Buckwheat Zydeco
Tabasco, das feuerrote Teufelszeug, mit dem hartgesottene Esser ihrem Chili die nötige Schärfe geben, fehlt in den Südstaaten der USA in keinem ordentlichen Gewürzregal. Stanley Dural jr. alias Buckwheat Zydeco, in Louisiana, dem Kemland des Tabasco-Genusses zu Hause, verpaßt sich die erste Dosis des schweißtreibenden Scharfmachers ganz offenbar schon zum Frühstück — dieser Mann ist wie ein Vulkan. Seine eruptive Show verfehlt denn auch im verregneten Paris nicht ihre Wirkung.
Dural betritt die Bühne des verräucherten New Morning Clubs in einem Outfit, das sich ein ehemaliger Baumwollpflücker verpaßt haben könnte, der plötzlich zu Geld gekommen ist: bordeauxroter Satinanzug, blütenweißes Seidenhemd und hochhackige Schlangenleder-Boots. Fast noch schriller als Durais Garderobe aber ist die marktschreierische Ansage: „Ladies and gentlemen, please welcome, front Louisiana, Uniled States Of America, four times Grammy Award nominee, Island recording artist, Mr. Buckwheat Zydeco.“
Das für seine ausgeprägten Englischkenntnisse bekannte französische Publikum versteht zwar überwiegend nur Bahnhof, ist aber — nachdem die ersten Akkorde von „High Heel Sneaker“ aus den Boxen dröhnen – in seiner Begeisterung kaum noch zu bremsen. Und das aus gutem Grund: Dural und seine Begleitmusiker, unter ihnen ein schlaksiger Strahlemann mit dem Waschbrett, legen eine Rhythm & Blues-Power an den Tag, daß die Temperatur im Club schon bald den klimatischen Gegebenheiten in den Sümpfen von Louisiana alle Ehre macht.
Sein perlmuttweißes Akkordeon vor den Bauch geschnallt, schwitzt sich Dural durch sein Repertoire, das — neben den eigenen Stücken — von „Route 66“ über „You Talk Too Much“ bis hin zu einer inbrünstigen Version von „Bcast Of Bürden“ reicht, die Mick Jagger und Keith Richards wie zwei artige Chorknaben erscheinen läßt.
Anders als auf seinen Studio-Alben — in Deutschland erschien bei BMG zuletzt WHERE THE-RE’S SMOKE THE-RE’S FIRE – kann man sich in einem Konzert der urwüchsigen Kraft von Buckwheat Zydeco kaum entziehen. Baß und Schlagzeug sorgen für elektrisierenden Rhythmus, drei Gitarristen bieten Rockpower pur, und das Alt-Saxophon entpuppt sich als Blues-Gebläse par excellence. Aber erst Waschbrett und Akkordeon machen diese R&B-Nacht zu dem, worauf Stanley Dural jr. so großen Wert legt: zu einem Abend mit schwarzer Musik aus Louisiana — mit Zydeco. Durais Künstlername ist in den USA das Synonym für diesen magischen Sound.