten: ‚Yeah, wenn wir’s geschafft haben, dann werden wir dies und jenes machen…'“
ME/Sounds: Was habt ihr euch denn damals vorgenommen?
Bruce: „Hauptsächlich wollten wir so sein wie die Rolling Stones. Das war die Band, die wir damals vergötterten. Aber man wird erwachsen, und wenn man sich schließlich den lang gewünschten Anzug anzieht, dann paßt er vielleicht nicht – oder er sitzt ganz anders, als man sich vorgestellt hat. Du bist auch eine andere Person und handelst anders, als du es dir damals vorgestellt hast.
ME/Sounds: Warst du jemals kurz davor, zu heiraten?
Bruce: „Nein. Einmal habe ich mit einem Mädchen zusammengelebt. Ich war Anfang zwanzig und hatte noch nie mit jemandem zusammengelebt.“
ME/Sounds: Wie kommt’s? Bruce: „Ich weiß nicht. Ich vermute, ich wollte einfach frei sein, jederzeit fortzugehen, wie ein road runner‘. Es ist wohl albern. Es kommt mir albern vor, wenn ich es jetzt sage. Besonders weil ich eigentlich solche Ideale gar nicht schätze. Letztlich sehe ich die Erfüllung in einem glücklichen Familienleben. Aber das ist bis jetzt einfach nicht mein Leben gewesen.“
ME/Sounds: Aber du schreibst doch all diese Songs über Beziehungen. Was hält deine Mutter eigentlich von dieser Situation?
Bruce: „Ich habe eine italienische Großmutter, die mich nach nichts anderem fragt. Sie spricht halb Italienisch, halb Englisch, und jedesmal wenn ich sie besuche, dann I
heißt es: ‚Wo ist deine Freundin? Wann wirst du heiraten? 1 .“
ME/Sounds: Ist es dir denn möglich. ganz normale romantische Bindungen zu haben?
Bruce: „Ich denke schon. Ich habe in der Vergangenheit feste Freundinnen gehabt…Ich bin einfach jetzt noch nicht so weit, heiraten zu wollen. Im Moment habe ich mich ganz meiner Arbeit verschrieben und nichts anderem. Eines Tages werde ich aber das alles wollen… Frau und Kinder.“
ME/Sounds: Ich versuche mir vorzustellen, wie Bruce Springsteen sich mit einem ganz normalen Mädchen verabredet.
Bruce: „Das kommt ganz von selbst. Man ist in einer Bar, und man trifft jemanden – da sollte man sich keine Gedanken machen. Man muß einfach geradeaus sehen und sein Leben so normal wie möglich leben. Wenn ich ausgehe, dann denke ich eigentlich kaum daran, was die Leute wohl in mir sehen. Das ist letztlich unerheblich. Vielleicht geht ein Mädchen ein-, zweimal mit dir aus, weil du der oder der bist; aber wenn sich rausstellt, daß du ein Arschloch bist, dann kratzen sie auch die Kurve: es macht eben keinen Spaß. Solche Reize haben sich schnell totgelaufen.“
ME/Sounds: Also willst du es nicht zulassen, in die Isolation getrieben zu werden, dem Elvis Presley-Syndrom anheimzufallen?
Bruce: „Ich habe mich immer bemüht, Verbindungen mit den Leuten aufrechtzuerhalten, mit denen ich aufgewachsen bin, ein Gefühl der Gemeinschaft zu bewahren. Darum bin ich auch in New Jersey geblieben, woher ich stamme. Die Gefahr des Ruhms liegt darin, daß man vergißt – oder sich ablenken läßt. Das ist vielen passiert.
In Elvis‘ Fall muß es wahnsinnig schwierig gewesen sein. Die Art von Ruhm, die Elvis hatte und die heute wohl auch Michael Jackson hat, der Druck, der damit zusammenhängt, und die Isolation, die anscheinend erforderlich wird, das muß wirklich schmerzhaft sein…
Ich glaube, eine Rock’n’Roll-Band existiert solange, wie man hinunterblicken kann ins Publikum und sich selbst sieht und dein Publikum sieht hinauf zu dir und erkennt sich ebenfalls wieder… Solange diese Spiegelung menschlich bleibt und realistisch. Das größte Geschenk, das dir deine Fans machen können, besteht darin, daß sie dich behandeln wie ein menschliches Wesen: alles andere ist unmenschlich.
Und das ist eben einer der Gründe, die die Lebensspanne der besten Rock’n’Roll-Musiker sowohl physisch wie im Hinblick auf ihre Kreativität verkürzt haben – diese grausame Isolation. Wenn der Preis des Ruhms darin besteht, von den Menschen isoliert zu sein, für die man schreibt, dann ist das ein zu hoher Preis. Diesen Preis will ich nicht zahlen.“
ME/Sounds: Du hast einmal versucht. Elvis zu begegnen, indem du über die Mauer seines Graceland-Anwesens gesprungen bist. Das hat nicht geklappt. Hast du denn deine anderen Idole aus der Musikszene kennengelernt?
Bruce: „Nun, ich bin da wirklich geteilter Meinung, was das Zusammentreffen mit Leuten angeht, die ich bewundere. Du kennst doch den alten Spruch: Vertraue der Kunst, nicht dem Künstler… Jemand kann wirklich gute Arbeit leisten, aber dennoch auf vielerlei Weise ein Blödmann sein.
Ich glaube, meine Musik ist wahrscheinlich besser, als ich es bin. Deine Musik entspricht oft deinen Idealen, aber du selbst kannst diese Ideale nicht immer erfüllen.
Was meine Idole betrifft, so mag ich zunächst einmal ihre Musik. Wenn sich die Gelegenheit bietet, treffe ich sie gern persönlich, aber ich hab mich nie darum gerissen; es ist hauptsächlich ihre Musik, die ich mag.
Die Leute sagen immer, daß sie von Elvis enttäuscht waren. Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sehen sollte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand je von seinen großartigen Platten enttäuscht war. Ich glaube, er hat sein Bestes gegeben.“
ME/Sounds: Es ist wohl unwahrscheinlich, daß du je wie Elvis Probleme mit Drogen haben wirst. Ist es wirklich wahr, daß du nach fast 20 Jahren im Rock ’n Roll-Zirkus tatsächlich noch nicht mal einen Joint geraucht hast?
Bruce: „Ich habe nie mit irgendwelchen Drogen zu tun gehabt. Als ich in dem Alter war. in dem das angesagt ist, war ich nicht besonders oft unter Leuten. Ich saß in meinem Zimmer und übte Gitarre. Insofern war ich nicht diesem Gruppenzwang ausgesetzt, unter dem die Kids heute wohl stehen. Zudem ging es mir darum, alles unter Kontrolle zu behalten. Inzwischen trinke ich ein bißchen. Es gibt Abende, da ziehe ich los und genehmige mir einen. Aber nicht zuviel, wenn wir auf Tour sind, denn die Show ist körperlich unheimlich anstrengend; man muß gut vorbereitet sein.“
ME/Sounds: Auffällig ist auch, daß in deinen Songs, deiner Bühnenshow, deinen Videos jegliche sexuelle Symbolik fehlt, die sonst immer im Vordergrund steht und zum Beispiel im MTV-Programm schon routinemäßig eingesetzt wird. Außerdem scheinst du auch nicht die Groupie-Szene backstage zu fördern…
Bruce: „Wenn man versucht, sich den grundsätzlichen Respekt für die Menschlichkeit der Leute zu bewahren, dann macht man diese Dinge einfach nicht. Das ist sicher schwierig, denn wir alle sind mit sexistischen und rassistischen Vorurteilen aufgewachsen. Aber es ist doch zu hoffen, daß man mit zunehmendem Alter auch einsichtig wird und – ich weiß, daß es vielleicht abgedroschen klingt – versucht, andere Menschen so zu behandeln, wie man von ihnen behandelt werden möchte.“
ME/Sounds: Was hält dich mit 35 Jahren eigentlich noch bei der Stange?
Bruce: „Die Musik hält mich lebendig, das Verhältnis zu meinen Freunden, die Verbindung mit den Leuten und Orten, die ich kennengelernt habe. Das ist mein Lebenselixier.
Und das aufzugeben für, sagen wir, Fernsehen und Autos und Häuser – das ist nicht der amerikanische Traum. Das sind die gefährlichen Verlockungen, die Fallen. Und wenn man denen verfällt – wenn man glaubt, sie seien in sich Ziel und Ende dann ist man eingelullt und geliefert…
Also gilt es. auf der Hut zu sein.Man muß die Ideen, mit denen man begonnen hat, weiterführen. Und man muß hoffen, daß man auf der Leiter eine Sprosse nach oben klimmt.“