Bush: Bush Männer
Kaum eine Rockband erhitzt die Gemüter mehr als Bush: Während das breite Publikum die vier Briten als neue Helden liebt, hassen viele Kritiker sie als lausige Kopie von Nirvana. Allerhöchste Zeit also, mit Ober-Bushmann Gavin Rossdale Klartext zu reden über Kritik, Karriere und die werte Konkurrenz.
GAVIN ROSSDALE MACHT GUTE MINE ZUM bösen Spiel. Zumindest versucht er es. Angesprochen auf sein schwieriges Verhältnis zur Presse bemüht der 31 jährige Bush-Mann einen Vergleich mit fernen Schultagen: „Auch da habe ich am liebsten blaugemacht“, grinst er bei Kaffee und Obstsalat in der luxuriösen Penthouse Suite des Soho Grand Hotels in New York City. Mit Sonnenbrille und Slacker-Outfit trägt er hier das Seine zum Veröffentlichungsritual um das dritte Bush-Studioalbum bei – für ihn fast so harte Arbeit, wie die am Album selbst: Termine über Termine, endlose Marketing-Sitzungen, die Entwicklung der neuen Bühnenshow und auch das allabendliche Abhängen, neudeutsch: Socialising, mit Freunden oder solchen, die sich dafür halten. Doch Rossdale ist ein Profi. Er erledigt seinen Job nach bestem Gewissen, schlägt nicht über die Strenge und hat sogar seinen sonst eher heftigen Marihuana-Konsum eingeschränkt: „Das war nur eine kleine Flucht. Schließlich trinke ich nicht gerne und schon gar nicht so viel, wie sich das für einen Rockstar gehört. Ich vertrage einfach nichts. Also rauche ich lieber; obwohl ich das inzwischen ziemlich eingeschränkt habe. Ganz einfach, um mehr in der Realität zu leben.“
Und die sieht trotz Millionen verkaufter Alben und ausverkaufter Tourneen nicht so rosig aus, wie Rossdale sich das wünscht. Der Grund zehrt am Ego des Beaus mit dem dunkelbraunen Haar: Man nimmt seine Band nicht recht ernst. Zumindest in Europa. Von vornherein verpaßte die Musikpresse den vier Londonem das Etikett der Nirvana-Klone. Dieses Etikett klebt besser als Sekundenkleber und hält bombenfest seit dem ersten Bush-Album von 1994. Zumindest am adrett gekleideten und frisch frisierten Frontmann Gavin Rossdale. Die Folge: Über die Jahre hat der Mann eine regelrechte Medienphobie entwickelt. Zwar wird er von den Amis, und dort vor allem von MTV und VH-1, als einer DER Rockstars der späten 90er gefeiert, die europäischen Medien jedoch reiten unverdrossen eine Attacke nach der anderen und zudem immer wieder auf alten Klischees. Das nervt unseren Freund verständlicherweise. Trotzdem gibt er sich tapfer gut gelaunt und beantwortet höflich alle Fragen nach „The Sciene Of Things“, einem Album, das so mancher Erklärung bedarf.
ZUM BEISPIEL NACH DEM UNGEWÖHNLICHEN Sound der Platte, der die Band auf der Suche nach der eigenen Identität ein ganzes Stück vorwärts gebracht haben dürfte. Rossdale hört so etwas natürlich gerne: „Nach so vielen Jahren habe ich gelernt, was es heißt, ein Album zu machen. Früher wollte ich immer alle Einflüsse verarbeiten, all die Bands, die ich mochte, in meine eigene Musik einfließen lassen.“ So ganz von ungefähr scheint der Vorwurf des Nirvana-Plagiats also nicht zu kommen. Aber Rossdale hat dazugelernt: „Inzwischen versuche ich vor allem, ich selbst zu sein.“
Und um sich ein für allemal von der grungelastigen Vergangenheit zu verabschieden, hat Gavin denn auch einigen Aufwand betrieben: Er flog nach Irland, bezog eine winzige Berghütte zwischen Skibbereen und Baltimore (Südwest Cork) und schrieb sich dort alles von der Seele. „Ich bin jeden Morgen zwei Stunden mit meinem Hund spazieren gegangen. Dann habe ich mich auf irgendeine Klippe gesetzt, ins Wasser gestarrt und mich von dieser wunderbaren, zerfressenen Küstenlandschaft inspirieren lassen. In London dagegen gibt es für mich einfach viel zu viel Ablenkung. Früher habe ich mit meiner Freundin und vier Kumpels in einer WG gewohnt und hatte nie einen Moment Ruhe. Dann sah ich den Film ‚Surviving Picasso‘ und entdeckte, daß Picasso immer einen abgeschotteten Raum zum Arbeiten hatte – und das finde ich großartig. Also schnappte ich mir meinen Flund und tat es Picasso diesmal gleich. Die einzigen Leute, die uns besuchten, waren ein Koch und ein Techniker, der alle zehn Tage vorbeischaute, um die neuen Songs aufzunehmen.“
Rossdales Einsiedelei zeigt auch, daß Bush tatsächlich eine Ein-Mann-Band sind: Der Sänger ist Sprachrohr, Kopf und musikalischer Direktor, die anderen ausführendes Organ mit eingeschränktem Mitspracherecht. Rossdale erklärt. „Ihren Egos hat das so gar nicht gefallen, aber sie haben kapiert, daß es mir nie darum ging, der Boss zu sein, sondern daß ich etwas Härteres und Neues machen wollte. Lind das konnte ich eben nur allein. Außerdem waren wir so lange auf Tour, daß wir einfach Abstand von einander brauchten. Ich hätte es jedenfalls nicht ertragen, sie schon wieder um mich zu haben“, lacht er. Zudem ist der Sänger derjenige im Bandverbund, der die klarste Vision davon hat, wer oder was Bush eigentlich sind: eine moderne Rockband. Und diese sehr genauen Vorstellungen von seiner Band kommen schließlich nicht von ungefähr – fast eine ganze Dekade lang versuchte Rossdale vergeblich, sich in der Londoner Musikszene durchzusetzen. Aus den zum Teil schmerzhaften Erfahrungen seiner Lehr- und Wanderjahre zieht er inzwischen die entsprechenden Konsequenzen. Trotzdem denkt er gerne an die frühen Jahre zurück, besonders stolz ist er noch heute auf seine Band Midnight. Immerhin hatte man einen Vertrag bei Epic, veröffentlichte eine Handvoll Singles und kleidete sich – ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend – in Samt und Rüschen. Erst vor einem Jahr zeigte das britische Magazin „Q“ die alten Fotos. „Das waren die langweiligsten Bilder, die wir je gemacht haben. Aber damals waren wir 19 und hatten keine Chance, uns dagegen zu wehren. Wir waren viel cooler, als wir aussahen – ehrlich.“ Sony überlegt derzeit ernsthaft, den Midnight-Backkatalog neu aufzulegen, was Gavin ein zufriedenes Lächeln entlockt. „Das soll mir nur recht sein – wir waren ja keine billige Synthie-Pop-Band, sondern haben schon damals guten Rock gemacht. Die erste Single ‚Run With You‘ basierte zum Beispiel auf meinen Eindrücken am Grab von Jim Morrison. Da gab es eine Gedenktafel mit der Aufschrift Jim, run with us‘, und das fand ich einfach großartig. Außerdem hatten wir noch einen tollen Song namens ‚King Of The Mountain‘, der bei Channel 4 zur Tour De France eingesetzt wurde. Alles cooles Zeug, nur eben nicht wirklich erfolgreich.“
Rossdales Bush-Mitstreiter haben ebenfalls Vergangenheit. Etwa Bassist Dave Parsons, der seinerzeit bei Transvision Vamp („I Want Your Love“) mitmischte; Robin Goodridge trommelte für die semi-professionellen The Beautiful People, und Gitarrist Nigel Pulsford nahm eine Platte mit King Blank auf, die bei Beggar’s ßanquet erschien. Als Bush sind die vier inzwischen eine verschworene Truppe, die gerade in ihren Anfangsjahren einiges an Widerständen zu überwinden hatte. So wurden sie in ihrer Heimat als billiges Grunge-Plagiat belächelt und von der berüchtigten britischen Pop-Presse in der Luft zerrissen. Bei Konzerten mühte sich die im Herbst ’92 gegründete Band vor durchschnittlich 50 Leuten ab. Der Grund für die landesweite Skepsis: Bush pflegten eine Musik, die man seinerzeit ausschließlich amerikanischen Bands zugestand – harter, metallischer Rock mit hymnischen Refrains und melancholischem Gesang. So etwas machte man damals in Seattle, nicht in London. Klarer Fall für die Kritik: Bush sind eine billige Kopie. Die Band kehrte der Insel den Rücken und ging nach Amerika, wo ein Bedarf nach dieser Art Musik bestand. Sie absolvierten 230 (!) Gigs in Folge und erspielten sich eine solide Fanbasis. Das US-Publikum nahm das vermeintliche Plagiat aus LIK dankend an, denn seit dem Ende von Kurt Cobain war die dortige Szene ohne Leitfigur. Pearl Jam spielten die Totalverweigerer und verschanzten sich im Proberaum, Soundgarden drängten in den Mainstream, und Alice In Chains nahmen eine kreative Auszeit, die bis heute anhält. Da kamen Bush gerade recht. Aber obwohl sie sich als ambitionierte Band mit adrettem Sänger und radiotauglichen Songs präsentierten, nahm die Musikindustrie zunächst kaum Notiz. Lediglich der Branchenneuling Trauma Records gab den Briten eine Chance. Während ihre Demos im Collegeradio rauf- und runterliefen, nahmen Bush mit einem Mini-Etat ihr Debüt auf: „Sixteen Stone“. Und siehe da: In Amerika gewannen Bush langsam an Boden.
In den Staaten begannen die Fans, Bush zu lieben, in England indes wurde aus anfänglicher Gleichgültigkeit mitunter gar Haß. Zwei Kontinente, zwei Meinungen und absolute Polarität. Bis heute verläuft die Grenze zwischen Liebe und Haß bei kaum einer anderen Band fließender, sind die Wechselbäder der Gefühle krasser. Gavin macht das Beste daraus und erhebt die Situation zum Programm: „Gibt es etwas Besseres, als solche Reaktionen auszulösen? Ich fände es viel schlimmer, wenn wir völlige Gleichgültigkeit hervorrufen würden. Aber es ist immer das Gleiche: Einige Leute lassen sich vom Erfolg abschrecken, andere wiederum finden alles gut, was sich verkauft. Völliger Blödsinn. Genau wie diese Theorie, wir würden total amerikanisch klingen. Nimm nur die ersten beiden Alben: Ein Song wie ‚Swim‘ hat zum Beispiel gar nichts mit Grunge zu tun, ‚Bomb‘ handelt von der IRA, ist insofern also sehr englisch, und ‚Come Down‘ hat sogar einen Jazz-Rhythmus. Die Leute hören immer nur das, was sie wollen. Und genau da liegt das Problem.“
Einerseits verdanken Bush der gewollten oder ungewollten Nähe zu Kurt Cobain fast sieben Millionen verkaufter Alben von „Sixteen Stone“, andererseits ging ihnen diese Nähe schon nach wenigen Monaten derart auf die Nerven, daß sie sie auf effektive Weise auszuhebein versuchten: Rossdale setzte den vermeintlichen Gemeinsamkeiten einfach noch eins drauf, indem er mit Courtney Love ausging („da ist nie was Sexuelles gelaufen“), den Chef-Designer von Cobains Lieblingsband The Pixies engagierte (Vaughan Oliver) und auf die Dienste von Indie-Guru und „In Utero ‚-Produzent Steve Albini zurückgriff. Dieses gezielte Überziehen sämtlicher Klischees bereitete Gavin geradezu diabolisches Vergnügen – und ließ die Lästerer verstummen. „Entweder du machst ohne Rücksicht auf Verluste genau das, was du willst, oder du bemühst dich, möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Wenn du dich für letzteres entscheidest, bewegst du dich auf ganz dünnem Eis. Also kokettiere ich damit ein wenig, versuche auch zu provozieren. So kommt in dem Song ‚Bonedriven‘ ganz bewußt das Wort ’nevermind‘ vor, denn das stammt ja nicht von Nirvana, sondern von den Sex Pistols und ‚Never Mind The Bollocks‘. Cobain hat es bestimmt nicht als Hommage an die Pistols aufgegriffen. Lind jeder, der den Pixies-Song ‚U-mass‘ kennt, weiß, daß ‚Smells Iike Teen Spirit‘ eine ganz billige Kopie ist. Cobain hat es einfach gestohlen – dafür gibt es kein anderes Wort. Aber im Grunde ist das auch egal – Musik ist dazu da, um aufgegriffen und weiterentwickelt zu werden. Auch unser Produzent Steve Albini sagt, er könne nicht verstehen, daß man uns als Nirvana-Abklatsch bezeichnet, wo doch die Wühlkisten der Plattenläden voll mit irgendwelchen Plagiaten sind. Klar, Nirvana waren eine geniale Band, und ich wünschte, Cobain wäre noch am Leben. Aus dem ganz selbstsüchtigen Grund, daß ich gerne wissen würde, wie sie sich weiterentwickelt hätten. Wir haben diesen Sound nämlich längst hinter uns gelassen.“
Dabei hatte Rossdale auch keine Wahl: Sein zweites Album „Razorblade Suitcase“ brachte mit „Swallowed“ zwar den größten Single-Hit hervor, verkaufte sich im direkten Vergleich zu „Sixteen Stone“ aber merklich schlechter. Die Gründe liegen auf der Hand: Während Bush in Europa langsam Akzeptanz gewannen, geriet Amerika anno ’97 auf den Electronic- und Crossover-Trip, propapagiert von Bands wie Prodigy, Chemical Brothers, Tool oder auch Rage Against The Machine. Da hätten selbst Nirvana Schwierigkeiten bekommen, und auch Rossdale erkannte die Notwendigkeit eines Richtungswechsels. Der Startschuß dazu fiel noch im selben lahr mit „Deconstructed“, einem Remix-AJbum, das von Goldie, Tricky und Jack Dangers bearbeitetes Material der ersten beiden Bush-Alben enthält. Bush flirteten mit dem Zeitgeist und zeigten, daß sie über den begrenzten Horizont einer reinen Rockgruppe hinausschauen konnten. Über die Qualität des Albums läßt sich zwar streiten, wichtiger war wohl die Intention des kreativen Ausbruchs. „Ich stand schon immer auf diese Art von Musik“, so Gavin. „Aber nur, weil ich jetzt zwei Alben in einer bestimmten Art gemacht habe, glauben die Leute, daß ich gar nicht anderes kann oder immer nur traurig bin.“
ALLERDINGS WAR „DECONSTRUCTED“ NICHT NUR EIN NETTES SPIELZEUG, ES war auch der willkommene Anlaß für eine längere Auszeit. Man kümmerte sich um Freundinnen, Ehefrauen, Kinder und neue Showbiz-Bekanntschaften, mit denen vor allem Gavin protzen kann: etwa Shirley Manson von Garbage, Lars Ulrich von Metallica, No Doubt-Sängerin und Lebensabschnittsgefährtin Gwen Stefani sowie Rock-Ikone Patti Smith. Mit der allerdings hat Gavin ein Problem: „Ich habe sie zweimal getroffen. Beim ersten Mal war sie einfach großartig, und wir hatten eine wirklich tolle Unterhaltung. Ich konnte es nicht fassen, weil sie ja eines meiner größten Idole ist. Doch dann habe ich sie wenige Monate später nach einem New Yorker Konzert in der Garderobe besucht, und da war sie eine richtige Kuh – unfreundlich, rüde und schnippisch. Sie wußte nicht mehr, wer ich bin und dachte, ich wäre Reporter der Zeitschrift The Gavin Report‘. Das hat mich so angekotzt, daß ich nichts mehr mit ihr zu tun haben möchte.“ Ähnlich dachte Gavin auch lange Zeit vomPlattenlabel Trauma‘, das Bush seinerzeit zu denkbar ungünstigen Konditionen verpflichtet hatte. Nach weltweit 14 Millionen verkaufter Alben war Gavin schon lange darauf aus, den Vertrag, den er vielsagend als „baby deal“ bezeichnet, neu zu verhandeln. Bush wollten mehr Geld und künstlerische Freiheit – es folgte ein langwieriger Rechtsstreit, der schließlich außergerichtlich und zu Rossdales offensichtlicher Zufriedenheit geregelt wurde. „Wir haben bekommen, was uns zusteht“, stellt er fest. Konkrete Zahlen mag er jedoch nicht nennen. Spätestens seitdem strotzt Gavin vor Selbstbewußtsein: Experimentierfreudiger und risikobereiter machte man sich daran, den Ansatz von ‚Deconstructed‘ auch in das neue Material einfließen zu lassen – mehr Electronic, mehr Bombast und mehr Groove. Gepaart mit dem ureigenen Faible für harten Rock und Noise, entstand erstmals so etwas wie ein eigenständiger Bush-Sound, der nicht länger Vergleiche mit wem auch immer heraufbeschwört. „Nimm die Smashing Pumpkins“, grinst Gavin. „Deren erstes Album klang völlig nach lane’s Addiction, und keiner hat’s gemerkt. Ich habe neulich mit Corgans Tontechniker gesoffen und ihn dann darauf festgenagelt. Er mußte mir zustimmen: Wir wurden ständig beschuldigt, uns an irgendwem zu orientieren, während die Pumpkins sich alles erlauben können. Das ist unfair.“
Fast noch interessanter als die musikalische ist jedoch die lyrische Seite von „The Science Of Things“. Als Sohn einer wohlhabenden Londoner Aiztfamilie, der eine elitäre Hochschulausbildung genoß, ist Gavin auch ein begabter Texter. Das ist bereits auf den frühen Alben zu spüren, die oftmals so kryptisch und verwoben sind, daß sie nicht einmal die eigenen Bandmitglieder nachvollziehen können. Rossdales engster Freund, Drummer Robin, grinst sichtlich verlegen: „Ich kapiere es meistens auch nicht. Kein Ahnung, wie das jemand begreifen soll, dessen Muttersprache nicht Englisch ist.“ Rossdale zum Thema Texte: „Worte sind wie Farben oder wie kleine Lichter. Es gibt da dieses berühmte Dylan-Zitat, daß die Schwierigkeit beim Texten darin besteht, keinen Vers stärker anzulegen als die übrigen. Natürlich hat er sich selbst nicht daran gehalten. Ich glaube, meine Songs werden immer simpler. Die meisten handeln von meinem Leben.“ Der persönlichste ist „Spacelravel“, in dem Rossdale über Mittel und Wege sinniert, die ihn schnellstmöglich zu seiner geliebten Gwen nach Los Angeles bringen, dann aber in eine allgemeine Reflexion über das moderne England umschlägt: „Meine Landsleute haben keinen Respekt vor Kunst. Deswegen bin ich auch so gerne in San Francisco oder Deutschland. Vor allem Köln ist großartig – ich liebe diese Stadt. Sie ist so ungezwungen und frei. Dagegen hat England diese „Big Brother“-Mentalität. Alles wird von korrupten, fiesen Säcken kontrolliert, die Medien, die Kunst, die öffentliche Meinung.“ Rossdale schimpft: „Sie stürzen sich auf die Schwächen anderer und spielen die großen Moralisten, dabei schnupfen sie mehr Koks als alle anderen. Und das tun sie nun schon seit Beginn des lahrhunderts. Das fällt dir vor allem dann auf, wenn du längere Zeit im Ausland warst und dann zurückkommst: England ist eng und miefig. Nimm unsere beschissenen Radiosender: Die sind so lahmarschig und selbstgefällig, daß sie kaum zu ertragen sind. Eigentlich kannst du nur Piratensender hören.“
Mister Rossdale kann offenbar auch Gift und Galle spucken. Er selbst pflichtet bei: „Manchmal kann ich ein richtiges Arschloch sein.“ Hört, hört. Aber ohne große Klappe und eine ordentliche Portion Durchsetzungsvermögen wäre der Mann auch nicht da, wo er heute ist. Der Ober-Buschmann und seine lungs haben die schwierigen ersten Jahre überstanden und schauen derzeit ausgesprochen zuversichtlich in die Zukunft. Und sie haben eine Menge vor. Etwa, in Zukunft alles selbst zu produzieren. Zudem sinniert Rossdale über ein mögliches Solo-Album: „Weißt du, ich stehe ziemlich auf Bands wie Sparklehorse, Low oder Palace – dieses ruhige, melancholische Zeug. Ich könnte mir durchaus vorstellen, mal so etwas aufzunehmen. Außerdem möchte ich noch Klavier spielen lernen, meine Gitarrentechnik verbessern und vielleicht sogar kochen lernen. Ich will von allem etwas mehr: Urlaub machen, Bücher lesen, Spazieren gehen und Zeit für mich selbst haben.“
Als wäre das nicht genug, liebäugelt der Herr Rockstar auch noch mit einer Karriere als Schauspieler – Busenfreundin Courtney hat es ihm mit „Larry Flynt“ schließlich vorgemacht. „Sobald sich das Richtige ergibt, bin ich dabei“, sinniert er, „ansonsten drehe ich halt einen Porno.“ Mit Gwen? Rossdale grinst breit: „Warum nicht, wenn sie Spaß daran hat…“