Captain Future vs. Blondie


Das neue Album der Long Blondes trägt das eigensinnige Zebra als Wappentier. Die clevere Band wird Ihnen das als Absicht verkaufen wollen - es passt ja auch wirklich zu gut.

Zebras in ihrer eigensinnigen Widersetzlichkeit sind sozusagen die John Mc Enroes unter den Tieren. Hübsch passend also, dass die schlauen Long Blondes ein Zebra zum Covergirl ihres neuen Albums couples gemacht haben, oder? Sängerin Kate Jackson lacht laut auf. „Die sind schwer zähmbar, wirklich? Das wusste ich gar nicht. Natürlich werden wir in Zukunft in allen Interviews behaupten, dass wir es genau deshalb genommen haben.“ Jackson, die auch dieses Mal wieder das Artwork gestaltet hat, wird in nächster Zeit noch mehr Grund haben, ihr herrlich dreckiges Lachen ertönen zu lassen. Journalisten werden in Besprechungen zum „schwierigen zweiten Album“ erneut grundlos behaupten, sie habe eine Stimme, die „man entweder lieben oder hassen muss“. Die anderen werden wissen wollen, ob sie immer noch maximal zehn Pfund für ein Stück Second-Hand-Garderobe ausgibt, obwohl sie längst erklärt hat, das habe sie nicht so ernst gemeint.

„Was den Humor angeht, sind wir typisch britisch“, sagt Songwriter und Gitarrist Dorian Cox, „das betrifft auch die Songs auf dem neuen Album. Die drehen sich durchaus um Düsteres, haben aber auch immer wieder komische Elemente.“

Cox‘ Songs handeln wieder vor allem davon, wie schwer sich Menschen mit Beziehungen und mit sich selbst tun. Mit dem 2006er Debüt someone to drive you home hat couples musikalisch allerdings nur noch wenig gemein. Die leichtfüßigen Gitarren haben Platz gemacht für 7OS-Discosound („Guilt“), cheesy Keyboards ca. 1980 („Century“), Electro-Pop („Too Clever By Half“) und experimentierfreudige Popstücke, die auf Radioheadkonsum schließen lassen (z.B. „Round The Hairpin“). Dieses Album ist mehr Captain Future als Blondie. Cox: „Wir haben diesmal viel am Keyboard entwickelt. Außerdem wissen wir jetzt mehr mit unseren Instrumenten anzufangen als beim ersten Album.“

Kate Jackson vermutet, dass einige Fans „durchaus ein Problem mit dem neuen Sound haben könnten “ was nicht das Schlechteste sei. „Dafür werden die Leute, die die erste Platte nicht mochten, überrascht sein, dass wir noch viel mehr können.“

Und wie sieht es aus an der Kampffront für mehr Glamour im Pop und im Leben allgemein? Schwieriger sei es geworden, in einer Zeit, in der überall Paparazzi und Hobbyreporter mit Handy-Kamera auf Berühmtheiten und deren allzu menschliche Entblößungen warten, konstatieren beide. „David Bowie hatte noch einen Hausfotografen. Er hat kontrolliert, welche Fotos von ihm gedruckt werden. Nie hat man ein Foto von Bowie privat zu sehen bekommen“, sagt Dorian Cox. „Heutzutage ist das unmöglich, aber deshalb ist es ja auch schön, sich danach zu sehnen.“ Oft möchte man sich den ernüchternden Blick ins Private seiner Stars doch lieber ersparen, wie Cox aus eigener Erfahrung weiß. „Während der Aufnahmen zur Platte hatten wir uns eine Wohnung in London gemietet. Jarvis Cocker wohnte gleich um die Ecke – wie glamourös! Und gleich am ersten Tag sehe ich ihn, wie er seinen Müll runterträgt. Das hätte nicht sein müssen.“

>>>www.thelongblondes.co.uk

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