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„Call Me By Your Name“-Kritik: Eine Geschichte, so überwältigend wie die erste Liebe


Luca Guadagnino nennt die Dinge beim Namen: So fühlt es sich an, wenn man sich Hals über Kopf verliebt.

Die erste Liebe. So flüchtig und überwältigend. Und im Kino, wo doch so viel erzählt wird von der Liebe und großen Gefühlen, fast nicht einzukreisen und festzuhalten. Sie raubt einem den Atem und ist doch so zerbrechlich, die emotionalen Wallungen so schnell vorüber. Luca Guadagnino, als Regisseur bislang eher ein Architekt des Grandiosen und Gewaltigen („I Am Love“, „A Bigger Splash“) löst dieses Problem, indem sein ganzer Film wie eine erste Liebe ist: ein Sommer in Norditalien im Jahr 1983, den man förmlich schmecken kann, angefüllt mit Zirpen und Synthie-Pop, mit Baden gehen und im Gras liegen und dem Bewusstsein, dass jeder Moment nur Jetzt ist und kurz danach schon unwiederbringlich und man Entscheidungen trifft, die die Weichen fürs Leben stellen – die bestimmen, wer man ist und wie man sein will.

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Das Wunderbare an Call Me By Your Name“ (Kinostart: 1. März 2018) ist, dass er so spezifisch ist und nur diese eine Geschichte erzählt – die des 17-jährigen Amerikaners Elio, der mit seinen Eltern in der Lombardei lebt, wo sein Vater als Professor für griechisch-römische Kultur forscht – und doch jedem von uns aus dem Herzen spricht. Diesen einen Sommer haben wir alle erlebt. Nur haben die meisten sich dabei nicht in einen ein paar Jahre älteren Mann verliebt, der diese Gefühle der Vertrautheit teilt. Oliver ist ein amerikanischer Student, der Elios Vater ein paar Monate als Assistent unterstützt und der nicht nur Elios Herz im Sturm erobert, sondern auch das Publikum, weil er so ist, wie man sich seinen besten Freund vorstellt. Oder eben seinen Liebhaber.

Manchmal muss man einfach handeln

Viel wurde schon geschrieben über die sich so zart und unschuldig und dann doch so deftig und körperlich entwickelnde Liebe zwischen Elio und Oliver. Die Geschichte eines Coming-outs soll es sein, eine schwule Erweckungsgeschichte. Mag sein. Mein Eindruck war, dass Guadagnino etwas anderes sagen will: Wenn der/die Richtige kommt, ist es egal, ob er/sie männlich oder weiblich ist. Ihm geht es um dieses Gefühl, das sagt, dass man jetzt handeln muss, sonst ist dieser eine Mensch wieder weg und diese Erfahrung nicht gemacht. Es gibt viele Szenen, über die man in Zukunft reden wird. Die sinnliche Szene zwischen Timothée Chalamet und Armie Hammer (beide wunderbar) mit dem Pfirsich. Das abendliche Gespräch mit dem Vater. Oder, besonders bewegend, der Moment, als das Mädchen, das sich Elio hingegeben hat, erkennt, dass ihre Liebe nicht die seine ist: So groß unsere Gefühle auch sein mögen, sie sind flüchtig und, von einem Moment auf den anderen wieder weg. Dass der Film das so genau benennt, macht die Genialität von „Call Me By Your Name“ aus.

„Call Me By Your Name“ startet am 1. März bundesweit in den Kinos.